Kriminalität

Früherer US-Soldat soll junge Geliebte getötet haben


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Der Angeklagte sagt zu Prozessbeginn zunächst nichts zu den Vorwürfen.

Von dpa

Die Tat ist fast 47 Jahre her, viele Zeugen von damals sind bereits Rentner. So auch der Angeklagte: 70 Jahre alt, US-Amerikaner, verheiratet, früher Manager. Der Mann war 1978 als Angehöriger der US-Streitkräfte in Schweinfurt stationiert, hatte Frau und Sohn - und eine Geliebte, wie Oberstaatsanwalt Markus Küstner zu Prozessauftakt vor dem Landgericht Schweinfurt schildert. Und diese Frau, 18 Jahre jung, angehende Erzieherin, soll von dem damaligen Soldaten ein Kind erwartet haben. Ob das stimmt, bleibt abzuwarten.

Nach Darstellung der Anklage traf sich das Paar am 20. April 1978. Der Angeklagte, damals 24, soll mit der jungen Frau zu einem Feldweg zwischen Unterspießheim und Kolitzheim nahe Schweinfurt gefahren sein. Dort soll die 18-Jährige ihrem Geliebten von der angeblichen Schwangerschaft erzählt und damit gedroht haben, seine Ehefrau einzuweihen.

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Die Kammer hat sechs Verhandlungstage angesetzt.

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Die Staatsanwaltschaft sieht einen Mord gegeben.

Daraufhin "stach der Angeklagte mit einem mitgeführten Bajonettmesser 14 Mal (...) von hinten auf die ihm lästig gewordene Geschädigte ein", sagt Küstner. "Dabei hatte er die Absicht, sie umzubringen und dadurch zu verhindern, dass die Geschädigte ihre Ankündigung in die Tat umsetzt, die Frau des Angeklagten über ihr Verhältnis" zu informieren.

"Es ist schon so lange her", sagen die geladenen Zeugen immer wieder. "Ich kann mich fast nicht mehr erinnern", meint eine 73-Jährige, die damals auf dem Feldweg ein Fahrzeug gesehen haben will, womöglich mit einem Liebespärchen. "Ich sah im Feldweg ein Auto stehen, wie oder was, weiß ich nicht mehr."

Zwei Männer, heute 68 und 76 Jahre alt, berichteten vor Gericht, wie sie die Leiche der jungen Frau fanden. "Wir sind früh auf die Frühschicht gefahren. Wir waren drei Leut‘", erzählt der 68-Jährige. Im Zuckerrübenfeld habe er etwas Rotes gesehen. Daher hätten sie angehalten und seien näher rangegangen. "Ich hab' gesehen, dass eine Frau, leicht bekleidet, dort liegt. Der müssen sie irgendwas angetan haben", habe er damals gedacht. Die 18-Jährige habe auf dem Bauch gelegen, mit dem Gesicht nach unten. "Wir haben sie nicht angefasst."

Der 76-Jährige hatte nach eigenen Worten gleich die Vermutung, dass das Opfer mehrere Messerstiche erlitten habe. Die grüne Wollstrickjacke der jungen Frau sei auf dem Rücken an mehreren Stellen durchlöchert gewesen. Ansonsten sei sie vollständig bekleidet gewesen, roter Rock, Strümpfe, Schuhe. Eine braune Handtasche lag neben der leblosen Frau.

Zu Prozessbeginn sagt zudem ein Mann aus, der damals ebenfalls der Freund der 18-Jährigen gewesen sein will: "Ich hatte keine Anhaltspunkte, hab' von nichts gewusst und habe nichts vermutet in dieser Hinsicht", beteuert der heutige evangelische Pfarrer auf eine Frage des Gerichts, ob er von der anderen Liebschaft seiner Freundin mit dem US-Amerikaner wusste.

"Wie dem Angeklagten bewusst war, hatte die Geschädigte bis zum Beginn seines tödlichen Angriffs nicht damit gerechnet, seitens ihres bisherigen Liebhabers eines Angriffs auf ihr Leben ausgesetzt zu sein", sagt Oberstaatsanwalt Küstner. "Infolgedessen hatte sie keine Möglichkeit, den Angriff erfolgreich abzuwehren oder rechtzeitig zu flüchten." Der Angeklagte habe heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen gehandelt - zwei Merkmale für einen Mord.

So viele Jahre nach der Tat sind alle Delikte außer Mord bereits verjährt. Ist aus Sicht der Kammer dem Mann ein Tötungsdelikt nicht nachzuweisen oder hat er sich nach dem festgestellten Sachverhalt nicht strafbar gemacht, erfolgt ein Freispruch.

Wenn die Kammer davon ausgeht, dass der Angeklagte ein Tötungsdelikt begangen hat, es aber kein Mord war, so kann ebenfalls ein Freispruch erfolgen. Geht die Kammer von einem anderen Delikt wie beispielsweise Totschlag aus, könnte eine Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung geboten sein.

Reichen aus Sicht des Gerichts allerdings die Beweise, die dem 70-Jährigen einen Mord nachweisen, wird es ein Urteil mit Strafzumessung geben. Für den Prozess sind insgesamt sechs Verhandlungstage angesetzt.

Der Angeklagte selbst und seine Verteidiger sagen zunächst nichts zu den Vorwürfen der Anklage.

Dank moderner Kriminaltechnik war es Experten des Landeskriminalamtes im Zuge neuerlicher Ermittlungen in dem bisher ungelösten Fall gelungen, DNA-Spuren an der Kleidung des Opfers auszuwerten. Diese Ergebnisse und Zeugenaussagen belasten den früheren Soldaten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft schwer.

Der 70-Jährige wurde 2023 im US-Bundesstaat Nebraska festgenommen und später nach Deutschland ausgeliefert. In seinen früheren Vernehmungen hatte er die Tat stets bestritten.