Bayern
Neue Ideen für die Paketposthalle gesucht: "Alle für die Halle"
7. März 2023, 18:38 Uhr
Ein kolossaler Gemeinschaftsraum soll sie werden - ein überdachter Stadtplatz für alle. Die rund 30 Tennisfelder große Paketposthalle an der S-Bahn-Station Hirschgarten.
Ab 2025 soll sie mehr als drei Jahre lang saniert werden. "Für einen dreistelligen Millionenbetrag" - das hat Halleneigner Ralf Büschl gestern angekündigt. Er plant in seiner riesigen Halle schon lange einen Konzertsaal mit bis zu 3.000 Plätzen - im Untergeschoss des denkmalgeschützten Gebäudes. Und weil das Nationaltheater, Sitz der Bayerischen Staatsoper, in einigen Jahren aufwendig saniert werden muss, hat Investor Büschl die Halle als Interimsquartier angeboten. Privat liebt Ralf Büschl "viele Arten von Musik". Er hört sie mit seinen Enkeln.
Er will in einen Bühnenturm investieren - als Voraussetzung für moderne Musikproduktionen mit anspruchsvoller Bühnentechnik. Der Zeitplan, wann die Oper saniert wird, ist ihm unbekannt.
Politisch ist die Sache aber noch nicht entschieden. Kunstminister Markus Blume (CSU), sagte gestern der AZ: "Das sind spannende Pläne und eine potenzielle Bereicherung für die Münchner Kulturlandschaft. Für Aussagen, ob die Paketposthalle auch für eine spätere Interimsunterbringung der Bayerischen Staatsoper in Betracht kommt, ist es derzeit aber deutlich zu früh."
Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) hingegen findet: "Sollte die Opernidee Wirklichkeit werden, würde ich das sehr begrüßen." Ihr gefällt die Idee einer "pulsierenden, oszillierenden und schwingenden" Halle in Neuhausen.
Die Paketposthalle habe eine Architektur, die die Menschen inspiriere, ähnlich wie der Olympiapark. Die "Halle für alle" werde ein Ort sein, an den die Münchner jederzeit gehen können, ohne ein Ticket kaufen zu müssen, wie eben im Olympiapark. "Ein Stadtforum, ein Ort des Dialogs" wird die Halle am einstigen Niemandsland an der Bahnachse, schwärmt Elisabeth Merk: "Hier kann man dann auch hin und her twittern - aber analog."
Die neue Isarphilharmonie, als Münchner Interimsquartier, werde zurecht gelobt, findet Elisabeth Merk: "Ausweichstätten werden wir in der Stadt immer wieder brauchen in den nächsten Jahren. Immer wieder gibt es Orte, die in Reparatur gehen müssen", so ihre praktischen Überlegungen.
Sie äußerte diese gestern beim Auftakt der Ideensammlung für die Paketposthalle. Unter dem griffigen Thema "Alle für die Halle. Die Halle für alle" sind ab heute die Wünsche der Münchner gefragt. Auf einer Online-Plattform werden sie vier Wochen lang gesammelt. 250 Gymnasiasten vom Käthe-Kollwitz-Gymnasium machen sich bereits Gedanken, was in der Halle passieren soll.
Auch Seniorentreffs, Gruppen, Vereine, Outdoor-Sportler in der Nachbarschaft. "Ich möchte, dass die Bürger ihr neues Zuhause auch bespielen", sagt Anna Hanusch (Grüne), Vorsitzende des BA-Neuhausen-Nymphenburg, die auch Architektin ist: "Das ist eine wahnsinnig tolle Halle. Wenn man drin war, will man sie nur noch offen erleben."
Ende 2024 zieht die Post aus. Münchner Bürger, Gastronomen, Konzertanbieter, Künstler, die Literaturszene, die sogenannte Subkultur und die sogenannte Hochkultur - jeder soll seine Vorstellungen schicken.
Kulturveranstalterin Lissie Kieser ist studierte Kunsthistorikerin. Im Kreativteam mit Michi Kern macht sie das "Sugar Mountain"-Projekt in Obersendling. Dort wird ein leerstehendes Betonwerk kunterbunt zwischengenutzt. Kieser betont die identitätsstiftende Funktion von Kultur.
Und plädiert für einen erweiterten Kulturbegriff, der auch den Sport umfasst - Sport als Ausdruck menschlicher Kreativität.
Die Kreative regt an, die Halle für ein bunt gemischtes Publikum zu öffnen. Sie hofft, dass der Ort ein Anziehungspunkt für ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen sein wird. Kieser: "So kann die Gemeinschaft gestärkt werden. Wenn man die menschlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten in den Mittelpunkt stellt und zum Ausgangspunkt von Quartiersentwicklung werden lässt. Ziel ist Kollaboration!"
Diese Chance bietet der überdachte Stadtplatz von 20.000 Quadratmetern. Die Paketposthalle an den Gleisen gilt als eine der schönsten Hallen der Welt. Sie ist eine minimalistische Konstruktion, deren Schale dünner ist als eine Eierschale, wenn man Halle und Ei vom Volumen vergleicht - ein Faszinosum. "Einen überdachten Freiraum dieser Größe findet man nirgends sonst in Europa", heißt es in der Broschüre "Entscheide mit! Deine Ideen für die Paketposthalle".
Investor Ralf Büschl ist ein bedeutender Projektentwickler in München. Er plant, dass im Untergeschoss der Halle Unterhaltungsmusik, Musicals und Opern aufgeführt werden können. Das Erdgeschoss soll der Bevölkerung gehören. Mit den Einnahmen aus der Vermietung der Hochhaustürme wird die Sanierung der Halle finanziert. Büschl hofft, dass die Halle vor 2030 nutzbar ist: "Das Projekt ist sehr groß, das Projekt dauert, es braucht etwas Geduld". Ein störender Aspekt: Baugruben, auch für die Türme, werden direkt vor der Halle sein.
Die zukünftigen Macher der Paketposthalle haben als oberste Regel: Die Halle soll öffentlich nutzbar sein - an fast 365 Tagen im Jahr. Ideen aus der Bürgerschaft sind gesucht, auch von Leuten mit Schwellenangst beim Thema "sich einbringen" oder beim Thema "Kultur".
Online mit Ideen mitmachen: www.allefürdiehalle.de