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AZ-Kolumne von Jean-Marie Pfaff: Müllers unschätzbarer Wert
3. März 2023, 17:49 Uhr aktualisiert am 3. März 2023, 17:49 Uhr
Die Bayern an diesem Samstag beim VfB Stuttgart - was sind das früher für Spiele gewesen!
Da warst du zu meiner Zeit fast verloren, wenn du nach Stuttgart gefahren bist. Jürgen Klinsmann, Karlheinz Förster, Hansi Müller: Was für großartige Spieler! Da hatten wir es mit dem FC Bayern immer schwer.
Und jetzt? Abstiegskampf. Mal wieder. Bruno Labbadia soll den VfB retten. Ich muss ehrlich sagen: Über die Entwicklung der Stuttgarter bin ich richtig traurig, und ich kann es auch nicht verstehen. So eine schöne Stadt, so ein toller Verein mit Tradition. Ich hoffe, dass der VfB in der Bundesliga bleibt.
Da gehört er hin.
Solche Sorgen hat der FC Bayern nicht. Im Topspiel gegen Union Berlin hat die Mannschaft gezeigt: Bis hier hin kannst du kommen - aber nicht weiter!
Das war eine gute Antwort nach der Niederlage in Mönchengladbach. Bayern ist nicht in Panik verfallen, sondern ruhig geblieben. Deshalb glaube ich auch, dass Bayern wieder Meister wird. Der Kader ist einfach am besten, es gibt den größten Konkurrenzkampf.
Aber natürlich muss man auf Borussia Dortmund aufpassen. Obwohl die Dortmunder jedes Jahr Spieler wie Erling Haaland oder Robert Lewandowski verlieren, kommen sie immer wieder nach oben. Respekt!
Noch mal zu meinen Bayern: Gegen Union hat man gesehen, welchen Wert Thomas Müller noch immer hat für den Klub. Egal, ob er von Anfang an spielt oder eingewechselt wird. Müller hilft mit seinen Bewegungen und mit seiner Erfahrung auf dem Platz. Keiner kennt den FC Bayern so gut wie er. Drei bis vier Jahre kann Müller noch spielen.
Bei Manuel Neuer bin ich mir da nicht so sicher. Ich hoffe, dass er nach seiner schweren Verletzung zurückkommt.
Aber ob er sein Weltklasse-Niveau von früher erreicht? Er muss sich jetzt Zeit nehmen, die Natur erledigt den Rest. Und dann sollte er ehrlich zu sich selbst sein: Wenn er spürt, dass es noch geht, wird er wieder angreifen.
Wenn nicht, sollte er aufhören: Ein schönes Abschiedsspiel - und tschüss! Mit Yann Sommer hat Bayern ohnehin einen guten Keeper geholt. Ich traue ihm zu, noch ein, zwei Jahre die Nummer eins zu sein. Was ich mich aber wirklich frage: Warum findet man eigentlich in Bayern kein Torwarttalent für den FC Bayern?
Es wäre doch schön, wenn in fünf Jahren mal ein echter Bayer im Kasten stehen würde. Aus der neuen Akademie hat es bislang noch keiner nach oben geschafft, viele Torhüter wurden in den vergangenen Jahren von anderen Klubs geholt.
Ich bin der Meinung: Bayern muss mal selbst einen Torwart aus dem Nachwuchs entwickeln.
Euer Jean-Marie
HORIZONTALE LINIE
Der jetzt 69-Jährige ist einer der besten Torhüter der Geschichte. Er war belgischer Nationaltorwart (64 Einsätze) und stand beim FC Bayern zwischen 1982 und 1988 insgesamt 156 Mal zwischen den Pfosten. Pfaff war Vizeeuropameister 1980, WM-Vierter 1986, zudem drei Mal deutscher Meister und zwei Mal Pokalsieger. 1987 war er Welttorhüter. Für die AZ ist er ab nun als Kolumnist tätig.