Interview mit Ex-Bayern-Coach
Svetislav Pesic: "Freue mich, nach Hause zu kommen"
21. März 2019, 6:00 Uhr aktualisiert am 21. März 2019, 10:02 Uhr
Svetislav Pesic kehrt am Donnerstag erstmals mit dem FC Barcelona zurück nach München zum Duell mit seinem Ex-Klub, mit dem er 2014 Meister wurde. "Die Zukunft gehört definitiv dem FC Bayern."
München - AZ-Interview mit Svetislav Pesic. Der 69-Jährige war von 2012 bis 2016 Coach des FC Bayern, mit dem er 2014 Meister wurde. Aktuell trainiert er den FC Barcelona.
AZ: Herr Pesic, heute Abend (20 Uhr) treten Sie mit dem FC Barcelona beim FC Bayern Basketball an, wo Sie von 2012 bis 2016 Coach waren. Das speziellste Saisonspiel für Sie?
SVETISLAV PESIC: Es ist natürlich ein bisschen ein anderes Spiel als alle anderen. Ich hatte eine sehr schöne Zeit als Trainer in München und lebe ja immer noch mit meiner Frau dort. Es ist das erste Mal für mich, dass ich mit einem anderen Team bei meiner ehemaligen Mannschaft antrete.
Wie emotional ist das für Sie?
Ich komme gerne wieder nach München zurück und freue mich auf dieses Spiel. Als Bayern-Trainer habe ich immer versucht zu zeigen, dass ich alles gebe, ein Kämpfer bin und die Mannschaft das Wichtigste ist. Ich erwarte, genau wie es damals immer war, einen respektvollen Empfang und freue mich darauf, nach Hause zu kommen. Ich bin 2014 mit der Mannschaft Meister geworden und fühle mich immer noch als Teil des FC Bayern Basketball.
"Schaue immer, wie Bayern gespielt hat"
Wie äußert sich das?
Sobald unsere Spiele mit Barcelona vorbei sind, schaue ich immer sofort nach, wie Bayern gespielt hat. Nicht nur weil mein Sohn Marko Geschäftsführer ist. Ich habe auch viele Freunde dort: in der Geschäftsstelle und natürlich auch Uli Hoeneß. Ich freue mich, dass sich Bayern so gut entwickelt hat. Basketball hat sich in München jetzt definitiv etabliert. Das war nicht einfach, weil Fußball bei Bayern nicht nur ein anderer Sport, sondern eine andere Liga war. Durch die Meisterschaft im vergangenen Jahr, die starken Auftritte in der Euroleague und die neue Halle, die gebaut wird, ist das gelungen. Die anderen Euroleague-Teams, auch wir hier in Spanien, haben großen Respekt vor Bayern. Ich bin sehr froh und stolz, dass ich Teil dieses Projekts sein durfte. Und jetzt bin ich wieder da (lacht) - aber als Trainer des FC Barcelona.
Wird es komisch für Sie sein, in die Gästekabine zu gehen?
Mit Sicherheit. Ich darf ja auch nicht auf meine Bank und muss auf die andere. Ich fühle mich aber auch hier in Barcelona sehr wohl. Die Probleme, die Barça in den letzten Jahren hatte, liegen jetzt hinter uns. Wir haben eine sehr gute Mannschaft, brauchen aber noch etwas Zeit, weil wir viele neue Spieler haben. Wenn du Trainer beim FC Barcelona bist, sind Siege normal. Es zählen nur Trophäen. Mit dem spanischen Pokal haben wir schon eine gewonnen. In der Liga sind wir Erster und haben gute Chancen auf die Playoffs in der Euroleague. Das wird aber auch von dem Resultat gegen Bayern abhängig sein.
Sie haben also keine Geschenke in München zu verteilen?
Geschenke braucht Bayern nicht. Sie haben mit dem Heimsieg gegen Fenerbahce gezeigt, dass sie jede Mannschaft schlagen können. Es wird nicht einfach für uns. Aber wir haben da eine kleine Absprache getroffen.
"Bayern hat sich insgesamt schon sehr gut entwickelt"
Und wie sieht die aus?
Vor dem Hinspiel in Barcelona habe ich zu Marko und Trainer Dejan Radonjic gesagt, dass wir es eins zu eins aufteilen: Wir gewinnen das Spiel in Barcelona und wenn wir dann in München spielen, verliert Bayern. Eins zu eins eben (lacht).
Nach der Niederlage in Piräus braucht Bayern aber unbedingt einen Sieg, um sich die theoretische Chance auf das Erreichen der Playoffs zu erhalten.
Das wird sehr knapp, weil noch viele Mannschaften darum kämpfen. Wir haben es mit Barcelona selbst in der Hand. Wenn wir unsere letzten drei Spielen alle gewinnen, sind wir sicher dabei. Aber wir wollen uns auch möglichst eine noch bessere Position und das Heimrecht sichern.
Was kann Bayern aktuell noch von Barcelona lernen?
Bayern hat sich im Gesamtpaket schon sehr gut entwickelt: spielerisch, was die Mannschaft betrifft und auch die Zuschauerzahlen. Die Erfahrung dieses Jahr war wichtig, um sich zukünftig in der Euroleague zu etablieren. Die anderen Klubs haben jetzt schon großen Respekt vor Bayern - vor der Mannschaft und der ganzen Organisation. Die Euroleague profitiert davon, einen Klub wie Bayern dabei zu haben. Sie haben eine konkurrenzfähige Mannschaft, die vorne mitspielen will und kann. Die Zukunft gehört definitiv dem FC Bayern.
"Mit Barcelona im Finale gegen Bayern zu spielen wäre großartig"
Träumen Sie davon, Bayern mit Barcelona vielleicht irgendwann mal im Finale der Euroleague zu begegnen?
Als ich 2002 als Trainer von Jugoslawien bei der WM war, war das schon sehr emotional. Wir haben die Goldmedaille gewonnen. Und bei der Siegerehrung sah ich auf meiner linken Seite die deutsche Mannschaft mit ihren Bronzemedaillen. Und zehn Spielern, die schon in meiner Mannschaft waren, als ich noch Bundestrainer war - unter anderem mein Sohn Marko. In dem Moment habe ich mich gefragt: "Was willst du im Basketball jetzt überhaupt noch erreichen?" Mit Barcelona mal im Finale der Euroleague auf Bayern zu treffen, wäre etwas Großartiges. Nicht nur emotional. Es wäre auch etwas, das sportlich sehr großen Wert hätte. Aber lassen Sie uns jetzt erst mal auf das Spiel heute Abend konzentrieren.
Sie werden im Sommer 70 Jahre alt. Wie lange werden wir Sie noch als Coach erleben?
Das weiß ich noch nicht. Früher habe ich immer in olympischen Zyklen geplant. Jetzt möchte ich die Saison möglichst erfolgreich beenden. Dann werde ich mich mit meiner Frau zusammensetzen und danach entscheiden, wie es weitergeht.
Haben Ihnen die letzten Wochen mit Siegen gegen Real Madrid und dem Pokaltriumph nicht Lust auf mehr gemacht?
Ich bin weiterhin sehr motiviert. Der Verein und die Zuschauer sind sehr zufrieden mit unserem Basketball. Und ich genieße die Zeit in Barcelona nicht nur, weil es eine sehr schöne Stadt ist. Ich freue mich jeden Tag, zum Training zu kommen, und möchte meine Mannschaft noch besser machen. Im Moment denke ich überhaupt nicht daran, aufzuhören. Jetzt will ich erst mal versuchen, vielleicht noch den ein oder anderen Titel in dieser Saison zu gewinnen.
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