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Klartext von Ex-Löwe Bommer: "Gorenzel hat nicht so recht einen Plan"
14. Februar 2023, 18:11 Uhr aktualisiert am 14. Februar 2023, 21:52 Uhr
AZ-Interview mit Rudi Bommer: Der 65-jährige MagentaSport-Experte ist aufstiegserfahren: 2002 gelang ihm mit Burghausen der Sprung in Liga zwei. 2004 trainierte er Sechzig.
AZ: Herr Bommer, was sagt ein ehemaliger Löwen-Dompteur und Kenner der Dritten Liga zur aktuellen Situation in Giesing. Muss Sechzig den Aufstieg nach der 1:2-Pleite in Meppen nun endgültig abhaken?
RUDI BOMMER: Auf keinen Fall! Die Liga ist so eng, es sind gerade mal acht Punkte auf den dritten Platz und die Mannschaft hat ja Qualität. Ich erinnere da nur an die Bayern-Amateure vor drei Jahren. Das Team hat damals zeitweise gegen Abstieg gekämpft und ist dann noch Meister geworden. Aber klar, wenn die Löwen noch aufsteigen wollen, müssen sie jetzt dringend mal loslegen.
Mit der Trennung von Michael Köllner wollte man einen Impuls setzen, aber dieser Effekt scheint verpufft zu sein.
Sicher hat Michael Köllner Fehler gemacht: Als Trainer darfst du nie raushauen, dass die Qualität der Mannschaft nicht stimmt. Das war wahrscheinlich auch Selbstschutz, weil er gemerkt hat, dass es mit dem Aufstieg heuer nicht ganz so einfach wird, wie gedacht. Ich habe aber auch das Gefühl, dass Günther Gorenzel aktuell nicht so einen rechten Plan hat. Natürlich weiß ich nicht, wie der finanzielle Background bei Sechzig ist - wahrscheinlich wie immer bei den Löwen nicht sonderlich gut. Aber wenn ich einen Trainer beurlaube, muss ich doch eine Lösung, also einen neuen Coach, haben und diese Lösung muss dann auch ziemlich schnell da sein, denn Sechzig will ja noch mal rankommen - außer du willst nicht angreifen, dann macht man es so wie jetzt die Löwen.
Das klingt, als wären sie kein großer Fan von der Konstellation mit Günther Gorenzel in einer Doppelrolle als Coach und Sport-Geschäftsführer und Co-Trainer Stefan Reisinger an seiner Seite?
Stefan war ja mal mein Spieler, von ihm weiß ich, dass er auf jeden Fall mal eine Chefrolle übernehmen möchte. Aber in seiner Zeit in Krefeld hat er viele Trainer überlebt und als Co-Trainer muss man eben auch loyal sein.
Was muss nun bei Sechzig passieren, damit der Aufstiegszug in Richtung Zweite Liga doch noch Fahrt aufnimmt?
Bei den Löwen braucht es jetzt ein Gesicht vorne dran. Die Mannschaft weiß doch, dass der Manager wieder auf seine Position zurückkehren wird, genauso wie Stefan Reisinger, der noch keinen Trainerschein hat. Das ist doch eine bequeme Situation für die Profis. Wenn aber ein neuer Trainer kommt, müssen einige Spieler um ihre Position kämpfen, das schürt den Konkurrenzkampf.
Welcher Trainertyp könnte den Löwen denn in der jetzigen Situation helfen?
Michael Köllner hat einen unaufgeregten Eindruck gemacht und bei Sechzig alles zusammengehalten, deshalb hat er ja auch so gut gepasst. Vielleicht brauchen die Löwen jetzt mal wieder so einen richtigen hitzigen Macher an der Außenlinie, einen wie Marco Antwerpen - so einen Werner-Lorant-Typ. Einen Coach, der die Mannschaft ein wenig aggressiver anpackt und vielleicht auch mal zwei Spieler rausschmeißt, wenn sie nicht mitziehen.
Was die Gemengelage bei Sechzig zusätzlich kompliziert macht, ist die gespaltene Führung mit Investor Hasan Ismaik auf der einen und dem Vereinspräsidium auf der anderen Seite. Da gerät nun offenbar auch Günther Gorenzel zwischen die Fronten und soll womöglich durch Löwen-Legende Benny Lauth ersetzt werden.
Zuerst sollten mal die beiden Gesellschafter zueinanderfinden, damit beim Löwen endlich Ruhe reinkommt. Ich würde nicht Günther Gorenzel in Frage stellen, bei Sechzig sollten sich alle Verantwortlichen einfach mal auf ihren Job konzentrieren. Und nur weil Benny Lauth Sechzig-Stallgeruch hat und den Verein kennt, heißt das ja noch lange nicht, dass es mit ihm gleich besser funktionieren würde.
Große Hoffnungen haben die Löwen in Winterneuzugang Raphael Holzhauser gesetzt. Die haben sich bislang noch nicht so recht erfüllt.
Ich halte den Jungen für einen guten Transfer, aber es braucht eben seine Zeit, bis der Spieler in der Mannschaft ankommt, damit seine Kollegen wissen, wie sie ihn anspielen sollen.
Um noch mal sportlich zu werden: Was hat denn in dieser Saison Spitzenreiter Elversberg, was die Löwen nicht haben?
Elversberg hat eine gut zusammengestellte Mannschaft, eine starke Abwehr und - ganz wichtig - vor allem Ruhe im Verein. Dort ist alles unaufgeregter - und nur so kannst du auch Erfolg haben.