Gesundheitsvorsorge
HIV-Test für zu Hause: Experten skeptisch
12. März 2019, 18:01 Uhr aktualisiert am 4. April 2023, 18:32 Uhr
Seit eine Änderung der sogenannten Medizinprodukte-Abgabeverordnung das rechtlich möglich macht, wirbt die Münchner Aids-Hilfe mit HIV-Tests für zu Hause. Vonseiten der Ärzte und Apotheker allerdings fallen die Reaktionen darauf verhalten bis reserviert aus.
Seit kurzem wirbt die Aids-Hilfe München mit einem HIV-Test per Post. Diskret, in den eigenen vier Wänden und ohne Arzt soll dieser Test vonstatten gehen und neben dem HI-Virus auch eine Reihe von Geschlechtskrankheiten erkennen. "Gerade für Menschen, die in kleineren Städten und Gemeinden auf dem Land leben, eine echte Erleichterung", schreibt die Aids-Hilfe in der offiziellen Pressemitteilung.
Vermarktet wird das Ganze als Abo: Das Testkit soll - je nach Kundenwunsch - alle drei, sechs oder zwölf Monate per Post ins Haus kommen. Darin die Behältnisse für Blut- und Urinproben sowie Abstriche mit Wattestäbchen. Im Fall einer Infektion wird das Ergebnis per SMS mitgeteilt, medizinische Beratung erfolgt per Telefon.
"Wer fängt Sie dann auf?"
HIV-Tests in Eigenregie und ganz ohne den konventionellen Weg über den Arzt? Thomas Metz, der Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands äußert sich auf idowa-Anfrage eher skeptisch: "Ein Selbsttest ersetzt keine ärztliche Diagnose. Nicht jeder Test ist für den Einsatz ohne ärztlichen Rat geeignet, weil die Interpretation der Testergebnisse für Patienten schwierig ist." Genau deswegen sei hier der Rat von Fachpersonal wichtig, sagt Metz: "Tests auf schwere Krankheiten sollte man immer nur beim Arzt und wenn möglich in Begleitung einer Vertrauensperson machen lassen."
Ähnlich sieht das die Bundesärztekammer: "Keinesfalls dürfen Selbsttests auf HIV als Ersatz einer ärztlichen Untersuchung und Beratung aufgefasst werden, sondern immer nur als Anlass", schrieb die Kammer bereits 2018 in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzestext, der die HIV-Tests für zu Hause erst möglich machte.
Die Bedingung der Ärztevertreter für die Zulassung des Testverfahrens war schon damals, dass die weitere Entwicklung der Angebote und das Verhalten der Patienten beobachtet und unter unabhängiger Aufsicht auf seinen Nutzen überprüft werden sollte. Gegenüber idowa verwies die Bundesärztekammer nochmals auf eben jenes Statement.
Die verlockende Diskretion der HIV-Tests für den Heimgebrauch könne auch zur Falle werden, ist Apotheker-Sprecher Thomas Metz überzeugt: "Nehmen wir an, Sie machen daheim diesen Test und er fällt positiv aus. Wer fängt Sie dann auf, wer kümmert sich um Sie? Ich halte es für schwierig, in einer solchen Situation rational zu bleiben und keine unüberlegten emotionalen Entscheidungen zu treffen."