Friseur-Obermeisterin Regensburg
Waltraud Mittermaier über absurde Angebote und Frisur-Tipps für Zuhause
28. Januar 2021, 16:20 Uhr aktualisiert am 28. Januar 2021, 16:20 Uhr
Der Lockdown geht den Friseuren in Ostbayern an die Substanz - finanziell wie auch psychisch.
Im Interview mit idowa spricht Waltraud Mittermaier, Obermeisterin der Friseurinnung Regensburg darüber, warum ihr Business entgegen der Ansicht der politisch Verantwortlichen systemrelevant ist, wie viel Geld in diesen Tagen manch einer für einen Haarschnitt bezahlen würde und was man im heimischen Bad machen kann, um die Corona-Mähne auch ohne Friseur im Zaum zu halten.
Frau Mittermaier, wie ist die momentane Lage der Friseure in Ostbayern?
Waltraud Mittermaier: Schlecht. Die staatlichen Hilfen sind bei den Betrieben noch immer nicht angekommen. Mittlerweile sind so ziemlich alle verschuldet bis zum Gehtnichtmehr. Es ist alles ausgereizt. Die Friseure sind gezwungen, an private Sparvermögen heranzugehen, was wir eigentlich nicht tun sollten, weil das Geld dort in der Regel für die Altersvorsorge zurückgelegt war. Wenn wir dieses Geld angreifen, droht vielen der Abstieg in die Altersarmut.
Man hört das manche sprichwörtlich töten würden für einen Friseurbesuch. Was waren die absurdesten Angebote, von denen Sie wissen?
Mittermaier: Manche bieten 100 Euro und mehr für einmal Haareschneiden. Die Kollegen bekommen permanent Angebote über WhatsApp, Facebook und so weiter oder auch am Telefon, dass verzweifelte Kunden anrufen. Ich nicht so sehr - bei mir wissen die meisten Leute, dass ich es mir als Innungsobermeisterin nicht leisten könnte, auf so etwas einzugehen. Aber bei anderen Friseurinnen und Friseuren wird schon vieles probiert. Kolleginnen von mir kriegen schon Nachrichten wie "Ich brauch euch, ich zahle, was ihr wollt!" Die meisten wollen, dass die Friseure zu ihnen nach Hause kommen. Von den Besuchsregeln her ginge das auch, aber die Friseurdienstleistung ist im Moment einfach verboten. Es gibt auch Angebote, die Friseurbesuche als etwas anderes zu tarnen, als Beratungsgespräche oder so etwas. Wie man sieht, sind wir halt doch systemrelevant! Wir sind die einzigen Vollhandwerker, die nicht arbeiten dürfen.
"Für manche ist Schließung ein halber Weltuntergang"
Man könnte aber auch argumentieren, dass von schlecht geschnittenen Haaren keine gesundheitliche Gefahr ausgeht.
Mittermaier: Indirekt vielleicht aber doch. Wir haben unter unseren Kunden ältere Damen, die sich selbst die Haare nicht waschen können. Für die ist die Schließung der Salons ein halber Weltuntergang. Die sind es gewohnt, dass sie jede Woche zum Friseur gehen, waschen, fönen und frisieren lassen und dann wieder für ein paar Tage hergerichtet zu sein. Denen geht das schon an die Substanz. Nicht jeder hat eine Tochter, die aushelfen kann. Es gehört zum Wohlbefinden, dass die Haare in Ordnung sind. Und es kann schon depressiv machen, wenn man sich nicht wohl in seiner Haut fühlt.
Es wurden auch bereits Aktionen angedacht wie "Wir machen auf", bei denen Gastwirte trotz des Lockdowns ihre Gaststätten öffnen sollten. Wäre so etwas für die Friseure denkbar?
Mittermaier: Wenn dann muss es heißen: "Wir machen aufmerksam". Mit Demos wie der in Regensburg, die auf die Situation der Friseure hinweisen. Aber einfach über das Gesetz hinweg die Friseure aufzumachen, halte ich für falsch und kontraproduktiv. Es muss schon alles nach Recht und Gesetz laufen.
"Mit Kamm und Langhaarschneider ist schon einiges möglich"
Haben Sie als Fachfrau einen Tipp für uns, wie man in diesen Friseur-losen Wochen die Haare zumindest ein bisschen in Ordnung halten kann?
Mittermaier: Männer können die Konturen durchaus selbst ein bisschen nachschneiden. Es hat eigentlich jeder einen Trockenrasierer oder einen Langhaarschneider zu Hause. Damit kann man zum Beispiel den Nacken wieder sauber ausrasieren, indem man die Maschine verkehrt herum nimmt und vom Haaransatz abwärts rasiert. Wenn die Haare oben ein bisschen länger werden, ist es meist kein Problem. Wichtig ist, dass die Konturen sauber sind. Für die Koteletten kann man einen Kamm an der Gesichtsseite direkt an der Haut anlegen und mit dem Langhaarschneider dort entlang nach oben fahren. Also den Kamm als Führung verwenden und mit dem Langhaarschneider die Konturen nacharbeiten.
Wie sehen die Tage im Lockdown für einen Friseur aus?
Mittermaier: Es gibt schon was zu tun. Im Geschäft kann selbst kann man natürlich nicht viel machen, außer vielleicht hin und wieder die Wasserhähne aufdrehen. Aber es gibt viele Anträge zu erledigen, zum Beispiel auf Kurzarbeitergeld oder auch Treffen mit den Bankberatern, damit die Banken nicht den Geldhahn zudrehen. Es gibt schon was zu tun, aber natürlich wenig, was Freude macht…