Überblick
Sechzig und der lange Anlauf zum Aufstieg
14. April 2023, 17:58 Uhr
München Maurizio Jacobacci ist noch keine 60 Tage Trainer der Sechzger. Dennoch schwant ihm langsam, wie der Löwe so tickt. Kuriose Köstlichkeit dazu aus der letzten Pressekonferenz: Nachdem die Fragerunde bereits beendet war und Pressesprecher Rainer Kmeth die Veranstaltung zu schließen gedachte, meldete sich der 60-jährige Italiener noch mal mit einer denkwürdigen Botschaft zu Wort.
"Ich wollte auch noch etwas sagen", fing Jacobacci an und brach in Gelächter aus: "Es ist ja schön, dass man sehr, sehr interessiert ist an 1860 München!" Der gebürtige Berner kam zum Punkt: "Weil keine Fragen gestellt wurden über Wehen Wiesbaden. Die sind Zweiter! Das ist das Team des Moments und man stellt mir keine Fragen über den Gegner!"
Tja, Herr Jacobacci: Willkommen bei den Löwen.
Trotz des Auswärtsspiels des TSV 1860 bei Aufstiegskandidat SV Wehen Wiesbaden (Samstag, 14 Uhr) beschäftigt sich der Löwen-Kosmos nach dem schmerzlichen Aus im Aufstiegsrennen vielmehr schon mit der Folgesaison, den damit einhergehenden Personalplanungen und nicht zuletzt mit dem neu entbrannten Machtkampf zwischen Investor Hasan Ismaik und den Vereinsbossen um Präsident Robert Reisinger. Die AZ nimmt Stellung zu allen Punkten - und zeigt, weshalb der lange Anlauf zum Aufstieg längst Thema in aller Munde ist.
Die Sechzger als Ärger-Löwen: Begonnen mit dem, was Jacobacci loswerden wollte, steht fest: Der TSV muss da ein ganz dickes Brett bohren. "Wir haben ein sehr schwieriges Spiel", so Jacobacci. Nicht ohne die wichtigsten Statistiken seiner Gegner-Analyse aufzuzählen, meinte er: "Die haben in vier Spielen zwölf Punkte geholt, dabei ein Torverhältnis von 12:5." Auch vor den Torjägern Benedict Hollerbach (siehe unten) und Ivan Prtajin, die mit 25 Treffern 40 Prozent der Tore erzielt haben, warnte der Trainer. Zum Ärger der Blauen hat nicht 1860 gute Aufstiegschancen, sondern Wehen. Bleibt 1860, was Albion Vrenezi nach dem 3:0 gegen Aufstiegsaspirant Osnabrück zur Marschroute erhob: "Wir wollen dem nächsten Team da oben die Punkte klauen."
Blaue Bewerbungen für 2023/24: Trainer, Sportchef Günther Gorenzel, satte 13 Spieler: Alle müssen sie die verbleibenden sieben Saisonspiele nutzen, um ihre ganz persönlichen Bewerbungsschreiben abzugeben. Jacobacci hat seinen Wert als Wieder-Erwecker der Giesinger bereits unter Beweis gestellt. Beim umstrittenen wie untergetauchten Gorenzel zeichnet sich ab, dass sich wohl keiner der Gesellschafter eine teure Umbesetzung leisten möchte. An der Spielerfront gilt es, Verlängerungen als Symbolwirkung zu vermelden. Abwehrchef Jesper Verlaat etwa wäre so ein Spieler. Kurios wie typisch für die weiß-blaue Sechzger-Welt, was in den Weiten des Internets auftauchte: Als der wohl formstärkste Löwe Joseph Boyamba in den Sozialen Medien eine weitere Überraschung ankündigte, witterten zahlreiche TSV-Anhänger schon seine Vertragsunterzeichnung. Wenig später erklärte Boyamba, dass es "nur" ein weiteres Gewinnspiel sei.
Die Budgetfrage: Aktuell werden etwa 4,5 Millionen Etat für 2023/24 kolportiert. Das wären fast zwei Millionen weniger als in der laufenden Spielzeit. Damit wäre der nächste Anlauf ein gutes Stück schwieriger. Dabei sollte inzwischen fast jeder wissen, was für die Kaderplanung gilt: Bei den Löwen hat noch nie der frühe Vogel den Wurm gefangen.