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Der trügerische Etappensieg: Warum Bayern gegen Paris längst nicht durch ist

Trotz Chaos beim Rückflug ist die Laune bei Bayern nach dem 1:0-Sieg prächtig. "Wir sind besser dran als Paris", sagt Nagelsmann. Aber Mbappés Wucht und Power machen auch Sorgen fürs Rückspiel.


Erleichterung - inklusive angestrengter Mienen: Die Bayern-Stars wissen, wie schwer die Aufgabe im Achtelfinal-Rückspiel gegen Paris werden wird.

Erleichterung - inklusive angestrengter Mienen: Die Bayern-Stars wissen, wie schwer die Aufgabe im Achtelfinal-Rückspiel gegen Paris werden wird.

Von Patrick Strasser

Es läuft dieser Tage beim FC Bayern. Während am Mittwoch Tausende Reisende weltweit von einer IT-Panne bei der Lufthansa betroffen waren und an vielen Flughäfen des Landes chaotische Zustände mit Flugausfällen und Verspätungen herrschten, landete der FCB-Tross mit der Chartermaschine LH 2571 um 13.37 Uhr am Münchner Flughafen. Mit lediglich einer Stunde Verzögerung - nochmal davongekommen.

Ohnehin war die Laune prächtig bei der Reisegruppe Paris, die ein 1:0 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League aus der französischen Metropole mit in die Heimat gebracht hatte. Und so genossen die Profis, das Trainerteam sowie Sponsoren und VIPs nach Abpfiff das nächtliche Get-together im noblen Hotel Pullman, vis-à-vis vom Eiffelturm. Im Ballsaal Orsay wurden Risotto, kalte Kanapees und Törtchen gereicht. Bayerns Vorstandsboss Oliver Kahn genoss ein kleines Münchner Helles an einem der Stehtische und twitterte am Morgen danach inklusive Zwinkersmiley: "Einen schöneren Valentinstag hatte ich noch nie." Auf einer weißen Couch sitzend freute sich Ehrenpräsident Uli Hoeneß über einen "wunderbaren Abend". Was er zuvor im Parc des Princes gesehen hatte, habe ihm "sehr gefallen".

Kein Wunder, die Bayern konnten die Weltauswahl-Truppe von Paris St.-Germain bändigen. Selbst als Hochgeschwindigkeitsfußballer Kylian Mbappé eingewechselt wurde, hielt man stand. Beim vermeintlichen Ausgleichstreffer des WM-Torschützenkönigs halfen ein paar Zentimeter. Mittels Videobeweis wurde das 1:1 zurückgenommen.

Dennoch: Die Power und die Wucht, die mit Mbappé ins PSG-Spiel kam, war ein deutlicher Warnhinweis für das Rückspiel am 8. März in der Allianz Arena. Mit ihm sei Paris "eine ganz andere Mannschaft" gewesen, wie Hoeneß und Kahn konstatierte, man habe ja "gesehen, was dieser absolute Ausnahmespieler auslöst". Die Blessur am Oberschenkel, die den Ausnahmestürmer zu einer Pause von zwei Spielen (die PSG beide verlor) gezwungen hatte, schien wie verflogen.

Was also ist dieser Hinspielerfolg nach dem Siegtreffer des Franzosen und gebürtigen Parisers Kingsley Coman nun wert? "Die erste Halbzeit habe man gewonnen", bemerkte Sportvorstand Hasan Salihamidzic, während Eric Maxim Choupo-Moting nüchtern meinte: "Das 1:0 hat nichts zu bedeuten. Es ist eine gute Ausgangsposition, aber es wird ein ganz anderes Spiel in München." Also nur ein Etappensieg? Ein trügerischer gar? "Es hat schon eine gewisse Bedeutung, wir sind besser dran als Paris", so Trainer Julian Nagelsmann und erklärte: "Es spielt uns schon in die Karten, dass Paris jetzt ein bisschen mehr machen muss. Aber das heißt nicht, dass wir die Beine hochlegen können. Der erste Schritt ist vollbracht, den zweiten wollen wir folgen lassen."

Der 35-Jährige wirkte gelöst und erleichtert, schließlich war es zumindest die halbe Miete auf dem Weg zu seinem größten Erfolg als Bayern-Trainer seit dem Amtsantritt im Juli 2021. Das krachende Viertelfinal-Aus gegen Außenseiter FC Villarreal im Viertelfinale der vergangenen Saison hängt ihm noch nach. "Der Trainer wird ständig infrage gestellt, wo er überhaupt nicht infrage gestellt werden kann. Das ist komisch", sprang ihm Salihamidzic zur Seite, "man hat gesehen, dass Mannschaft und Trainer gut harmonieren. Julian macht einen sehr guten Job, ist mutig und hat gute Ideen." Etwa mit der Dreierkette (siehe Seite 18).

"Hier in Paris muss man erstmal gewinnen", betonte Kahn während seiner mitternächtlichen Rede. Europa habe gesehen, "was unsere Mannschaft imstande ist zu leisten". Doch Kahn wäre nicht Kahn, würde er nicht vor dem anstehenden Auswärtsspiel in der Bundesliga am Samstag bei Borussia Mönchengladbach mahnen: "Da draußen warten sie, dass wir vielleicht auch mal straucheln. Und den Gefallen wollen wir niemandem tun. Deswegen fahren wir jetzt mit Selbstvertrauen nach Gladbach und versuchen da, an der Tabellenspitze zu bleiben."