Überblick

Thomas Tuchel beim FC Bayern: Die Ära des neuen Trainers startet mit einem Knall

Mit dem Spitzenspiel gegen Dortmund geht die Ära von Thomas Tuchel beim FC Bayern gleich mit einem Knaller los. Der Neu-Trainer macht einiges anders als Vorgänger Julian Nagelsmann. Ein Überblick der AZ.


Auftakt mit einem Kracher: Thomas Tuchel ist in seinem Debüt als Bayern-Trainer am Samstag gleich gegen Borussia Dortmund gefordert.

Auftakt mit einem Kracher: Thomas Tuchel ist in seinem Debüt als Bayern-Trainer am Samstag gleich gegen Borussia Dortmund gefordert.

Von Patrick Strasser

München - Als Thomas Tuchel am frühen Freitagnachmittag an der Säbener Straße mit den Reportern erstmals vor einem Spiel zusammensaß, ging über Untergiesing-Harlaching ein kräftiges Gewitter samt Mega-Schauer hernieder.

Tuchel strahlte aber über das ganze Gesicht. Aus jeder Pore strömte die Freude über seinen neuen Job beim FC Bayern, die Vorfreude auf das Duell mit Borussia Dortmund am Samstag in der Allianz Arena (18.30 Uhr, Sky). Bevor es losging, scannten seine blauen Augen alles ab. In den 38 Minuten, eine äußerst lange Fragerunde, zeigte er sich aufgeschlossen und freundlich, lächelte viel. Sprüche klopfen, das ist nicht sein Ding. Das oft lauthalse Lachen seines Vorgängers über so manch eigenes Witzchen hallt noch nach in den Ohren der ständigen Begleiter. Dass der früher so bärbeißige Tuchel in München seit seinen ersten Arbeitstagen jedem Ordner persönlich die Hand schüttelt, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.

"Mir ist ein respektvoller Umgang wichtig, das ist die Grundbedingung", sagte er: "Pünktlich, höflich, freundlich - das muss ich sein, dann kann ich es auch von anderen erwarten. Auch der Ordner möchte gewinnen und tut alles dafür."

Womit er einige seiner Werte umriss. Die Stimmung hat sich gedreht an der Säbener Straße nach der Entlassung von Julian Nagelsmann vor gut einer Woche. Aus Anspannung wurde Aufbruchstimmung. "In den ersten paar Tagen ging es darum, ein Gefühl für einander zu bekommen. Die gute Nachricht ist, dass jeder Bock hat und sich zeigen will", sagte der 49-Jährige, der auch Mittelfeldspieler Jamal Musiala (machte das Abschlusstraining mit) nach seinem Muskelfaserriss einsetzen könnte. Aufgrund der großen Spielerauswahl - nur Mathys Tel fällt aus - ersuchte Tuchel bereits um Vergebung: "Die Aufstellung kann ein bisschen unfair werden, weil ich wenige Argumente habe, jemanden draußen zu lassen." Vieles neu und anders macht der Tuchel, was im Einzelnen zeigt die AZ:

Die Teamsitzungen: Unter Nagelsmann drehte es sich, so beklagten Spieler, zu sehr um taktische Details. Tuchel ging nach der Devise "Weniger ist mehr" vor und sagte: "Wir wollen die Spieler nach der turbulenten Woche nicht überfrachten."

Die Ansprache: Tuchel suchte sofort den persönlichen Draht, über Einzelgespräche - oder einen liebevollen Tritt in den Hintern bei Leroy Sané und Benjamin Pavard. Nun redete er seine Profis öffentlich stark. "Das Team hat ein unglaubliches Potenzial, kann unfassbare Wucht haben. Es sind viele Spieler im Kader, die ich mal trainieren wollte. Ich habe der Mannschaft gesagt, dass ich mich wirklich auf jeden Einzelnen freue." Das schafft trotz des Konkurrenzkampfes ein gutes Gefühl.

Die Nachsicht: Alle Profis bekamen uneingeschränkten Vertrauensvorschuss. Auch Joshua Kimmich und Leon Goretzka, die sich sehr herzlich bei Nagelsmann, mit dem sie sehr eng waren, bedankt hatten. "Das ist total okay, die Enttäuschung verständlich", so Tuchel: "Joshua ist ein Spieler, der den FC Bayern verkörpert - und zusammen mit Manuel Neuer und Thomas Müller ein sehr wichtiger Spieler. Es ist ein Geschenk, mit solchen Spielern zusammenzuarbeiten. Ich habe keine Vorbehalte gespürt."

Das Gespür für Hoeneß: Erneut unterstrich er die Bedeutung von Ehrenpräsident Uli Hoeneß. "Es war mir ein großes Anliegen, mit ihm zu sprechen. Ich wollte ihm sagen, dass ich mein Bestes gebe, um auf seinen Klub aufzupassen. Der FC Bayern ist Uli Hoeneß und Uli Hoeneß ist der FC Bayern. Im Alltag sind andere meine Ansprechpartner, und damit fühle ich mich wohl." Er meinte Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Marco Neppe, den Technischen Direktor.

Die Feinfühligkeit: Während sich Nagelsmann des Öfteren, meist nicht mal in böser Absicht, bei Themen zu anderen Vereinen (FC Barcelona, Tottenhams Ex-Trainer Conte, etc.) verbal verzettelte, blieb Tuchel angesprochen auf seine BVB-Zeit (2015-2017) und das Zerwürfnis, das zu seinem Aus nach zwei Jahren führte, cool: "Das Verhältnis hat geruht - und wie so oft glätten sich mit viel Ruhe die Wogen." In der Gegenwart beginnen mit dem Duell gegen den BVB "die Wochen der Wahrheit". Das Spiel sei, so Tuchel, "ein großes Match, das hat auf jeden Fall Signalwirkung".