Schüsse bei Polizei-Einsatz

Polizei erschießt psychisch Kranke im Supermarkt


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Die Getötete ist eine 31-Jährige aus München.

Von dpa

In einem Münchner Supermarkt haben Polizisten eine psychisch kranke Frau erschossen. Wie die Polizei mitteilte, hatte die 31-Jährige die Beamten mit einem Küchenmesser bedroht.

Nach Polizeiangaben hatte es zuvor einen Anruf einer Passantin gegeben. Sie war Zeugin einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen der 31-Jährigen und einem Mann am zwei U-Bahn-Stationen von dem Supermarkt entfernten Goetheplatz in München geworden und hatte daraufhin die Polizei alarmiert. Sie folgte der Verdächtigen und führte die Polizisten zu dem Supermarkt, in dem die Frau sich befand.

Von den Geschehnissen im Supermarkt gibt es Aufzeichnungen einer Überwachungskamera, die nun von der Polizei ausgewertet werden. Wie der Sprecher des Münchner Polizeipräsidiums, Andreas Franken, mitteilte, waren zwei Streifen mit insgesamt vier männlichen Beamten zum Supermarkt gefahren. Die vier Männer sprachen die Frau an, dann habe diese zu einem Küchenmesser gegriffen, das sie bei sich gehabt habe. Sie habe die Polizisten bedroht, diese hätten daraufhin Pfefferspray eingesetzt und mehrfach gefordert "Messer weg, Messer weg!" Als diese Aufforderungen keine Wirkung gezeigt hätten, hätten zwei der Polizisten daraufhin insgesamt vier Schüsse abgegeben, von denen "mehrere" die Frau trafen. Wie viele genau, teilte die Polizei zunächst nicht mit. Die Distanz zwischen der 31-Jährigen und den Polizisten sei sehr gering gewesen, habe nur ein bis zwei Meter betragen.

"Es war ein sehr kurzer Zeitraum, es war ein sehr dynamischer Ablauf", sagte Polizeisprecher Franken. Um 18.40 Uhr sei der Anruf der Passantin bei der Polizei eingegangen, um 18.50 Uhr hätten die Beamten den Supermarkt betreten. Supermarktkunden habe die 31-Jährige nicht bedroht. Es gebe "keine Erkenntnisse, dass die Frau dort drinnen jemand anderen angegriffen haben könnte", sagte Franken. Sie habe das "Messer erst nach Ansprache durch die Beamten gezogen".

Die Frau lebte laut Polizei einige Kilometer vom Supermarkt entfernt im Münchner Osten und war polizeibekannt - wegen Betäubungsmittel- und "Aggressionsdelikten". Außerdem wurde sie den Angaben zufolge vor dem Vorfall dreimal polizeilich in einer Psychiatrie untergebracht, weil sie eine Gefahr für sich selbst oder andere dargestellt habe. Ob sie auch bei den Schüssen am Montagabend unter Drogeneinfluss stand, war zunächst unklar. Die Leiche der Frau wurde am Dienstag obduziert.

Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft ermitteln nun, ob der Schusswaffengebrauch rechtmäßig war. Das sei in einem Fall wie diesem Standard, sagte der LKA-Sprecher. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen zu den Vorwürfen gegen die 31-Jährige übernommen. Dazu seien bereits Zeugen befragt und Videoaufzeichnungen gesichert worden. Außerdem wurde eine Zeugensammelstelle eingerichtet, an die sich auch zum Tatzeitpunkt Supermarktkunden wenden können, wenn sie nach den Geschehnissen vom Montagabend psychologische Unterstützung brauchen. Auch die beteiligten Polizeibeamten werden psychologisch betreut.

Dass Menschen in Deutschland von Polizisten getötet werden, kommt immer wieder vor - so zum Beispiel erst im Juli in Mittelfranken. Ein 34-Jähriger soll am S-Bahnhof in Lauf an der Pegnitz drei Bundespolizeikräfte mit einem Messer angegriffen haben. Eine Beamtin soll daraufhin geschossen und ihn im Bauch getroffen haben. Der Mann starb an seiner Verletzung. In München hat es nach Angaben des Polizeipräsidiums seit Jahren keinen solchen Fall mehr gegeben, der jüngste, auf den Polizeisprecher Franken in seiner Recherche stieß, stammt aus dem Jahr 2010. Seinen Angaben zufolge gaben Polizisten in der bayerischen Landeshauptstadt 2023 nur drei Warnschüsse ab, auf Menschen wurde im vergangenen Jahr demnach überhaupt nicht geschossen.

Der bayerische Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte nach dem Vorfall in München, dass auch Streifenpolizisten im Freistaat mit Tasern ausgestattet werden sollten. Bisher seien vor allem Spezial- und Unterstützungseinheiten damit bewaffnet.

Gerade bei Angreifern in psychischen Ausnahmesituationen könnten die Distanz-Elektroimpulsgeräte aber Beamten schützen und Angreifer vor schwereren Verletzungen bewahren, sagte der Landeschef der Gewerkschaft, Jürgen Köhnlein. Bei Messerangriffen müsse aber auch beim Einsatz von Tasern "immer ein Kollege mit bereits gezogener Waffe zur Absicherung dabeistehen".


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