Niemand ist unverkäuflich

TSV 1860 vor dem Ausverkauf? Wer alles gehen muss


Vor dem Abschied (v.l.): Jan Mauersberger, Christian Köppel und Nico Karger.

Vor dem Abschied (v.l.): Jan Mauersberger, Christian Köppel und Nico Karger.

Von Bernhard Lackner

Das Team des TSV 1860 droht auseinanderzufallen: Unter anderem Karger, Köppel, Mauersberger, Berzel und Koussou sind so gut wie weg. "Es zerreißt mich fast", sagt Gorenzel. Die Botschaft: Keiner ist unverkäuflich.

München - Erst schlenderte Benjamin Kindsvater vorbei. Dann Nono Koussou. Beide begrüßten Günther Gorenzel per Handschlag. Dann schlurfte Torjäger Sascha Mölders in die Kabine, aus der Aaron Berzel in den Kraftraum schritt. Aber da hatte sich der Geschäftsführer Sport des TSV 1860 schon seinen Ansprechpartnern zugewendet. Und erklärte, dass sogar das ganze genannte Spielerquartett weg sein könnte.

Während die Abgänge von Berzel und Koussou so gut wie besiegelt sind, soll Flügelflitzer Kindsvater, zuletzt Torschütze beim klassenerhaltssichernden Zittersieg gegen Fortuna Köln, zu einem gestandenen Drittliga-Sechzger reifen. Eigentlich. Mölders, Torjäger, soll nach automatischer Vertragsverlängerung auch mit 34 Jahren Alpha-Löwe bleiben. Wenn kein lukratives Angebot dazwischenkommt, denn: Den Löwen droht eine Welle von Spieler-Abgängen. "Ich werde hier sicher keinen Ausverkauf starten", sagt Gorenzel. Doch was er folgen lässt, klingt anders.

TSV 1860: Gorenzel kündigt "schmerzhafte Entscheidungen" an

Durch den Konsolidierungskurs der Sechzger - vom Präsidium der sportlichen Leitung um Trainer Daniel Bierofka und Gorenzel ziemlich unfreiwillig aufoktroyiert - muss der Spieleretat für die kommende Saison nach AZ-Informationen von 4,5 Millionen Euro auf maximal drei Millionen um mindestens ein Drittel gesenkt werden. Gorenzel, der Finanz-Geschäftsführer Michael Scharold gebeten hat, "die Zahlen nach links, nach rechts, nach vorne und zurück zu drehen", hat nun die endgültige Gewissheit: Der Verkauf von Leistungsträgern ist unumgänglich.

Geschäftsführer des TSV 1860: Michael Scharold.

Geschäftsführer des TSV 1860: Michael Scharold.

"Wir haben jeden Stein umgedreht und müssen in den nächsten Tagen und Wochen wirklich schmerzhafte Entscheidungen treffen", sagt Gorenzel, der eine sportliche wie wirtschaftliche Verantwortung zu tragen habe: "Es zerreißt mich fast. In unserer Situation muss man sich aber über alles den Kopf zerbrechen, wenn eine Anfrage mit einem fairen Angebot da ist. Wir haben mehrere Angebote auf dem Tisch."

Nicht für Kindsvater, nicht für den aufblühenden Spielmacher Efkan Bekiroglu und nicht einmal für einen Mölders nimmt Gorenzel das Wort "unentbehrlich" in den Mund: "Generell ist es im deutschen Fußball ja so, dass sich 97 Prozent der Profivereine mit einem marktkonformen Angebot auseinandersetzen müssen. Und wir in unserer Situation müssen uns sowieso alles anhören." Heißt: Kein Löwe ist unverkäuflich.

TSV 1860: Diese Spieler werden gehen

Nach AZ-Informationen steht Außenangreifer Nico Karger, schon vor einigen Wochen mit Zweitliga-Aufsteiger Karlsruher SC und dem KFC Uerdingen in Verbindung gebracht, vor seinem Abgang. Für Sechzig wäre das eine Ablöse im unteren sechsstelligen Bereich. Die Wechsel der Leihspieler Simon Lorenz (VfL Bochum), Prince Owusu (Arminia Bielefeld) und Romuald Lacazette (Darmstadt 98) zu ihren Klubs oder neuen Abnehmern stehen fest. Neben Berzel und Koussou wird auch Publikumsliebling Christian Köppel gehen, der seine Abschiedstränen bereits am Samstag vergossen hatte. Am Dienstag vermeldete 1860 zudem die Vertragsauflösung von Mittelfeldspieler Sandro Abruscia.

Damit nicht genug: Gorenzel schob auch den Hoffnungen von Jan Mauersberger, der im AZ-Interview kürzlich auf eine Vertragsverlängerung gehofft hatte, einen Riegel vor: "Er hat hier einen Anschlussvertrag im Marketingbereich. Eine Doppelfunktion ist für uns Stand jetzt aber keine Option." Zumal Mauersberger, der seine sportliche Karriere eigentlich fortsetzen wollte, nach AZ-Informationen als heißer Kandidat gilt, seine Heimspiele auch nächste Spielzeit im Grünwalder Stadion auszutragen - mit Regionalliga-Aufsteiger Türk Gücü.

Muss getröstet werden: Löwe Christian Köppel (re.), hier mit Kollege Nono Koussou.

Muss getröstet werden: Löwe Christian Köppel (re.), hier mit Kollege Nono Koussou.

Bleibt die Frage, wer in Sechzigs Innenverteidigung neben Kapitän Felix Weber auflaufen wird. Auch hier lässt Gorenzel durchblicken, in welche Richtung Sechzigs Planungen gehen: "Wir haben die ein oder andere Idee. Niklas Lang ist etwa ein hochtalentierter Spieler." Der U19-Löwe ist aber erst 17 Jahre alt.