Bayern

Die Geburtsklinik bleibt - erst einmal

Mit einer Petition haben die Hebammen bewirkt, dass der Kreißsaal in Neuperlach vorerst nicht geschlossen wird.Doch für eine hat der Arbeitskampf Folgen


23 383 Unterschriften haben die Hebammen, die für den Erhalt ihres Kreißsaals in Neuperlach kämpfen, gesammelt. Das hat sich gelohnt: Zumindest bis 2028 bleibt die Geburtsstation erhalten.

23 383 Unterschriften haben die Hebammen, die für den Erhalt ihres Kreißsaals in Neuperlach kämpfen, gesammelt. Das hat sich gelohnt: Zumindest bis 2028 bleibt die Geburtsstation erhalten.

Von Christina Hertel

München - Mehr als 23 000 Unterschriften haben die Hebammen, die im Klinikum Neuperlach arbeiten, gesammelt, um ihren Kreißsaal zu erhalten. Denn die Geburtsstation dort soll mit der in Harlaching zusammengelegt und ausgebaut werden.

Am Freitagvormittag haben Hebammen die Unterschriften symbolisch bei einer Kundgebung auf dem Odeonsplatz an die Fraktionsvorsitzende der SPD Anne Hübner übergeben. Und die kündigte an: Noch diesen Herbst werde der Stadtrat beschließen, dass die Geburtsklinik zumindest bis 2028 bleiben soll.

Ein Versprechen, dass der Kreißsaal in Neuperlach für immer bleibt, gab Hübner allerdings nicht ab. "Es wird schwierig, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern", sagte die SPDlerin. Tatsächlich werden die städtischen Krankenhäuser, zu denen die Klinik Neuperlach gehört, wohl auch in diesem Jahr ein Rekordminus von knapp 90 Millionen einfahren. Das hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Hübner forderte deshalb mehr Unterstützung von Bund und Land.

"Es ist eh klar, dass wir weiter nerven", sagte Hebamme Sisko Stenzel. Denn Ziel der 50 Hebammen aus Neuperlach ist der dauerhafte Erhalt ihres Kreißsaals. Warum ihnen und über 23 000 anderen Menschen ausgerechnet diese Geburtsklinik so wichtig ist? Weil die Arbeit dort offenbar gut läuft.

Eine Mutter, die dort vor drei Monaten ihr zweites Kind zu Welt brachte, schildert auf der Bühne am Odeonsplatz, wie viel wohler sie sich in Neuperlach gefühlt habe - im Vergleich zu der großen Klinik, wo ihre erste Geburt stattfand.

"Mit schneiden, drücken und ziehen", habe sie dort entbunden. Ein halbes Jahr habe es gedauert, bis sie heilte. In Neuperlach sei alles anders gewesen, eine "Traumgeburt", bei der sie sich professionell und persönlich begleitet gefühlt habe. Tatsächlich ist die Kaiserschnittrate in Neuperlach die niedrigste Bayerns - was auch daran liegt, dass dort keine Risiko-Geburten durchgeführt werden.

Von dem Einsatz der Hebammen für ihren Kreißsaal ist die Chefetage der München Klinik offensichtlich nicht begeistert. Hebamme Leonie Lieb, die vor ein paar Monaten auch mit der Abendzeitung gesprochen hatte, bekam eine Abmahnung. Dies geschah, nachdem sie der "Jungen Welt", einer marxistisch orientierten Tageszeitung, ein Interview gegeben hatte. Lieb ist selbst in einer Gewerkschaft aktiv und rief dazu auf, dass sich mehr Pfleger und Hebammen gewerkschaftlich engagieren sollen.

Helga Schmid von Verdi glaubt: "An Leonie Lieb will die Klinikleitung ein Exempel statuieren. Nach dem Motto: Schaut, was passiert, wenn ihr euch äußert." Der Arbeitskampf sei der Klinik ein "Dorn im Auge".

Tatsächlich gibt es eine Dienstanweisung, dass sich Klinikmitarbeiter mit der Pressestelle absprechen müssen, wenn sie sich in Medien äußern wollen. Leonie Liebs Anwalt Timo Winter hält diese Anweisung für nicht rechtmäßig. Es gebe schließlich ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Er werde gegen die Abmahnung klagen. Denn eine zweite Abmahnung könne zur Kündigung führen.

Auch SPD-Chefin Hübner hält die Reaktion für überzogen: "Keiner sollte Ärger bekommen, weil er sich für den Erhalt seines Arbeitsplatzes einsetzt. Das muss eine Demokratie aushalten." Die München Klinik weist darauf hin, dass sie keine Äußerungen beschränke, aber verlange, dass vor Medienkontakten eine Abstimmung erfolgt. Leonie Lieb sei mehrfach darauf hingewiesen worden.