Fahndung läuft

Nach Flucht aus Bezirkskrankenhaus Straubing: Das sagt die Polizei

In Straubing sind vier Insassen einer psychiatrischen Einrichtung entkommen. Die Polizei fahndet mit einem Großaufgebot nach den Männern. Sie gelten als "gefährlich".


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Nach diesen drei Insassen des BKH Straubing wird aktuell gefahndet. 

Von Redaktion idowa

Seit Samstagabend befindet sich die Polizei in und um Straubing im Ausnahmezustand. Sie suchten nach vier Insassen, die aus dem Bezirkskrankenhaus (BKH) Straubing in Lerchenhaid geflohen sind. „Wir können leider noch keine Festnahme verkünden“, sagt Pressesprecherin Kathrin Hiller vom Polizeipräsidium am Montagvormittag. „Es laufen intensive Maßnahmen. Jeder Polizeibeamte in Niederbayern und darüber hinaus weiß, dass wir die vier suchen. Jeder ist sehr aufmerksam. Wir haben viele Hinweise, denen wir nachgehen.“

Am Freitagvormittag verkündete das Polizeipräsidium Niederbayern dann in einer Pressemitteilung den Ermittlungserfolg: Die Beamten haben einen der vier Flüchtigen in Österreich festgenommen. Der 28-jährige Deutsche konnte am Donnerstagabend in Steiermark durch Einsatzkräfte der Polizei widerstandslos festgenommen werden und befindet sich zurzeit in einer österreichischen JVA. Die Überstellung nach Deutschland wurde bereits beantragt.

Vor dem ersten Ermittlungserfolg


Haben die als gefährlich eingestuften Flüchtigen bereits die Stadt verlassen? Oder gönnen sie sich gerade eine Mass auf dem Straubinger Gäubodenvolksfest? Das sei „definitiv eher unrealistisch, dass sie sich gerade auf dem Volksfest aufhalten, das wäre nur auffallend“, meint Hiller. Es sei auch „sehr unwahrscheinlich“, dass sie sich noch in Alburg oder der Stadt aufhalten würden. „Zumal man sagen muss, dass wir in Alburg fast alles umgedreht haben, wir haben Feldwege und Gebäude abgesucht. Das schließen wir schon aus“, sagt die Polizeioberkommissarin. „Im Sinne der vier Männer ist natürlich: ‚ich suche das Weite, ich will weg‘“, versetzt sie sich in die Täter.

Ähnlich äußert sich Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr im Gespräch mit unserer Mediengruppe. Auch er denkt, dass die Männer das Weite gesucht haben, steht in engem Austausch mit der Polizei. Er verstehe, dass so ein Ausbruch Ängste und Sorgen in der Bevölkerung auslöst. „Ich bin unserer Polizei dankbar, dass sie so schnell, so stark reagiert hat, um klar zu zeigen: Wir sind da", sagt der OB.

Fahndung dauert an 

Die Polizei fahndet weiter nach den vier Straftätern. Die Gebietsabsuche nach den Männern sei inzwischen eingeschränkt, sagte ein Polizeisprecher am frühen Montagmorgen. Man suche etwa, wenn es entsprechende Hinweise aus der Bevölkerung gebe. Ferner werde im sozialen Umfeld der Flüchtigen ermittelt, etwa mittels Befragungen oder Durchsuchungen.

Am frühen Sonntagnachmittag gab die Polizei in einer Pressekonferenz Auskunft zu den Geflohenen. "Grundsätzlich gelten die Männer als gefährlich. Wir wollten diesen Hinweis der Bevölkerung auch schnellstmöglich mitteilen, um die Bevölkerung zu schützen", betonte Polizeioberkommissarin Kathrin Hiller. Weiterhin gelte: Verdächtige Personen sollen nicht angesprochen werden, Bürger sollten umgehend die 110 wählen. Beim BKH Lerchenhaid handelt es sich um eine geschlossene Einrichtung, sagte Hiller. "Die vier Männer befanden sich im Maßregelvollzug. Es handle sich um 'verurteilte Straftäter, die im Rahmen einer Therapie ihre Strafe absitzen'".

Video zum Thema:

Die Polizei war am Samstag kurz nach 21 Uhr mit mehreren Streifenwagen und einem Hubschrauber ausgerückt. Trotz des Einsatzes eines Polizeihubschraubers und von Suchhunden ist die Suche bisher nicht von Erfolg gekrönt. Am Sonntagvormittag sollen die geflohenen Insassen an der Autobahn bei Rosenhof gesehen worden sein. Doch eine Polizeistreife, die nachschaute, kam von der Straße ab. Zahlreiche Zeugenhinweise seien eingegangen und würden ausgewertet, sagte später ein Sprecher am Abend. Immer wieder kämen Hinweise, sagte am Abend ein Sprecher. Leider habe noch keiner zu einem Erfolg geführt. Die Männer - zwei sind 28, die anderen 27 und 31 Jahre alt - gelten als "gefährlich", wie es hieß.

