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Kampf statt Spielkunst: Gorenzels Abkehr

Endet die Misere des TSV 1860 endlich? Halle war jedenfalls schon einmal ein Wendepunkt nach einem Leistungstief. Interimstrainer Günther Gorenzel appelliert ans Team: "Um jeden Millimeter fighten".


Interimstrainer beim TSV 1860: Günther Gorenzel

Interimstrainer beim TSV 1860: Günther Gorenzel

Von Ruben Stark

Von fünf vor zwölf spricht man, wenn es in einer brenzligen Lage noch nicht ganz zu spät ist.

Doch die Zeit für den dringend notwendigen Kurswechsel ist beim TSV 1860 so gut wie aufgebraucht. Sofern sie also noch damit liebäugeln, sich, durch welche - verborgenen - Kräfte auch immer, wieder in den Aufstiegskampf einzumischen, wäre ein Sieg keine schlechte Idee.

Heute (19 Uhr/Magentasport) beim Halleschen FC, dem Tabellen-18. der Dritten Liga soll es soweit sein. Nach zehn Spielen mit nur einem Erfolg, und im vierten Spiel von Interimstrainer Günther Gorenzel, seinem letzten, wenn es nur nach ihm geht. Der Österreicher versucht es mit einem finalen flammenden Appell an die Mannschaft. "Fakt ist", sagte der eigentliche Sportchef der Blauen, "es muss einem jeden endgültig bewusst sein, dass es nur geht, wenn du um jeden Zweikampf zu kämpfen bereit bist." Oder anders: "Um jeden Millimeter fighten. Das ist das Entscheidende."

Gorenzel, der sonst dazu neigt, es mit der Komplexität seiner Analysen auch mal zu übertreiben, hält ein Plädoyer für die sogenannten Grundtugenden. Einsatz, Leidenschaft, Kampfkraft sollen die Löwen für sich wiederentdecken. Schluss mit Schönspielerei, der Zweck heiligt ab sofort die Mittel. "Dementsprechend werden wir das Spiel in Halle anlegen - und die Personalauswahl", sagte Gorenzel.

Nach zwei Niederlagen und einem Remis in den bisherigen drei Spielen unter seiner Leitung wird der 51-Jährige mehr denn je auf physisch starke Profis setzen. Es wäre nur logisch, wenn ein Spieler wie Martin Kobylanski, der auch in der Rückrunde überwiegend eine Enttäuschung war, aus dem Aufgebot fliegen würde.

Außerdem waren Kapitän Stefan Lex, Fynn Lakenmacher und Torhüter Marco Hiller wegen Erkrankungen noch fraglich. Bei Hiller, der bei der Demütigung gegen Verl (0:3) von Tom Kretzschmar "ordentlich" (Gorenzel) vertreten wurde, und Lakenmacher sah es besser aus als bei Lex. Der zuletzt gesperrte und zugleich kranke Quirin Moll dürfte ins Team zurückkehren.

Und dann erwartet Gorenzel, dass nicht wieder individuelle Fehler das fragile Gebilde wie gegen Verl zum Einsturz bringen. Es gibt ein "ganz klares Rezept: Die jetzige Situation kann man nur im Kollektiv stemmen." Das, davon ist Gorenzel überzeugt, würden dann auch die über 1000 Fans honorieren, die laut 1860 mit nach Sachsen-Anhalt reisen. Überraschend, nachdem der Anhang der Mannschaft zuletzt die kalte Schulter gezeigt hatte. "Dass da Kritik laut wird, ist nachvollziehbar", meinte Gorenzel.

Halle, das gibt womöglich Hoffnung, ist ein Ort, der schon einmal eine Sechzig-Trendwende ausgelöst hat. Es war wenige Tage nach dem Rücktritt von Daniel Bierofka im Herbst 2019 und damit kurz vor der Ankunft von Michael Köllner als Löwen-Dompteur, da wurden die Blauen bei den Saalestädtern ebenfalls von einer Zwischenlösung zum Erfolg geführt. Oliver Beer, bis Ende 2021 Assistent von Köllner, fand einen Weg, das Team zu einem 1:0 (Tor: Stefan Lex) zu führen. Damals war Halle Dritter und Sechzig auf Rang 15. Das Ergebnis würden die Löwen aber gewiss wieder nehmen.

Darauf hofft auch Gorenzel - und auf eine Leistungssteigerung seiner Löwen. Denn: "Wenn ich es jetzt nicht verstanden habe nach einem 0:3 und so wie das Stadion reagiert hat, dann. . ."
Ja dann ist dem Löwen wohl gar nicht mehr zu helfen.