Überblick

Torkelnde Löwen

Der TSV 1860 verliert nach dem Schnaps-Eklat mit 0:2 in Saarbrücken. "Wir haben keinen Schuss aufs Tor gebracht", kritisiert Trainer Jacobacci. Sportboss Gorenzel will künftig "knallhart gegensteuern"


Liefen hinterher: 1860 um Semi Belkahia (l.) und Marius Wörl (r.) beim 1. FC Saarbrücken.

Liefen hinterher: 1860 um Semi Belkahia (l.) und Marius Wörl (r.) beim 1. FC Saarbrücken.

Von Matthias Eicher

München - Wenn ein Spiel irgendwie dem ganzen Saisonverlauf gleicht, dann dieses. Bei ihrer Auswärtsfahrt zum 1. FC Saarbrücken fingen die Löwen in der Anfangsphase gut an, wie durch die fünf Siege in den ersten fünf Spielen auch. Dann kassierten sie einen Rückschlag, von dem sie sich nicht erholen konnten, siehe 0:1 durch Julian Günther-Schmidt (24.) und die Schwächephase im Herbst.

Prompt setzte es durch das 0:2 von Marcel Gaus (34.) einen zweiten Nackenschlag, der die Aussichten auf irgendeinen Erfolg weiter schrumpfen ließ. Symptomatisch für die Phase nach der Winterpause, in der 1860 den Aufstieg endgültig verspielte.

In der zweiten Halbzeit wie unter Neu-Trainer Maurizio Jacobacci agierte Sechzig zwar streckenweise gefällig, am Endresultat war allerdings genauso wenig zu ändern wie an der Endabrechnung in der Tabelle, in der die Spitzenplätze ohne die Löwen vergeben werden.

"Der Sieg war verdient, auch wenn wir in den ersten 15 Minuten besser im Spiel waren. Wir haben uns vor dem 0:1 übertölpeln lassen", meinte Chefcoach Jacobacci bei seiner sportlichen Einschätzung dieses Spiels und wurde deutlich: "Wir haben nicht mal ein Schuss aufs Tor gebracht! Das sagt alles."

Was die Einordnung der ganzen Saison anbelangt, hatte schon vor Anpfiff Günther Gorenzel sein zweimonatiges Schweigen gebrochen: "Ich denke, dass wir nach den ersten fünf, sechs Spieltagen die Gier verloren haben. Die Gier und den Hunger, den du brauchst, um konstant dein Potenzial auf den Platz zu bringen", meinte Sechzigs Sport-Boss in seinem ersten TV-Interview seit langem bei Magenta Sport. Dagegen werde man künftig "knallhart gegensteuern" müssen, so der Österreicher. Damit gestand er auch ein, wohl zu lange an Ex-Coach Michael Köllner festgehalten zu haben. Den Hunger haben die Spieler also verloren, den Durst aber offenbar noch lange nicht!

Während torkelnde Löwen am Sonntag auf dem Rasen teilweise spielten wie Flasche leer, sorgte ein Spieler-Trio kürzlich für einen trinkfesten Kabinen-Eklat. "Als uns die Causa bekannt wurde, haben wir sofort mit unmissverständlichen Maßnahmen und Ansagen an die gesamte Mannschaft reagiert. Mehr möchte ich dazu nicht mehr sagen", meinte Gorenzel über den (wiederholten) Schnaps-Konsum dreier Spieler vor und zwischen den Trainingseinheiten. Die Profis wurden nach AZ-Informationen für das Spiel in Saarbrücken aus dem Kader gestrichen.

Nachdem in der angebrochenen Spielzeit realistisch betrachtet nur noch Rang acht, neun oder zehn drin ist für derzeit neuntplatzierte Sechzger, richtet sich der Fokus von Jacobacci, Gorenzel und Co. bereits auf die Spielzeit 2023/24. Aufgrund der deutlichen Etatreduzierung von 6,3 auf - Stand jetzt - 4,5 Millionen Euro steht zu befürchten, dass sich die Aufstiegschancen der Giesinger nicht gerade erhöhen.

Eine Auffassung, der Gorenzel am Mikrofon nur halbherzig widersprechen konnte: "Meine Aufgabe ist es, aus den Möglichkeiten und den Umständen das Optimum herauszuholen", lautete seine Floskel dazu, bevor er optimistisch hinterherschob: "Wenn ich auf unseren Bestandskader blicke, dann stehen wir zum jetzigen Zeitpunkt mehr als ordentlich da."

Gorenzel kam allerdings nicht umhin, zuzugeben, dass man den Mund vor der laufenden Spielzeit zu voll genommen hatte: 2023/24 werde man bei der Benennung des Saisonziels "konservativer" vorgehen. . .