Bierzelt-Politik

Gillamoos-Frühschoppen im Zeichen von Ampel, Migration und Ost-Wahlen

Der Gillamoos-Montag in Abensberg ist für alle Parteien traditionell eine Gelegenheit zum politischen Schlagabtausch. Heuer hagelte es nach den Ost-Wahlen Kritik vor allem in eine Richtung.


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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, steht beim Politischen Frühschoppen Gillamoos auf der Bühne.

Von Florian Kronfeldner, Felix Stahl, Laura Mies und mit Material der dpa

Bei strömendem Regen, Blitz und Donner hat der politische Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg begonnen. Die Wetterkapriolen führten unter anderem zu einem Stromausfall im Zelt der Freien Wähler. Besucher, die im Freien die Veranstaltung auf der Leinwand verfolgen wollten, flüchteten vor dem Regen ins Zelt. Auch im prall gefüllten Festzelt der CSU musste die Blaskapelle gegen das Donnergrollen anspielen. Die Veranstaltung der AfD fand im Schlossgarten unter freiem Himmel statt.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat den Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen als politisches Erdbeben bezeichnet. "Noch nie war eine Partei, die gesichert rechtsextrem ist, stärkste Kraft", sagte Söder beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg. "Es kommt nicht nur darauf an, eine Regierung zu bilden, damit man eine Regierung hat", sagte Söder. Schlecht arbeitende Koalitionen stärkten auf lange Sicht nur die AfD. "Extremisten haben Zeit", betonte Söder.

Söder erneuert Kanzler-Ambitionen

Auch deswegen müsse die Ampelregierung abgelöst werden. "Die Ampel hat nicht nur verloren. Die Ampel ist eine rauchende Ruine", sagte Söder. Es ergebe keinen Sinn mehr, sie zu motivieren, es besser zu machen. "Wir brauchen nicht nur ein paar andere Köpfe. Was wir brauchen, ist eine Politik in Deutschland, die anders ist. "

Söder erneuerte auch seine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur für die Union. "Für mich ist Ministerpräsident das schönste Amt. Aber ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen", sagte er auf dem politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg. Die Kandidatenkür bei der Union werde diesmal "definitiv anders laufen als 2021", sagte Söder. "Damals war es schlicht und ergreifend der falsche Kandidat", fügte er mit Blick auf den damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet hinzu. Mit dem derzeitigen CDU-Chef und Kandidaten-Favoriten Friedrich Merz habe er keinen Dissens: "Wir sind eine Achse, Merz-Söder."

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Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, kommt zum Politischen Frühschoppen Gillamoos.

Schweitzer: CSU hat "dieses Land nicht erfunden"

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer warnte die CSU davor, zu glauben, sie habe Bayern "selber gebaut". "Wenn ein Land erfolgreich ist, dann besteht es darin, dass so viele mittun", sagte der SPD-Politiker auf dem Politischen Gillamoos. "Man hat dieses Land nicht erfunden, sondern man hat das Privileg und es ist eine Ehre, ein Land zu führen."

Die SPD-Landesvorsitzende Ronja Endres betonte, dass es auf die Leute ankomme, die jeden Tag arbeiteten. Die Gesellschaft müsse zusammenkommen, sagte Endres und wiederholte während ihrer Rede mantraartig: "Kemma doch zam". Mit Blick auf Fragen wie Gendern oder vegetarische Ernährung sagte sie: "Wir gehen aufeinander los für Dinge, die man tun oder lassen kann, liebe Leute. Ich bin diese Scheindebatten so satt."

Grüne stellen Errungenschaften der Ampel in Vordergrund

Selbstkritisch waren die Grünen einen Tag nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen nicht. Kein Wort zu dem Thema der vergangenen Wochen: der Einwanderungspolitik. Auch mit der Kritik an den Koalitionspartnern hielten sich die Redner zurück. Nur in der Begrüßung schoss Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger (Bündnis 90/Die Grünen) gegen Christian Lindner und die SPD. Statt Lehren aus der Wahl zu ziehen, bemühten sich die Redner, die Errungenschaften der Ampel in den Vordergrund zu stellen.

