Essbares im Müll

Lebensmittelverschwendung: Was macht die Bundesregierung?


Verschwendet: Obst-, Gemüse- und andere Lebensmittelabfälle lagern in einer Bio-Aufbereitungsanlage. In Deutschland landen viele Lebensmittel, die noch genießbar wären, im Müll.

Verschwendet: Obst-, Gemüse- und andere Lebensmittelabfälle lagern in einer Bio-Aufbereitungsanlage. In Deutschland landen viele Lebensmittel, die noch genießbar wären, im Müll.

Von Tabitha Nagy

Das Bundeskabinett will erreichen, dass in Deutschland weniger Lebensmittel in der Tonne landen. Wie das gelingen soll - und wie die Strategie ankommt.

München - Das massenhafte Wegwerfen wertvoller Lebensmittel in Deutschland soll deutlich verringert werden - aber ohne Verbote für Supermärkte. Das Kabinett beschloss dafür gestern eine Strategie von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner.

Die CDU-Politikerin sprach von einer "vereinten Kraftanstrengung", um Lebensmittelabfälle im Einzelhandel und bei privaten Haushalten bis 2030 zu halbieren. In Deutschland würden jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Allein in den Privathaushalten seien es 55 Kilo pro Kopf im Jahr. Das Thema im Überblick:

Die Lebensmittelkette

Verbesserungen werden von der Ernte bis zum Teller angestrebt. Dafür sind fünf "Dialogforen" mit Vertretern von Unternehmen, Verbänden, Ländern und Wissenschaft vorgesehen, die Maßnahmen erarbeiten sollen. Definiert werden sollen Zielmarken, die der jeweilige Bereich - auf freiwilliger Basis- umsetzen soll: Bauern, Verarbeiter, Groß- und Einzelhandel, die Außer-Haus-Verpflegung der Gastronomie sowie private Haushalte.

Die Lösungsansätze

Um Verluste zu vermeiden, sollen etwa Prozesse in der Wirtschaft verbessert werden: passendere Bestellmengen, kleinere und häufigere Warenlieferungen, Verteilung von Produkten zwischen Filialen, besondere Preisaktionen. Junge Familien und Jugendliche sollen mit Internet-Informationen sensibilisiert werden.

Bund und Länder sollen prüfen, ob es Hürden fürs Weitergeben unverkaufter Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen gibt, etwa bei der Haftung. Geplant ist auch Forschungsförderung in Höhe von 14 Millionen Euro.

Die Probleme

Unnötige Verluste können an diversen Stellen entstehen: bei Transport und Lagerung, durch beschädigte Packungen, Störungen bei der Kühlung, zu große Portionen oder zu üppig befüllte Buffets in Restaurants. Auch Verbraucher kaufen schon mal zu viel ein, ohne an die Haltbarkeit zu denken. Nicht alle Restaurants bieten zudem von sich aus Möglichkeiten an, Reste für zu Hause einzupacken.

Die Daten

Eine von 2012 stammende Studie für das Ministerium rechnete hoch, dass etwa ein Viertel der jährlich konsumierten Lebensmittel ohne Getränke auf dem Müll landet: rund elf Millionen Tonnen. Davon entfallen 61 Prozent auf Privathaushalte, je 17 Prozent auf Industrie und Großverbraucher wie die Gastronomie sowie fünf Prozent auf den Handel. Auch in der Landwirtschaft gibt es Verluste.

Abfälle bei Verbrauchern

Unnötig in der Tonne landen relativ viel frisches Obst und Gemüse, Brot und gekochte Speisen. Um ungeöffnete Packungen geht es eigentlich selten, aber deutlich öfter, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum der Wegwerfgrund ist.

Es wird mehr Verbindlichkeit gefordert

Handel und Lebensmittelbranche begrüßten die Pläne grundsätzlich. Auch Umweltschützer sprachen von Schritten in die richtige Richtung, forderten aber mehr Verbindlichkeit. Verantwortung dürfe nicht auf Hilfsorganisationen ausgelagert werden, warnte der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund). Linke-Verbraucherpolitikerin Amira Mohamed Ali sagte: "Wir brauchen gesetzliche Vorgaben und nicht nur neue Diskussionsrunden."

Lesen Sie hier: Kabinett beschließt Pläne für weniger Lebensmittelabfälle

Lesen Sie hier: Geht Bio wirklich billig?

Lesen Sie hier: Wirtschaft reduziert Einweg-Plastik in Kantinen