Bonpflicht völlig von der Rolle?
Straubinger Tabakladen stellt Zettelwirtschaft zur Schau
6. Februar 2020, 8:24 Uhr aktualisiert am 11. April 2023, 18:17 Uhr
Seit 1. Januar 2020 gibt es in Deutschland die sogenannte Bonpflicht. Sie soll Steuerhinterziehung in enormem Umfang verhindern. Doch schon jetzt erhitzt die neue Zettelwirtschaft die Gemüter - auch in Straubing.
Seit vielen Jahren ist Iris Augustin Inhaberin des Tabakladens Zeller am Straubinger Stadtplatz. Ihr hat die Bonpflicht gründlich die Laune verhagelt. Seit 2. Januar stapelt sie deshalb sämtliche nicht gebrauchten Kassenzettel in ihrem Schaufenster. Stand heute 7.236 Bons an der Zahl. Sie sagt: "Durch die Bonpflicht wird praktisch jedem im Einzelhandel unterstellt, dass er ein Betrüger ist. Angeblich entgehen dem Staat dadurch jährlich zehn Milliarden Euro. Wenn das so wäre, dann müssten ja nächstes Jahr zehn Milliarden Euro mehr in den Staatskassen sein. Ich glaube nur nicht daran." Ihrer Ansicht nach ist die Reform von Anfang bis Ende nicht durchdacht. "Der Irrsinn geht ja noch weiter. Die ganzen Papierkosten gehen von meinem persönlichen Geld weg!", berichtet Iris Augustin. Und da Not bekanntlich erfinderisch macht, bestellt sie die Thermorollen für die Kassenzettel mittlerweile im Internet aus China. Eine andere Möglichkeit, Geld im Zuge der Bonpflicht einzusparen, bleibt ihr laut eigenem Bekunden nicht. Augustin: "Ein Bäcker kann ja zum Beispiel daraus resultierend seine Semmeln und Brezen teurer machen. Ich kann aber nicht einfach hergehen und auf einmal mehr Geld für Zigaretten verlangen."
Darüber hinaus zeichne ein neues System in den Registrierkassen sämtliche Vorgänge ohnehin auf. Iris Augustin hat jedenfalls buchstäblich genug gesehen: "Wenn ich den Papierberg in meinem Schaufenster sehe, reg' ich mich jeden Tag aufs Neue auf. Auch deshalb kommt das nächste Woche wieder weg."