Meister der 3. Liga
Von 15 auf 1: Die Traum-Rückrunde der kleinen Bayern
6. Juli 2020, 16:20 Uhr aktualisiert am 6. Juli 2020, 16:20 Uhr
Der FC Bayern München II ist Meister der 3. Liga. Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der 3. Liga ist es einer Reserve-Mannschaft gelungen, den ersten Platz einzufahren. Grund dafür war eine herausragende Rückrunde
Die kleinen Bayern sind am letzten Spieltag zu Gast im altehrwürdigen Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern. Vor dem Spiel liegen die Münchner einen Punkt vor dem Zweitplatzierten Eintracht Braunschweig und zwei Zähler vor den Würzburger Kickers. Die Bayern-Reserve hat es also selbst in der Hand. Mit einem Sieg am Betzenberg kann sie sich die Meisterschaft der 3. Liga sichern.
Doch es läuft an diesem Nachmittag nicht unbedingt nach Plan für die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß. Denn kurz nach der Halbzeit bringt Christian Kühlwetter die "roten Teufel" in Führung. Eingeleitet wurde der Treffer durch einen Fehlpass von Bayern-Kapitän Nicolas Feldhahn. Für die Gäste sollte in der Folge nichts Zählbares mehr herausspringen, es blieb beim knappen 1:0 für die Gastgeber.
"Sind wir jetzt Meister oder nicht?"
Nach einer vierminütigen Nachspielzeit pfeift Schiedsrichter Tobias Reichel aus Stuttgart die Partie ab. Die Auswechselbank der Bayern schaut neugierig auf die Smartphones, um die Zwischenstände aus den anderen Stadien zu checken. "Sind wir jetzt Meister oder nicht?", fragt Toptorjäger Kwasi Okyere Wriedt seine Mannschaftskameraden. Und wieder: "Sind wir jetzt Meister oder nicht?" Es vergehen Sekunden, die sich für die Bayern-Spieler wie Stunden angefühlt haben müssen. Dann endlich die Gewissheit: Der FC Bayern München II ist Meister der 3. Liga!
Weil der SV Meppen Eintracht Braunschweig mit 4:3 besiegte und Würzburg gegen Halle zuhause nur Remis spielte, reicht auch die Niederlage der Bayern in Kaiserslautern für die Meisterschaft. Die Freude kennt fortan kein Halten mehr. Die Münchner hüpfen, schreien, liegen sich in den Armen. Sie haben es geschafft.
"Die schönste Niederlage meiner Karriere"
"Das ist einfach sensationell! Wir sind überglücklich - das ist definitiv die schönste Niederlage in meiner Trainerkarriere", wird Sebastian Hoeneß, Cheftrainer des FC Bayern II, auf der Vereinshomepage zitiert. "Vier, fünf, sechs Spieltage zurück haben wir schon gemerkt, dass es schwierig ist, uns zu schlagen und dass wir unseren Lauf auch fortsetzen können." Wirklich glauben konnte es der Trainer hingegen laut eigener Aussage erst nach dem Spiel.
Auch beim Toptorjäger der 3. Liga, Kwasi Okyere Wriedt, war die Erleichterung nach dem Spiel freilich groß: "Ich bin natürlich sehr, sehr froh, dass wir am Ende Meister wurden." Gemeinsam mit Teamkollege Derrick Köhn wechselt der Münchner nach der Saison zum niederländischen Erstligisten Willem II Tilburg. Da der Vertrag der beiden beim deutschen Rekordmeister am 30. Juni 2020 ausgelaufen war und der neue Arbeitgeber der beiden Spieler nicht bereit war eine Einigung für eine Spielberechtigung für die letzten beiden Partien der kleinen Bayern gegen Duisburg und Kaiserslautern zu erzielen, mussten Wriedt und Köhn in den letzten Spielen von der Bank aus mitzittern.
"Es war schon hart, die letzten beiden Spiele nur zuschauen zu können. Aber ich war auch auf der Tribüne sehr emotional und habe versucht zu coachen und die Mannschaft zu unterstützen", sagte Wriedt nach dem Spiel in Kaiserslautern gegenüber den vereinseigenen Medien. "Insgesamt war es eine überragende Saison, wenn man sieht, auf welchem Platz wir in der Hinrunde standen und was wir dann für eine starke Rückrunde gespielt haben. Dann ist der Titel am Ende auch verdient", so der Torschützenkönig und Spieler der Saison in der 3. Liga.
Von Platz 15 auf Platz 1
In der Tat ist die starke Rückrunde der kleinen Bayern mehr als bemerkenswert. Am 19. Spieltag setzte es zuhause gegen den 1. FC Kaiserslautern eine 1:3-Niederlage. Mit lediglich 22 Punkten aus 19 Spielen belegte die Elf von Sebastian Hoeneß den 15. Platz und lag ganze 16 Punkte hinter dem damaligen Tabellenführer MSV Duisburg.
Was danach passierte war eines Meisters in jedem Fall würdig. In der Rückrunde verließ der FCB II den Platz in 19 Spielen 13 Mal als Sieger, vier Mal teilte er sich die Punkte und musste nur zwei Niederlagen einstecken. Unter den zahlreichen Siegen waren Ausrufezeichen in Richtung der Konkurrenz wie zum Beispiel das 6:1 am 17. Februar über den Halleschen FC oder der 5:1-Heimsieg über den SV Meppen am 17. Juni. Lediglich gegen den Chemnitzer FC im Februar und nun eben zum Saisonabschluss in Kaiserslautern zogen die kleinen Bayern den Kürzeren.
FCB sieht sich in seinem Weg bestätigt
Für diese herausragende Leistung gab es auch Lob vom Vorstand. "Das ist ein Erfolg, den man nicht hoch genug bewerten kann", findet Sportvorstand Hasan Salihamidzic. "Es war richtig, vor einem Jahr alles daran zu setzen, um mit unserer U23 Mannschaft in der Dritten Liga zu spielen", wird Salihamidzic auf der Vereinsseite zitiert. "Der Abstand zwischen unseren jungen Nachwuchsspielern und den Profis hat sich schon in der ersten Saison verringert, unser Ausbildungsweg ist dadurch relevanter geworden."
Auch Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenige pflichtet seinem Sportvorstand bei: "Das war eine herausragende Leistung, die unsere Mannschaft vollbracht hat. Es ist schade, dass sie nicht in die 2. Bundesliga aufsteigen können - verdient hätten sie es."