Drei der vier geflohenen Straftäter waren nach Behördenangaben zuvor bereits auffällig geworden. Bei ihnen sollte der Abbruch der Therapie angeregt werden, teilte am Abend eine Sprecherin des Bezirkes Niederbayern mit. Einer der Männer habe vor Kurzem einen sogenannten Lockerungsmissbrauch begangen. Details hierzu waren zunächst nicht bekannt.

Weitere Person war nach Angaben der Polizei beteiligt

Nach aktuellem Ermittlungsstand sollen die vier Patienten des BKH Lerchenhaid zunächst einen Mitarbeiter des Klinikums bedroht und attackiert haben. Sie hätten ihn festgehalten und so die Öffnung der Pforte am Haupteingang erzwungen. Danach hätten sie den Mitarbeiter freigelassen und seien zu Fuß in Richtung des Stadtteils Alburg geflohen. Der Mitarbeiter sei im Gesichtsbereich verletzt in ein Krankenhaus gebracht worden.

"Eine Waffe im eigentlichen Sinn wurde nicht eingesetzt", sagte Hiller bei der Pressekonferenz am Sonntag. Es habe sich um "stumpfe Gegenstände" gehandelt. Ob der Mitarbeiter zu dem Zeitpunkt allein mit den vier Männern war, dazu konnte Hiller aus ermittlungstaktischen Gründen keine Aussagen treffen. Es sei noch eine weitere Person beteiligt gewesen, die sich an der Pforte befand, sagte Hiller. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Geiselnahme und Körperverletzung.

Welchen Weg die Täter Samstagnacht nach Alburg nahmen, dazu konnte sich Hiller nicht weiter äußern. Aber: "Es ging schon in Richtung Alburg." Am Sonntagvormittag waren in Alburg selbst kaum mehr Polizisten zu sehen. "Wir haben mit einem Großaufgebot gesucht", sagte Hiller. Sogar Feldwege und Scheunen waren in die Suche eingeschlossen. "Wir haben bislang kein Ergebnis." Die Alburger Bürger können jedoch davon ausgehen, dass sich keiner der Täter mehr in diesem Ortsteil befindet. "Aber natürlich sind wir auch dort mit einer Präsenz vor Ort." Die Fahndung laufe in der gesamten Region auf Hochtouren.

Zwei der Männer seien wegen Drogendelikten und zwei wegen Diebstahls in der Klinik untergebracht, sagte bereits zuvor ein Polizeisprecher. Für alle vier sei ein Entzug angeordnet worden.

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In der Maßregelvollzugsklinik in Lerchenhaid sind psychisch kranke Straftäter untergebracht. (Archiv)

Die vier Flüchtigen können wie folgt beschrieben werden:

 

1. ELER Denis, bosnisch

  • 31 Jahre alt
  • ca. 88 kg
  • ca. 178 cm groß
  • muskulöse/schlanke Statur
  • Narbe an rechter Augenbraue
  • schwarze Haare
  • schwarzer (Voll)Bart
  • Tattoos: linker Unterarm, rechte Hand, linkes Ohr
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Eler Denis


2. KÜHLBORN Moritz, deutsch

  • 28 Jahre alt
  • 85 kg
  • ca. 186 cm groß
  • sportlich, schlanke Statur
  • rasierte Haare (Glatze)
  • Kinnbart
  • Tattoos an beiden Armen/Händen und linker Wade
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Kühlborn Moritz

4. BEQIRI Zeqir, kosovarisch

  • 27 Jahre alt
  • ca. 70 kg
  • ca. 185 cm groß
  • normale Statur
  • lange dunkelblonde/braune Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden
  • Vollbart
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Beqiri Zeqiri

Mulmiges Gefühl bei vielen Alburgern

Während Samstagnacht am Straubinger Gäubodenvolksfest ausgelassene Stimmung herrschte, war die Situation in Alburg gespenstisch. Von der Ferne flackerte Blaulicht vor dem BKH Lerchenhaid. Polizeiwagen, manche mit Blaulicht, manche ohne, fuhren durch den Ortsteil, wenige Minuten später gefolgt von dunklen Autos, offensichtlich Zivilfahnder. Dazu das Rattern des Polizeihubschraubers, der jedoch selbst ohne Licht flog und in der Dunkelheit am Himmel nicht erkennbar war. Teils leuchtete der Hubschrauber, beispielsweise im Bereich der Kreuzbreite, Straßen und Gärten aus.

