Politik

Weil Debatten lohnen


Simon Nagler aus Leiblfing hat bei "Jugend debattiert" teilgenommen. "Debattieren und eine freie Meinungskultur schaffen die Grundlagen der Demokratie", findet der 15-Jährige.

Simon Nagler aus Leiblfing hat bei "Jugend debattiert" teilgenommen. "Debattieren und eine freie Meinungskultur schaffen die Grundlagen der Demokratie", findet der 15-Jährige.

Von Redaktion idowa

Ein ungewöhnlicher Anblick: Vier Jugendliche stehen sich auf der Bühne eines vollen Saales gegenüber und argumentieren über Dinge wie: Sollen Fußballstadien nur noch mit Sitzplätzen ausgestattet werden? Oder: Soll der Dialekt in Schulen stärker gepflegt werden? Themen, die normalerweise nicht zum Standardgesprächsstoff ihres Alters gehören. Sie sind Teilnehmer des Wettbewerbs "Jugend Debattiert", bei dem es darum geht, sich über wichtige gesellschaftliche Themen zu informieren und Meinungen darüber auszutauschen.

Dieser Wettbewerb begann 2001 als Projekt an 30 Schulen in Frankfurt am Main und wurde noch im selben Jahr auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten, Johannes Rau auf Bundesebene ausgeweitet. Unter präsidentieller Schirmherrschaft stellt "Jugend Debattiert" heute mit über 135 000 teilnehmenden Schülern und 5 500 Lehrkräften an rund 800 weiterführenden Schulen das größte öffentliche Förderprogramm zur sprachlichen und politischen Bildung dar. Seit 2009 wird der Wettbewerb vom bayerischen Verein der Landessieger und Freunde von Jugend Debattiert (VLFJD) unterstützt, der von ehemaligen bayerischen Landessiegern und anderen Wettbewerbsteilnehmern gegründet wurde.

Bei "Jugend Debattiert" vertreten je zwei der vier Teilnehmer eine zugewiesene Seite, das heißt entweder für ("pro"), oder gegen ("kontra") die Themenfrage, also die These. Die Debatte selbst ist in eine Eröffnungs- und Schlussrede eingeteilt, bei denen die Sprecher bei gleicher Zeit abwechselnd zu Wort kommen und ihre These erklären. Dazwischen findet die freie Aussprache statt, bei der Argumente in geordneten Redebeiträgen genannt werden und von der Gegenseite dementiert, also entkräftet werden können. Dabei bewerten die vier Juroren, Lehrer und Schüler, die Teilnehmer nach ihrer Gesprächsfähigkeit, ihrer Überzeugungskraft, ihrer Rhetorik, also ihrem Ausdrucksvermögen, und vor allem nach der Sachkenntnis. Die Sieger der Vorrunden oder der Finalrunde ihrer Altersklasse dürfen nun am Wettbewerb auf höherer Ebene teilnehmen. Geordnet sind diese in Schul-, Regional-, Landes- und Bundesebene, auf der das Finale im Beisein des Bundespräsidenten geführt wird.

Grundlage der Demokratie

Warum aber sollte man sich als Jugendlicher mit Politik und Gesellschaft beschäftigen und sich so von der Mehrheit der Jugendlichen zu unterscheiden, die laut aktueller Shell-Studie zu 86 Prozent an Politik nicht interessiert sind? Sich mit aktuellen, politischen und gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, ist nicht so langweilig, wie es zunächst scheint. Vielmehr ist es spannend, die Zusammenhänge aktueller Ereignisse zu ergründen und sich eine eigene Meinung über Probleme und öffentliche Diskussionen zu bilden. Anschließend darüber zu diskutieren, vervollständigt diese Erfahrung. So ist durch Debattieren die Grundlage der Demokratie und einer freien Meinungskultur geschaffen. Deswegen wird diese Gesprächsform auch in Parlamenten genutzt, um Beschlüsse zu erreichen. Gerade in Zeiten der Politikverdrossenheit, die sich bei der letzten Bundestagswahl an der niedrigsten Wahlbeteiligung zeigte, muss sich auch die Wählerschaft von Morgen eine Meinung bilden und für diese eintreten. Als ehemaliger "Jugend Debattiert"-Teilnehmer kann ich nur befürworten, selbst aktiv zu werden, sich zu informieren, eine Position zu bilden und zu sich mit anderen auseinanderzusetzen. Weil Debatten lohnen. Für alle.