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Drittliga-Experte Rudi Bommer: "Ich habe ja gedacht, 1860 wird Meister"

Zwei Favoriten in der Krise: Vor dem Duell der Löwen in Ingolstadt macht Drittliga-Experte Rudi Bommer für die Abendzeitung den Schanzer-Sechzig-Check. "Ich bin sehr überrascht, dass es so schlecht läuft."


Von Matthias Eicher

Nur ein Sieg aus zehn Spielen, sieben Punkte, 11:18 Tore, Rückrunden-Vorletzter. Nur ein Dreier, vier Zähler und 12:24 Tore, Letzter. Am Montagabend steigt das Duell der Krisen-Klubs schlechthin: Sechzig reist zu den Schanzern nach Ingolstadt.

"Ich bin selten so daneben gelegen beim Tippspiel vor der Saison", sagt Ex-Löwentrainer und MagentaSport-Experte Rudi Bommer zur AZ. Dabei ging es dem 65-Jährigen vor Saisonbeginn wie vielen Fans. Er war sich sicher: TSV 1860 und Zweitliga-Absteiger Ingolstadt machen das Aufstiegsrennen sicher unter sich aus. Weit gefehlt.

Jetzt macht Bommer den Sechzger-Schanzer-Check.

Abgestürzte Aufstiegsfavoriten: "Ich habe ja gedacht, Sechzig wird Meister. Ich habe die Löwen auf Rang eins getippt", meint Bommer: "1860 hat einen starken Kader und nach den ersten fünf Siegen hatte wohl kaum einer Zweifel daran, dass sie es packen." Der 1860-Coach der Saison 2004/05 hatte auch den FCI auf der Rechnung: "Die Schanzer hatte ich im erweiterten Favoritenkreis."

Nun empfängt der Tabellen-13. den Neunten im Krisen-Duell im Audi-Sportpark (Montag, 19 Uhr). Über beide Klubs sagt er: "Ich bin überrascht, dass es so schlecht läuft."

Unglückliche Trainerwechsel: Zu Sechzigs Schneckenrennen bei der Präsentation des Nachfolgers von Michael Köllner hat Bommer eine Meinung, die könnte klarer kaum sein: "Da hätte sofort ein neuer Trainer bereitstehen müssen! Man kennt doch die Dritte Liga: Jeder kann jeden schlagen. Du musst unbedingt bis zum Schluss dranbleiben." Gerade unter Interimstrainer Gorenzel (zwei Punkte aus vier Spielen) habe 1860 die Saison abgeschenkt: "Zu diesem Zeitpunkt warst du in Reichweite, jetzt ist der Aufstiegstraum geplatzt." Unter Neu-Coach Jacobacci hofft Bommer auf ein halbwegs versöhnliches Saisonende.

Das Aus von Rüdiger Rehm beim FCI hat Bommer überrascht, über Nachfolger Guerino Capretti (sieben Pleiten aus neun Spielen) urteilt er: "Es läuft seit dem Trainerwechsel alles andere als gut, den hätte man sich also sparen können."

Gescheiterte Sport-Bosse: Bei 1860 steht Gorenzel vor dem Aus, in Ingolstadt hat Malte Metzelder hingeworfen. "Ich kann nicht beurteilen, wie sich die vereinspolitische Lage darstellt", meint Bommer, "von daher erlaube ich mir kein Urteil." Klar sei aber: "Der Plan beider Vereine ist alles andere als aufgegangen." Nach Bommers Meinung müsse man die Verantwortung zu allererst andernorts suchen: "Die Spieler stehen auf dem Platz. Sie können es richten - oder eben nicht. Aber die werden heutzutage nur mit Clacéhandschuhen angefasst. Nicht dass sie zerbrechen", so der ehemalige Coach ironisch.

Erschwerende Erwartungen: Von der Grünwalder Straße weiß es Bommer höchstselbst, wie der Hase, Pardon, der Löwe läuft: "Der Stresspegel ist riesig. Das macht es nicht leichter." Beim FCI könne man zwar "behüteter arbeiten", aber dennoch sind beim Audi-Klub "die Erwartungen gestiegen, von daher kannst du nicht in Ruhe arbeiten."

Die Zukunft: "Die Schanzer müssen aufpassen, dass sie nicht auch noch absteigen", sagt Bommer. Und 1860? "Wenn du nicht bald planst, wird es schwer, nächste Saison wieder anzugreifen."