AZ-Interview

Schmidt (CSU) "Wir haben ein Beziehungsproblem mit der Bundeswehr"


Christian Schmidt im AZ-Interview. Der 61-jährige Mittelfranke war von 2014 bis 2018 Bundeslandwirtschaftsminister und ist heute unter anderem Präsident der Deutschen Atlantischen Gesellschaft.

Christian Schmidt im AZ-Interview. Der 61-jährige Mittelfranke war von 2014 bis 2018 Bundeslandwirtschaftsminister und ist heute unter anderem Präsident der Deutschen Atlantischen Gesellschaft.

Von Anne Hund / Stadtviertel

Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister und Präsident der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, Christian Schmidt spricht im Interview mit der AZ über die Probleme in der Bundeswehr und US-Präsident Donald Trump.

AZ: Herr Schmidt, der Wehretat soll in den kommenden Jahren deutlich wachsen. Was außer weiterer Milliarden ist nötig, um die Probleme bei der Truppe in Sachen Nachwuchs und Ausrüstung zu beheben?
Christian Schmidt: Man muss ganz nüchtern feststellen, dass die Bundeswehr, gemessen an ihren Aufgaben, unterfinanziert ist. Friedensdividende ist jedenfalls nicht auszuzahlen und deswegen muss der Wehretat erhöht werden. Wir müssen zugeben, dass das, was in den letzten Jahren unter dem Stichwort "dynamisches Verfügbarkeitsmanagement" gelaufen ist, nichts anderes war, als eine Hin- und Her-Schieberei von Mängelwirtschaft. Viel Geld muss in die innere Vollausstattung gehen, ohne dass es um neue Projekte geht - die kommen noch oben drauf. Wir brauchen neues Großgerät und haben hohen Investitionsbedarf im Cyber-Bereich. Wir brauchen aber auch so simple Sachen wie reißfeste T-Shirts.

Ist es mit mehr Geld getan?
Uns ist auch das abhandengekommen, was man mit Geld nicht kaufen kann: Wir haben uns immer zugutegehalten, dass die Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft steht. Das haben wir zu selbstverständlich genommen. Wir brauchen jetzt eine nüchterne, ehrliche Diskussion in der Gesellschaft, wie Sicherheit aussehen soll und was wir alle in sie investieren müssen. Wir haben alles bei der Bundeswehr abgeladen und gehofft, es werde funktionieren. So ist es aber nicht, vor allem wenn es keine verbindlichen politischen Vorgaben gibt. Die Bundeswehr zweifelt zunehmend an der Politik und ist sich unsicher, ob sie gewollt ist und wenn ja, wie? Wir brauchen vertrauensbildende Maßnahmen der Politik in die Bundeswehr hinein. Wir müssen der Bundeswehr wieder mehr zuhören. Die Bundeswehr hat kein Haltungsproblem, aber wir haben ein Beziehungsproblem.

Brauchen wir wirklich eine solche Bundeswehr mit neuem Selbstvertrauen?
Es ist doch mit Händen zu greifen, dass wir regionale Konflikte haben werden, bei denen uns die Amerikaner nicht mehr die Freude machen werden, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Wir müssen doch mal ehrlich sein. Ich betrachte mit Sorge das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, der zufolge die USA für viele die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellen. Gleichzeitig sind wir so widersprüchlich, dass wir die schwierigen Sachen den Amerikanern überlassen wollen. Das geht nicht. Wir führen hier zum Teil eine bigotte Diskussion in Deutschland.

US-Präsident Donald Trump stellt das nordatlantische Bündnis immer wieder infrage. Was bedeutet das für die Europäer?

Auch hier machen wir es uns wieder bequem. Trump hält uns Europäern den Spiegel vor. Das Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, ist keine Erfindung von Herrn Trump. Nur, wir Europäer haben uns bequem eingerichtet und in den vergangenen Jahrzehnten wenig dazu beigetragen, dass die Sicherheit besser geworden ist. Aber die Probleme werden nicht weniger. Was in Amerika der 11. September gewesen ist, ist für Europa die Annexion der Krim durch Russland. Wir brauchen ein besseres Sicherheitsgerüst. Wir sollten also nicht immer nur auf Trump einprügeln, sondern besser hinterfragen, was wir selbst richtig oder falsch machen.

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