Spektakulär, aber umstritten
Schadet der FC Bayern II der 3. Liga?
30. Juni 2020, 17:08 Uhr aktualisiert am 30. Juni 2020, 18:58 Uhr
Die Zweitvertretung des FC Bayern hat sich mit spektakulärem Offensivfußball an die Tabellenspitze der 3. Liga geschossen. Von vielen Fans und Beobachtern werden die "Amateure" allerdings kritisch gesehen - insbesondere deshalb, weil sie alles andere als das sind.
München - Der FC Bayern beherrscht weiter den deutschen Fußball. Die achte Meisterschaft in Folge hat der Rekordmeister bereits seit längerem in der Tasche - am kommenden Samstag soll im DFB-Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen (20 Uhr/ARD, Sky und im AZ-Liveticker) das nationale Double verteidigt werden.
Tatsächlich könnten die Münchner bereits Stunden vor Anpfiff im Berliner Olympiastadion Grund zum Feiern haben. Während sich die Bundesliga bereits am vergangenen Wochenende in die Sommerpause verabschiedet hat, wird die Saison in der 3. Liga am Samstagnachmittag beendet. Zwei Spieltage vor Schluss grüßen dort die "kleinen Bayern" mit einem Zähler Vorsprung vor Würzburg von der Tabellenspitze - das Team von Sebastian Hoeneß hat den Titel in der eigenen Hand.
FC Bayern spielt den spektakulärsten Fußball der 3. Liga
Tatsächlich spielen die Münchner als Aufsteiger eine äußerst beeindruckende Saison. Die "kleinen Bayern" sind seit elf Spielen ungeschlagen und stellen mit 74 Toren die beste Offensive der Liga. Der designierte Drittliga-Torschützenkönig Otschi Wriedt (24 Tore) wurde jüngst zum Spieler der Saison gewählt - Coach Sebastian Hoeneß durfte sich über die Auszeichnung als Trainer der Saison freuen. Vor allem in der Rückrunde begeisterte die mit einem Altersschnitt von 21,8 Jahren jüngste Mannschaft der Liga mit spektakulärem Offensivfußball.
Wirklich beliebt sind die "Amateure", wie die Zweitvertretung von den eigenen Fans genannt wird, bei den Anhängern der Konkurrenz allerdings nicht. Nach ihrem Erfolgslauf in den vergangenen Wochen geriet die Reserve des Rekordmeisters verstärkt in die Kritik, insbesondere auf Social Media wird zunehmend an der Daseinsberechtigung der Münchner in der 3. Liga gezweifelt. Durch die Teilnahme einer Mannschaft, die mangels Aufstiegs-Möglichkeit im Prinzip außer Konkurrenz spielt, werde die sportliche Integrität des Wettbewerbs untergraben, so der Tenor.
FC Bayern: Kurswechsel im Nachwuchs zeigt Wirkung
Dazu kommt, dass die "kleinen Bayern" als Teil des reichsten Vereines des Landes auch nicht den wirtschaftlichen Zwängen der Liga unterworfen sind. Während sich die Konkurrenz mit den mehr als überschaubaren Fernsehgeldern über Wasser halten muss, können die Münchner in Sachen Ablöse und Gehalt auf ganz andere Möglichkeiten zurückgreifen. In der laufenden Saison durften sich millionenschwere Neuzugänge wie Alphonso Davies, Mickael Cuisance und Fiete Arp in Deutschlands dritthöchster Spielklasse für Einsätze in der ersten Mannschaft bewerben.
Seit der Eröffnung des Campus, einem der modernsten Nachwuchsleistungszentren Europas, im Jahre 2017 wurde darüber hinaus die Förderung und Ausbildung des eigenen Nachwuchses deutlich intensiviert. Der Kurswechsel macht sich nun auch in der 3. Liga bemerkbar. In den vergangenen Wochen debütierten zahlreiche Top-Talente bei den "kleinen Bayern".
Köllner: Bayern-Talente "fast zu schade für die 3. Liga"
Anpassungsschwierigkeiten hatte dabei kaum jemand - im Gegenteil: Der gerade einmal 18-jährige Malik Tillman kommt nach sechs (Teil-)Einsätzen bereits auf fünf Tore. Jamal Musiala, seit kurzem jüngster Profi-Debütant der Vereinsgeschichte, erzielte in sechs Spielen bereits zwei Treffer. "Wir spielen gegen überqualifizierte Spieler, die fast zu schade sind für die dritte Liga", konstatierte zuletzt auch 1860-Trainer Michael Köllner. Tags darauf erlitten seine Löwen eine schmerzhafte 1:2-Niederlage im Derby gegen den Nachbarn.
Große Hoffnung für die Konkurrenz gibt es vorerst nicht. In den Jugendmannschaften der Münchner tummeln sich noch zahlreiche weitere Top-Talente, auch die U19 des Rekordmeisters stand bis zum Saisonabbruch aufgrund der Corona-Pandemie souverän an der Tabellenspitze. In Armindo Sieb, Mamin Sanyang (beide 17, kommen aus Hoffenheim) und Lenn Jastremski (19/VfL Wolfsburg) stehen schon jetzt drei hoffnungsvolle Neuzugänge fest.
In der Bundesliga haben die Bayern ihre Vormachtstellung bereits seit Jahren zementiert. Es scheint fast so, als gäbe es mittlerweile auch in der Jugend kaum noch ein Vorbeikommen an den Bayern.