Landkreis Landshut
Statt Urlaub: Einsatz im Katastrophengebiet
1. Mai 2015, 11:18 Uhr aktualisiert am 1. Mai 2015, 11:18 Uhr
Mehr als 5.500 Tote und über 10.000 Verletzte hat das Erdbeben in Nepal bislang gefordert. Die Zerstörung des kulturträchtigen Landes im Himalaya ist unermesslich. Immer mehr Hilfsorganisationen entsenden Helfer und Material in die Krisenregion. Ein Flugzeug mit einem Team der Moosburger Hilfsorganisation Navis e.V. startet Sonntag Nachmittag am Flughafen München. Mit an Bord ist unter anderem die Allgemeinärztin Heidi Bauer aus Kumhausen.
Auf dem Rückweg von einem Wochenendausflug hat Heidi Bauer am vergangenen Sonntag zum ersten Mal in den Radionachrichten von dem verheerenden Erdbeben in Nepal gehört. "Ich dachte mir gleich, dass Navis dort aktiv werden könnte", berichtet sie zwei Tage vor dem Abflug. Zu Hause telefonierte sie mit dem zweiten Vereinsvorsitzenden Stephan Zobel, der bestätigte, dass am Montag ein "fact finding Team" nach Kathmandu fliegen würde, um die Lage vor Ort auszukundschaften. Der Vorhut gehören der Chirurg Dr. Anton Freilinger, der Techniker Walter Unger und der Logistiker Gregor Koller an. Gemeinsam mit Mitarbeitern von "Apothekern ohne Grenzen", mit denen Navis schon bei einem Einsatz auf den Philippinen zusammengearbeitet hat, haben sie nach einem geeigneten, sicheren Einsatzort gesucht. "Wir wollen nicht dahin, wo schon andere Hilfsorganisationen sind, sondern suchen uns Nischen", erklärt Heidi Bauer.
Nach dem Telefonat überlegte die 54-Jährige nicht lange: Zwar hatte sie sich auf den bevorstehenden zweiwöchigen Urlaub gefreut, andererseits war gerade dieser Umstand günstig, um spontan die Pläne zu ändern. "Die Vertretung in meiner Praxis war ja ohnehin sicher gestellt", sagt die Allgemeinärztin.
Gerade mal drei Tage Zeit haben Heidi Bauer und ihre zwölf Navis-Kollegen, um sich auf ihren Einsatz vorzubereiten. Via Email haben die Helfer eine Liste erhalten, mit den Sachen, die sie mitnehmen müssen, unter anderem einen Schlafsack und ein Kissen. Am Mittwoch hat sich Heidi Bauer in der Kleiderkammer von Navis in Moosburg ihre "Dienstkleidung" abgeholt. Viel mitnehmen können sie bei einem Gepäck-Limit von 20 Kilo ohnehin nicht. Flugticket und Visum erhalten die Helfer am Sonntag am Flughafen, wo sie von einigen Navis-Mitgliedern verabschiedet werden.
Zum Team 1 gehören neben Heidi Bauer noch zwei weitere Ärzte, darunter ein Mediziner aus Freiburg, der aus Nepal stammt - "ein Glücksfall, dass er sich bei uns gemeldet hat", freut sich Navis-Vorsitzender Wolfgang Wagner - sowie zehn Logistiker und Techniker. Im Vordergrund steht vor allem, die Trinkwasserversorgung aufzubauen. Die dazu nötigen Geräte und die Ausstattung für das Feldhospital, zum Beispiel Medizinschränke, Röntgen- und Ultraschallgeräte, ein EKG, ein Labor und Notstromaggregate, sind ebenso wie Feldbetten und Decken bereits nach Kathmandu geflogen worden. "Die Wasseraufbereitungsanlage ist das wichtigste, weil wir sauberes Wasser für uns, die medizinische Versorgung der Patienten und natürlich für Erdbebenopfer, die keinen Zugang mehr zu sauberem Wasser haben, brauchen", erklärt die Ärztin.
Seit Samstag steht auch der Einsatzort fest: etwa 40 Kilometer nordöstlich von Kathmandu. "Mir war vor allem wichtig, dass ich mit einem erfahrenen Chirurgen wie Dr. Freilinger zusammenarbeiten kann", betont Heidi Bauer. Eine klassische Arbeitsteilung wie in Deutschland üblich, gibt es ein einem solchen Krisengebiet nicht. So wird die Hausärztin auch bei Operationen assistieren.
Auch wenn die 54-Jährige bereits für Navis in Kenia und auf den Philippinen im Einsatz war, hat sie etwas "Bammel" vor dem, was sie in dem Katastrophengebiet erwartet. Neben den schrecklichen Bildern von Tod und Zerstörung ist der Einsatz wegen der andauernden Nachbeben auch für die Helfer nicht ungefährlich. Ein Erdbeben hat die Hausärztin bisher noch nicht erlebt. "Aber viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht", stellt Heidi Bauer fest. Bis Samstag Abend hat sie noch in ihrer Praxis gearbeitet.
Voraussichtlich bis Mitte Mai wird das Team im Katastrophengebiet bleiben und versuchen, Menschenleben zu retten und den Wiederaufbau der Infrastruktur zu unterstützen.
Dann werden die Navis-Helfer von einem neuen Team abgelöst. Insgesamt wird der Einsatz wohl bis Mitte Juni dauern. "Mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln können wir etwa 10.000 Menschen versorgen. Alle Helfer arbeiten voll und ganz ehrenamtlich, so dass Spenden fast zu 100 Prozent den notleidenden Menschen zugute kommen", betont Navis-Vorsitzender Wolfgang Wagner.
Info
Spenden für die Erdbebenopfer können auf das Navis-Konto DE 66743517400000414000 bei der Sparkasse Moosburg eingezahlt werden.