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Leidenschaft, Emotion, Disziplin und Ordnung: So tickt Löwen-Coach Jacobacci
28. Februar 2023, 8:04 Uhr aktualisiert am 28. Februar 2023, 8:04 Uhr
Eines muss man Maurizio Jacobacci lassen, das war ein smarter erster Auftritt des neuen Löwen-Dompteurs.
Der adrett gekleidete und unaufdringlich wirkende Coach, der im Porsche vorgefahren war, begann seine - erst mal bis Saisonende angelegte - Amtszeit mit "Servus, miteinander", bevor er recht bescheidene erste Ansprüche formulierte.
"Das nächste Ziel ist das nächste Spiel", sagte der 60-Jährige. Er deutete an, dass es für ihn vor seinem Sechzig-Debüt beim Heimspiel am Samstag gegen Viktoria Köln um Basisarbeit geht bei einer Mannschaft, der er "mentale Müdigkeit" attestierte. Forsche Töne sind fehl am Platz, das Wort Aufstieg wollte Jacobacci "nicht in den Mund nehmen", auch wenn die Löwen trotz ihrer miserablen Bilanz mit einem Sieg aus den letzten elf Spielen noch immer nur fünf Punkte hinter dem Relegationsplatz liegen.
Beim Gang zum ersten Training begleitete Jacobacci freundlicher Willkommensapplaus. Über 100 Fans waren bei eisigen Temperaturen gekommen, um den Start zu beobachten. Es wirkte, als keime mit der Ankunft des Neuen auch Hoffnung auf sportlich bessere Zeiten auf.
Es gehe vorerst darum, betonte der Wahl-Schweizer, "Freude reinzubringen und die Blockade zu lösen". Damit dürfte Jacobacci, der sich als "leidenschaftlich und emotional" charakterisierte, genügend zu tun haben für die ersten Tage. Er betonte: "Ich glaube, das wird eine geile Sache."
Ob es dem Trainer darüber hinaus gelingt, zu einer Art Friedensstifter im Klub zu werden? Jacobacci, der fließend deutsch, italienisch und französisch spricht, präsentierte sich nicht nur glänzend vorbereitet auf die Aufgabe, sondern auch als kommunikationsstark und einer, der verbindende Kraft in sich hat. Mal sehen, wie das in den nächsten drei Monaten so ankommt. . .
Präsident Robert Reisinger, Vize Hans Sitzberger machten sich vom ersten öffentlichen Auftritt ebenso ein Bild wie Anthony Power, Statthalter Hasan Ismaiks. Jacobacci war der Mann, der von der Investoren-Seite favorisiert worden war.
Die e.V.-Seite hatte zuvor dargestellt, dass der lange Eiertanz um die Nachfolge von Michael Köllner, der nach fast vier Wochen und und einer erfolglosen Zwischenlösung mit Sportchef Günther Gorenzel zum Ende kam, keineswegs ihnen anzulasten sei. "Das lag nicht in unserer Verantwortung", hieß es zum "Prozess der Neubesetzung" im Namen von Reisinger, Sitzberger und des anderen Sechzig-Vizes Heinz Schmidt.
Klingt eher nach Schuldzuweisung als nach einem Signal zum Brückenbauen. Immerhin versicherte das Präsidium dem Trainer vollen Rückhalt. "Als Gesellschaftervertreter des Vereins wünschen wir uns den größtmöglichen sportlichen Erfolg und Jacobacci eine glückliche Hand. Ihm und der Mannschaft gilt unser aller Unterstützung."
Jacobacci könne schließlich nichts für die Vorgeschichte seiner Verpflichtung. . .
"Das Schicksal hat gewollt, dass ich hier vor euch stehe", sagte der Trainer, der einiges gewohnt ist, die latente Unruhe bei Sechzig dürfte er aushalten. Er erlebte sprunghafte Vorstände in Lugano oder Sion, zudem ein abenteuerliches Kurzengagement in Tunesien mit schlechter Infrastruktur, nicht eingehaltenen Zusagen und einem sehr jungen Team. "Ich habe Aufbauarbeit geleistet in kürzester Zeit, darauf bin ich stolz", sagte er.
Jaccobacci hat also eine Menge gesehen. Und aufbauen ist für Löwen das richtige Stichwort, wo doch zuletzt so viel eingerissen worden war. Dabei könnte der Ansatz helfen, mit dem Jacobacci einst den FC Lugano zurück in die Erfolgsspur und später in die Europa League führte. "Vom Komplexen in das Einfache zurückgehen, Vertrauen in die Möglichkeiten zu geben und defensiv solide zu sein", war im Tessin sein Rezept - und: "Sie glaubten an das, was wir machten. Das ist enorm wichtig."
Das wünscht sich Jacobacci auch von den Blauen, denen er nicht als autoritärer Plärrer begegnen will. "Ich bin für die Spieler da. Entscheidend ist, dass sie meine Hilfe annehmen wollen", sagte er. Aber klare Linien wird er dem Team, das einige Wochen ohne Tim Rieder (Knie) auskommen muss, mitgeben. "Zum Erfolg gehören auch Disziplin und Ordnung. Wer nicht mitzieht, der bekommt ein Problem." So smart er ist, es steckt auch Kompromisslosigkeit in ihm.