Viele Alburger griffen zum Smartphone und kontaktierten sich untereinander, berichteten, was in ihrer Straße gerade zu sehen ist. Manche Alburger, die gerade noch auf dem Volksfest waren, trauten sich nicht mehr, mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren oder zu Fuß zu gehen und versuchten, ein Taxi zu ergattern, andere erhielten Anrufe von daheim, vorsichtig zu sein. Gegen 0.30 Uhr war der Hubschrauber plötzlich nicht mehr zu hören. Am Sonntagmorgen wirkte der Ortsteil so, als wäre nichts gewesen. Bei vielen Alburgern aber bleibt ein mulmiges Gefühl.

Zuletzt einige Entweichungen bei Freigängen

In der Vergangenheit gab es bereits mehrere Vorfälle, bei denen Patienten aus dem Bezirkskrankenhaus entwichen sind. Erst Ende Juni ist ein Patient entwichen. Vor einem halben Jahr, im Dezember 2023, kehrten zwei suchtkranke Männer nach Lockerungsmaßnahmen von ihrem Freigang nicht zurück. Im Sommer 2021 entfernte sich ein Mann ebenfalls bei einem Freigang.

Erst vergangene Woche war zudem ein Insasse des Bezirkskrankenhauses Mainkofen im niederbayerischen Deggendorf geflohen - allerdings während eines begleiteten Freigangs. Der Mann entkam seinen Begleitern während eines Kinobesuchs in Plattling und wurde knapp acht Stunden später von der Polizei gefasst und in die Klinik zurückgebracht.

Info

Beim Bezirkskrankenhaus Straubing handelt es sich um eine Fachklinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie. Sie ist eine Maßregelvollzugseinrichtung und therapiert psychisch kranke und suchtkranke Straftäter. Es gibt 16 Behandlungseinheiten mit 230 Therapieplätzen für Personen aus den Kreisen Straubing-Bogen, Dingolfing-Landau, Landshut, Kelheim und Rottal-Inn sowie aus den Städten Straubing und Landshut.

6 Kommentare:


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Thomas S.

am 19.08.2024 um 15:07

nett zu lesen, wo die Polizei sie nicht mehr vermutet: In Alburg und aufm Gäubodenfest. Als Flüchtiger würd ich genau dort hin laufen



Alfred A.

am 19.08.2024 um 15:45

Schon lange weise ich daraufhin, dass Psychologen "Theoretiker" sind. Die Herren Leiter der Anstalten, auch JVA`s sind ja so schlau, auch wenn sie von der Praxis keine Ahnung haben, schlau sprechen können sie aber. Es wäre oft nicht schlecht, einen Bediensteten zu Rate zu ziehen, denn der kennt die Praxis.



Johann L.

am 18.08.2024 um 11:00

1.000 Polizisten derzeit in Straubing - und VIER Personen können so einfach flüchten. Da fehlt's doch VOLL am Sicherheitskonzept. Wenn Geiseln genommen werden/wurden muss doch SOFORT ein (automatisierter) Alarm an die Polizei rausgehen. --- Die ganze Ausbruchs-Aktion hat doch bestimmt viele, viele Minuten gedauert - und die Anstalt ist genau 3.400 Meter (!) von der Polizeidienststelle entfernt. ---- "FRAGEN über FRAGEN tun sich da auf!"



Eduard K.

am 17.08.2024 um 23:37

Keine Patienten, das sind Häftlinge, Schwerverbrecher. Seit Stunden kreisen Polizei Hubschrauber über SR. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Herrn Prof. Dr. Joachim Nitschke, Leiter der Psychiatrischen Haftanstalt dort.



Eduard K.

am 20.08.2024 um 20:41

Ok, meine Äußerung zu Herrn Prof. Dr. N. war vielleicht nicht angebracht, ich kenne ihn nicht, entschuldigung. Es ist halt der einzige Name, der im Bezug zum BKH-SR in der Presse bekannt ist. Das System sollte aber wirklich hinterfragt werden, wird es aktuell auch, und es wird nichts rauskommen, da bin ich mir sicher.



Walter S.

am 18.08.2024 um 12:08

ACK Eduard, dass Fragen gestellt werden sollten. Nur - man sollte nicht den Leiter fragen, der eine bekannte forensische Größe ist und professionel seine Arbeit macht. Sondern sich an eine ferne Behörde wenden, die systematisch seit Jahren ohne jeglichen psychiatrischen, geschweige denn forensischen Sachverstand die Sicherheit im BKH SR zerstört hat. Neugierig? Dann schauen Sie bitte hier: https://www.zbfs.bayern.de/massregelvollzug/amt/index.php. Das sind Juristen, meistens Berufsanfänger (zumindest 2015 gewesen), die sich jedoch wie die Allwissenden von der Welt gebärden und ohne jegliche Kritik oder Kontrolle ihr destruktives Tun nicht nur in SR, sondern auch in anderen forensischen Einrichtungen des Freistaats verrichten. Und das Traurige - diese wahren schuldigen an dieser noch laufenden Katastrophe werden weder von der Presse, noch von den Aufklärungsorgangen als solche genannt. Wollen wir wetten?



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