Energiekrise
Habeck plant Verordnung für kältere öffentliche Gebäude
12. August 2022, 15:31 Uhr aktualisiert am 12. August 2022, 15:31 Uhr
Das Gas droht knapp und teuer zu werden im Herbst und Winter. Wirtschaftsminister Habeck dringt aufs Sparen. Und will dabei auch den Staat und seine Mitarbeiter in die Pflicht nehmen.
In öffentlichen Gebäuden soll wegen der Energiekrise mit Beginn der Heizperiode die Temperatur heruntergedreht werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kündigte vor dem Hintergrund gedrosselter russischer Gaslieferungen eine Verordnung zum Energiesparen an.
Unter anderem sollen öffentliche Gebäude nur noch auf höchstens 19 Grad geheizt werden dürfen, wie Habeck in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" deutlich machte: "Wir werden über das Energiesicherungsgesetz Verordnungen erlassen." Krankenhäuser und soziale Einrichtungen sollten ausgenommen werden.
Zudem sollten Gebäude und Denkmäler nachts nicht mehr angestrahlt und Werbeanlagen nicht beleuchtet werden, sagte der Grünen-Politiker. "Auch in der Arbeitswelt sind mehr Einsparungen nötig." Darüber werde gerade mit dem Arbeitsministerium und den Sozialpartnern gesprochen.
Im Juli hatte Habeck Eckpunkte eines neuen Energiesicherungspakets vorgelegt. Darin hieß es, es sei wichtig, dass der Gasverbrauch auch in Betrieben, Bürogebäuden und privaten Haushalten sinke. Dazu plane das Wirtschaftsministerium in enger Abstimmung mit anderen Ressorts der Bundesregierung zusätzliche Energie- und Effizienzmaßnahmen auf der Grundlage des Energiesicherungsgesetzes.
Laufzeit von sechs Monaten angesetzt
Damit der Energieverbrauch sinke, sei es sinnvoll, Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, etwa Flure, große Hallen, Foyers oder Technikräume, nicht mehr zu heizen - außer, es gebe dafür sicherheitstechnische Anforderungen. Für öffentliche Einrichtungen und Bürogebäude solle das im Zuge von Verordnungen geregelt werden. Für diese Maßnahme sei eine Laufzeit von sechs Monaten vorgesehen.
Weiter hieß es, das Ministerium werde mit den Sozialpartnern über weitere Einsparmöglichkeiten im Arbeits- und Betriebsbereich sprechen. Zudem solle es künftig untersagt werden, dass Hausbesitzer private Pools mit Gas beheizen.
In einem früheren Entwurf des Notfallplans der EU-Kommission war vorgesehen, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude bis maximal 19 Grad beheizt und mit Klimaanlagen auf nicht weniger als 25 Grad heruntergekühlt werden sollen. Dies fand sich aber in den dann präsentierten Vorschlägen nicht mehr.
Mindesttemperaturen in Arbeitsräumen sind in Deutschland in einer sogenannten Technischen Regel für Arbeitsstätten geregelt. Demnach liegen die Mindestwerte der Lufttemperatur je nach Schwere der Arbeit zwischen 12 und 20 Grad. Die 12 Grad gelten für schwere körperliche Arbeiten. Für weniger schwere Arbeiten gelten Werte von 17 bis 20 Grad. In Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen muss während der Nutzungsdauer eine Temperatur von mindestens 21 Grad herrschen.
Erhebliche Mehrkosten für Verbraucher erwartet
Die Debatte über Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger wegen stark steigender Energiepreise dauert an. An diesem Montag wird die Höhe der staatlichen Gasumlage bekanntgegeben. Das Wirtschaftsministerium ging zuletzt von einer Spanne von 1,5 bis 5 Cent je Kilowattstunde aus. Das würde erhebliche Mehrkosten für Kunden bedeuten. Habeck hatte gesagt, er rechne mit "einigen Hundert Euro pro Haushalt".
Die Umlage soll Gasversorgern zugute kommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibende, günstigere russische Gasmengen kaufen müssen, diese Kosten aber zunächst nicht an Kunden weiterreichen können.
Die Frage, ob auf die staatliche Gasumlage die Mehrwertsteuer fällig wird, ist weiter ungeklärt. Eine Sprecherin von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Freitag, man arbeite auf Hochtouren an einer Lösung der Frage und sei in einem engen Austausch auch mit der EU-Kommission. Das politische Ziel sei klar. Sowohl Lindner als auch Habeck wollen auf die Steuerbelastung bei der Umlage verzichten. Lindner hatte aber auf europarechtliche Probleme hingewiesen.
Eine Sprecherin Habecks machte deutlich, die Frage der Mehrwertsteuer sei unabhängig davon zu sehen, dass die Höhe der Umlage am kommenden Montag bekanntgegeben werden soll. Sie verwies darauf, dass die Umlage erst im Herbst greife.
Diskussion um Mehrwertsteuer
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sprach sich dafür aus, Mehrwertsteuereinnahmen aus der künftigen Gasumlage an ärmere Haushalte weiterzugeben. "Wenn es so ist, dass die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage rechtlich unumgänglich ist, dann sollten die Einnahmen daraus als monatliches Energiegeld an einkommensschwache Gruppen ausgeschüttet werden", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "So würden wir die notwendige Gasumlage auch sozial austarieren, weil kleine Einkommen etwas zurückbekommen und große Einkommen nicht."
Der niedersächsische Energieminister Olaf Lies (SPD) forderte eine Deckelung der Umlage: "Der Bund muss jetzt sehr schnell dafür sorgen, dass die geplante Gasumlage nicht wie geplant komplett und sofort auf die Kunden gewälzt wird", teilte Lies mit. "Wir müssen sie mindestens deckeln, da im schlimmsten Fall sonst zusätzliche Belastungen von bis zu 1400 Euro im Jahr auf einen 4-Personen-Haushalt zukommen." Es könne nicht sein, dass ausschließlich der Gaskunde diese Belastung tragen sollen. "Am Ende wird es nur über den Bundeshaushalt zu bewältigen sein."