Interview mit Datenanalyst
Mit einem Lächeln: Wie wir in Zukunft bezahlen werden
14. Mai 2019, 13:14 Uhr aktualisiert am 17. Mai 2019, 10:04 Uhr
Bargeld? Von vorgestern. Karte und Online-Banking? Sind auch in die Jahre gekommen. In der digitalen Welt ist mobiles "cashfree retail" angesagt. Christof Lanzinger, Datenanalyst beim Zukunftsinstitut in Wien, erklärt, wie wir künftig bezahlen werden.
Mit Apple Pay und dem kassenlosen Supermarkt Amazon Go wird Bezahlen per Smartphone einfach und bequem. Bei uns kommt das mobile Bezahlen aber noch nicht so recht in Schwung. Woran liegt das?
Christof Lanzinger: Das Bezahlen ist der unangenehmste Teil beim Einkaufen. Deshalb möchten wir, dass es schnell und einfach geht. Bei kleinen Beträgen finden die Deutschen das Barzahlen am bequemsten. In einigen Ländern, wie in Schweden, hat sich das aber schon gewandelt. Dort bezahlt man auch den Coffee to go oder das Busticket online oder mit Karte. Kleine Geschäfte nehmen dort oft gar kein Bargeld mehr an. Dann brauchen sie kein Wechselgeld mehr für die Kasse und müssen nicht täglich mit den Tageseinnahmen zur Bank, die Bargeld oft nur mehr gegen hohe Gebühren annimmt. In Deutschland, als Teil des Euroraumes, wird es noch eine Weile dauern, bis es dazu kommt. Je kleiner der Währungsraum, desto schneller wird das Bargeld "lästig" werden.
Welche Rolle spielt die Sicherheit?
Da muss man zwischen Datensicherheit und Diebstahl-Sicherheit unterscheiden. Bei letzterer ist Bargeld ziemlich schwach. Klaut man dir die Geldtasche, ist das Geld ganz einfach weg. Karten und Onlineüberweisungen bieten da mehr Sicherheit. Da braucht man immer noch einen PIN oder einen Fingerprint als Bestätigung für eine Zahlung. Anders ist es bei der Datensicherheit. Bargeld bietet grundsätzlich völlige Anonymität. Allerdings nur, wenn man dann auch keine Kunden- und Rabattkarten nutzt oder für irgendetwas Punkte sammelt.
Gehen wir also zu sorglos, zu großzügig, mit unseren Daten um?
Durchaus, allerdings machen wir das dann mehr oder weniger freiwillig und hoffentlich halbwegs bewusst. Wenn es nur mehr elektronisches Bezahlen gibt, ist es nicht mehr freiwillig und daher müssen diese Daten dann noch besser durch Regelungen vor Missbrauch geschützt werden.
Eine Bezeichnung, die oft im Zusammenhang mit Einkaufen genannt wird, ist Conversational Commerce. Was ist das?
Dass auch das Einkaufen im Internet einem Verkaufsgespräch im klassischen Laden immer ähnlicher wird. Über die verschiedensten Kanäle - Chat, SMS, Sprache bei Echo von Amazon und so weiter - kann man mit der Künstlichen Intelligenz (KI) eines Online-Shops über seine Anliegen kommunizieren und ohne viele Klicks seine Einkäufe tätigen. Natürlich sollte dann auch das Bezahlen so einfach wie im realen Laden gehen.
Daran sieht man, wie sich KI-Systeme weiterentwickeln. Werden bald digitale Assistenten unsere Bankgeschäfte und das Bezahlen erledigen?
Da wird es in den nächsten Jahren noch viele spannende Entwicklungen geben. Programme, die erkennen, wie viel Geld wir in der Regel im Laufe des Monats ausgeben und darauf reagieren etwa. Beispielsweise indem sie uns zur Mitte des Monats vorschlagen, wie viel wir auf die Seite legen müssen, damit am Ende des Monats gerade noch genug Geld auf dem Konto bleibt oder das sogar einfach automatisch machen. Oder biometrische Bezahlsysteme, die unser Gesicht erkennen und einem bestimmten Konto zuordnen. Das Bezahlen erfolgt dann nur noch durch eine eindeutige, zustimmende Geste. Bezahlen per Lächeln sozusagen.
Man könnte auch sagen: Geld ausgeben noch leichter gemacht ...
Ja, natürlich wird dann die Kontrolle über unsere Ausgaben schwieriger. Aber so wie man jetzt in seine Geldbörse schaut, um zu checken, wie viel noch da ist, fragt man dann einfach sein Handy, ob sich an diesem Abend noch ein Drink ausgeht. Wenn es ums Anlegen von größeren Summen geht, werden immer ausgefeiltere und schneller reagierende Programme entwickelt, die einen dabei unterstützen.
Hier findest du alle Teile der Serie New Work.
Von YES bis Kwitt
Mit welchen Technologien sich Banken für die Zukunft rüsten.
Schnell, bequem, sicher. Diesen Anforderungen an modernes Bezahlen stellen sich auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie haben etliche digitale Produkte entwickelt, um jedem Kunden eine passende Lösung zu bieten.
Josef Burgmeier von der Sparkasse Niederbayern-Mitte nennt einige Beispiele: Seit wenigen Monaten ist die Sparkassen-Internet-Filiale multibankenfähig. Das heißt, Kunden können in das Online-Banking auch Konten anderer Institute einbinden.
Mit der Stimme bezahlen
Zur Zeit werden Kontostände und Kontoumsätze angezeigt. Ab Mitte 2019 können Kunden im Online-Banking der Sparkasse neben Kontostands-Abfragen auch Transaktionen wie Überweisungen mit Konten anderer Institute veranlassen. Ab Herbst ist die Steuerung der Internet-Filiale mit der Stimme möglich. Das sogenannte Voice-Banking. Gestartet wird mit Google Home, später kommt Alexa hinzu.
Neu ist auch der kostenlose Vertrauensdienst YES. Damit beschleunigt man den Registrierungs-Prozess als Neukunde bei einem Online-Shop. Drückt der Kunde den YES-Button, werden die Daten aus dem Online-Banking an den Shop übertragen. Der Bestellvorgang beschleunigt sich, das lästige Erfassen von persönlichen Daten fällt weg.
Geld wie eine WhatsApp senden
Philipp Dengler von der Raiffeisenbank Straubing verweist auf die VR-Banking-App mit Erkennung per Fingerabdruck oder über das Gesicht (TouchID und FaceID) sowie auf die einfach gestaltete App Kwitt. Hier können Nutzer Beträge bis 25 Euro wie eine WhatsApp verschicken. Der Fachbegriff lautet Instant Payment oder Echtzeitzahlungen. Natürlich braucht man ein Girokonto im Hintergrund. Ein weiteres Beispiel ist der digitale Anlage-Assistent "MeinInvest". In einem Chat fragt das Programm Risikobereitschaft und Wünsche ab und bietet eine maßgeschneiderte Geldanlage an.
Philipp Dengler ist wie Josef Burgmeier etwas enttäuscht darüber, dass viele junge Kunden den alteingesessenen Geldinstituten nicht zutrauen, neben den klassischen Produkten auch moderne Angebote zu haben. "Dabei sind wir in jeder Hinsicht bestens aufgestellt und fürchten keinen Wettbewerb", betonen die Experten.