Vor allem die Energie- und Klimapolitik stand dabei im Mittelpunkt. Einen Appell schickten sie an die Union: Im Kampf gegen Faschisten seien vernünftige Konservate die wichtigsten Verbündeten. Markus Söder und Hubert Aiwanger seien dahingehend bislang unbrauchbar. Der bayerische Finanzminister sei laut dem Landtagsabgeordneten Johannes Becher "als Minister ein Versager, sonst nichts".

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Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister und Landesvorsitzender der Freien Wähler in Bayern, steht beim politischen Frühschoppen auf der Bühne der Freien Wähler und trinkt aus einem Maßkrug.

Freie Wähler: "Gruselkabinett Ampel" hat falsche Prioritäten

Die Freien Wähler um Parteichef Hubert Aiwanger legten den Schwerpunkt auf Migrations- und Asylpolitik. Das Versagen der Ampel auf diesem Feld sei auch ein Grund für die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen am Vortag. „So können wir nicht weitermachen, so wird Deutschland ruiniert“, rief Aiwanger im Weißbierstadl. Er plädierte dafür, Grenzkontrollen zu verstärken sowie das Asylrecht auf wenige politische Verfolgte zu reduzieren.

Mit der Ampel, vor allem den Grünen, sei das nicht zu machen. Die aktuelle Bundesregierung setze mit Bürgergeld, Cannnabis-Legalisierung, Selbstbestimmungsgesetz und Abwirtschaftung des Verbrennermotors falsche Prioritäten: „Das Gruselkabinett Ampel muss auf den Mond geschossen werden.“

Gedrückte Stimmung und Fokus auf Migration bei der FDP

Als „echte Freiheitskäpfer“ bezeichnet Martin Hagen, Vorsitzender der bayerischen FDP, die Anwesenden im vollbesetzten Zelt – es ist mit acht Tischen das Kleinste beim politischen Frühschoppen am Gillamoos. Die Stimmung ist nach dem Wahlergebnis in Sachsen und Thüringen spürbar gedrückt. „Weiter so ist keine Option“, fasst Hagen das Ergebnis des Wahlabends in Sachsen und Thüringen zusammen. Stattdessen plädiert er darauf, das eigene politische Profil und den Zusammenhalt der Liberalen in den Ländern zu stärken.

Dem schließt sich Christian Dürr an, Fraktionsvorsitzender der FDP: „Wir halten weiter zusammen, denn es gibt keine Alternative zur FDP.“ Die Partei werde gebraucht, auch was das Thema Migration anginge. Es ist der längste Punkt in Dürrs Rede, denn der Fraktionsvorsitzende sieht dort das größte Potenzial, die Wirtschaft, die gerade „vor extremen Herausforderungen steht“, zu stärken. „Es muss leichter werden, nach Deutschland zu kommen, um dort zu arbeiten, als nach Deutschland zu kommen und nicht zu arbeiten.“ „Harte Taten, nicht harte Worte“ seien der richtige Weg, mit der Migrationspolitik umzugehen: „Es müssen alle abgeschoben werden, die eine Straftat begehen und hier Schutz suchen.“ Es brauche „Konsequenz in der Sache“, wie die FDP es in der Vergangenheit schon bewiesen hätte.

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Katrin Ebner-Steiner, Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, steht beim politischen Frühschoppen auf dem Volksfest Gillamoos im Schlosspark auf der Bühne der AfD.

AfD feiert nach Wahlergebnissen im Osten "Zeitenwende"

Mit Blick auf die Wahlerfolge in Thüringen und Sachsen feierte die AfD beim politischen Frühschoppen derweil eine "Zeitenwende". "Die Wende, die ist da", sagte die Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Katrin Eber-Steiner. Sie sprach vom "Beginn einer neuen Epoche" und einer "neuen politischen Zeitrechnung in Deutschland".

Sie warf Parteien, die eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen, vor, sich hinter einer "selbst errichteten Brandmauer" zu verschanzen. Aus ihrer Sicht sei diese dauerhaft aber ohnehin nicht haltbar. "Der Funke ist übergesprungen", sagte Ebner-Steiner. "Diese Brandmauer, sie brennt lichterloh." Sie kündigte außerdem an, in Regierungsverantwortung werde die AfD dafür sorgen, Millionen Menschen aus Deutschland abzuschieben: "Volle Zustimmung zu millionenfacher Remigration", sagte sie.

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