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1860 zu Gast in Ingolstadt: Duell der Enttäuschten

2021 hat Ingolstadtden Aufstiegstraum der Löwen beendet - diesmal ist es ein Krisengipfel


Frust gegen Enttäuschung: Der TSV 1860 und Verteidiger Jesper Verlaat (r.) müssen zum FC Ingolstadt.

Frust gegen Enttäuschung: Der TSV 1860 und Verteidiger Jesper Verlaat (r.) müssen zum FC Ingolstadt.

Von Matthias Eicher

Es war der 22. Mai 2021, da standen sich die Schanzer und die Sechzger am 38. und letzten Spieltag gegenüber. Es ging um nichts Geringeres als den Relegationsrang drei: Der Rest ist allen Löwen-Fans leidlich bekannt: Torwart Marco Hiller kassierte einen frühen, höchst strittigen Platzverweis, Ingolstadt siegte 3:1 - und stieg am Ende auf.

Heute tritt der TSV 1860 erstmals seitdem wieder auswärts beim FC Ingolstadt an (19 Uhr). Diesmal werden Trainer Michael Köllner und Torjäger Sascha Mölders weder am Rasen stehen, noch sich vor dem Stadion ein Bierchen genehmigen, wie es vor zwei Jahren trotz der bitteren Enttäuschung geschehen ist.

"Dieses Duell im Aufstiegskampf ist mir bekannt", meinte Neu-Trainer Maurizio Jacobacci auf AZ-Nachfrage, schob aber schnell hinterher: "Daran können wir leider nichts mehr machen. Aber wir haben die Chance, dieses Derby positiv zu gestalten."

Anders als damals, als beide Vereine im Endspurt träumen durften - und Ingolstadt sich den Traum von Liga zwei erfüllte, findet sich das Duo nun in ganz anderen, weil deutlich tieferen Tabellenregionen wieder: Sechzig ist mit 40 Zählern Neunter, der FCI mit nur 14. (35 Punkte).

Jacobacci hat auch eine Erklärung dafür, zumindest, was seine Sechzger anbelangt. Auf die Frage, was 1860 zu einem Aufstiegskandidaten fehlt, stellte er unumwunden klar: "Die Winner-Mentalität, ganz klar!"

Trotz der einmal mehr geplatzten Aufstiegshoffnungen der Blauen erwarte sich der 60-Jährige, dass seine Spieler abliefern: "Sie haben nicht das Recht, nur 99 Prozent abzurufen. Ich verlange 100 Prozent Leistung!"

Die forsche Gangart des Chefcoaches rührt freilich auch daher, dass seine Mannschaft dem überzeugenden 3:1 bei Erzgebirge Aue zuletzt das desolate 1:4 gegen den BVB II folgen ließ. Jacobacci ehrlich: "Natürlich haben wir jetzt in Ingolstadt ein richtungsweisendes Spiel: Wo stehen wir? Können wir diese Niederlage gegen Dortmund vergessen machen?"

Ein erst 18-jähriger - aber hochtalentierter - Löwe darf dabei wieder mithelfen: Leandro Morgalla ist nach der verpassten EM-Qualifikation von der U19-Nationalelf zurückgekehrt. Was den Youngster ehrt, sollte gleichzeitig für manch anderen Spieler zu schonungsloser Selbstkritik führen. "Morgalla bringt diese Attribute mit, das Kämpferische vorzuleben", erklärt Jacobacci über den Ehrgeiz des Innenverteidigers, der wieder neben Abwehrchef Jesper Verlaat auflaufen soll.

Gerade in einem Derby, das dieses Oberbayern-Duell nicht zuletzt dank über 4000 mitreisenden Sechzig-Anhängern dann doch irgendwie ist, müsse man sein Herz erst recht auf den Platz werfen. "Es ist ein Derby, ein schwieriges Spiel mit vielen Emotionen. Da dürfen wir nicht von dieser Mentalität wegkommen", so der Schweizer Coach der Löwen.

Die Show kann 1860 den Schanzern diesmal - quasi als Revanche - nicht stehlen, aber die Löwen-Kicker könnten dafür sorgen, dass der ungeliebte bayerische Nachbar nach ganz unten in den Abstiegskampf rutscht. Trainer Guerino Capretti, der die Nachfolge von Rüdiger Rehm angetreten hat, wackelt schon wieder ganz gewaltig.

Damit Jacobacci vielleicht nächste Saison die Chance erhält, ganz oben mitzumischen, sollte nun eines her: ein Dreier im Derby der Enttäuschten.