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Blaue Basis-Mängel: Was gegen Zwickau besser werden muss

Die richtigen Lösungen für die Offensive zu finden, war schon im Herbst ein Sechzig-Problem - und ist es vor dem Trainer-Endspiel gegen Zwickau noch immer. Doch jetzt steht auch noch die Defensive neben sich.


Eine Grätsche ins Leere: Die Aktion von 1860-Abwehrchef Jesper Verlaat hat Symbolkraft für die Verfassung der Löwen.

Eine Grätsche ins Leere: Die Aktion von 1860-Abwehrchef Jesper Verlaat hat Symbolkraft für die Verfassung der Löwen.

Von Ruben Stark

München - Es geht um viel. Das Duell mit dem FSV Zwickau ist mehr als nur der erste Heimauftritt des TSV 1860 im neuen Jahr. Die Aufstiegsambitionen brauchen endlich einen positiven Impuls - und Trainer Michael Köllner muss zeigen, dass er weiterhin der richtige Mann an der Seitenlinie ist.

Die Anspannung hat nach der 1:3-Enttäuschung bei Waldhof Mannheim noch einmal gehörig zugenommen. Jetzt oder nie, heißt es am Samstag im Grünwalder Stadion (14 Uhr, Magentasport).

Es wird nach diversen Zwischentönen der letzten Tage interessant, wie die Fans ihr Team und den Coach vor ausverkauftem Haus empfangen. Wenn die Löwen noch einen Trumpf ausspielen können, dann ist es der Anhang, dessen Geduld inzwischen aber auch arg strapaziert ist.

Ist seine Zeit bei Sechzig bald abgelaufen? Trainer Michael Köllner

Ist seine Zeit bei Sechzig bald abgelaufen? Trainer Michael Köllner

Das alles, weil Köllner neben atmosphärischen Störungen rein sportlich die Probleme aus dem Herbst nicht in den Griff bekommen hat - und weil diese sich in Mannheim sogar um ein Element erweitert haben. Der schwächelnden Offensive fehlte weiter die Lebendigkeit, auch die angekündigten spielerischen Fortschritte waren nicht ersichtlich.

Aber dazu kam noch die Defensive völlig aus dem Tritt. Auch wenn Löwen-Juwel Leandro Morgalla bei der Generalkritik ausgenommen werden muss, waren insgesamt die Anfälligkeit, Zweikampfschwäche und unzureichende Raumaufteilung des Abwehrverbundes eklatant. Raphael Holzhauser brachte den Missstand für die zweite Hälfte auf den Punkt: "Wir hatten keinen Zugriff mehr."

Drei Gegentreffer hatte Sechzig in dieser Saison zuvor nur zweimal bekommen. Beim 4:3-Spektakel bei Dynamo Dresden zu Saisonbeginn war das zu verschmerzen, weil die Offensivausbeute überzeugend genug ausfiel. Das 1:4 in Elversberg folgte auf die Start-Rekordserie und wurde als Ausrutscher ohne größere Nachwirkung gewertet. In den anderen sechs Auswärtsspielen kassierte 1860 zusammen nur fünf Gegentore.

Die Basismängel in der Kurpfalz waren aber prägnanter und womöglich folgenreicher. Weil sie einen Kernbeitrag leisteten zur Verlängerung der Negativserie auf einen Zähler aus den letzten fünf Ligaspielen oder, wenn man den Bogen weiter spannt, nur zwei Siegen aus den letzten neun. Und weil eine Konstante der Hinrunde unerwartet fahrig agierte, nie richtig in die Mann-gegen-Mann-Duelle fand und bisweilen schwerfällig wirkte: Abwehrchef Jesper Verlaat.

Köllner sah das so: "Es war sicher nicht sein bestes Spiel. Das hat uns nicht geholfen, dadurch hatten wir keine Ruhe im eigenen Ballbesitz. Da können wir deutlich besser spielen, daran werden wir in der Woche arbeiten." Mit welchem Ergebnis, wird im mutmaßlichen Job-Endspiel des Coaches zu beobachten sein.

Verlaat war freilich nicht der Allein-Verantwortliche, auf den Außenbahnen ließen etwa Phillipp Steinhart und Christopher Lannert viel zu viel Wirkungsspielraum. Torwart Marco Hiller gab der Partie mit seinem Aussetzer vor dem 1:1 eine neue Dynamik. "Wir haben immer wieder leichtfertige Defensivschwächen gezeigt", erkannte Köllner.

Warum das so kam, ist die Frage? Denn wer vor dem Spiel darauf achtete, auf welche Weise das beste Heimteam der Liga zu packen wäre, der erkannte, dass dazu eine äußerst solide Verteidigungsarbeit und nach Ballgewinn ein schnell vorgetragenes Umschaltspiel gehört hätten. Die Löwen ließen beides vermissen.

Auf kostspielige Defensiv-Unzulänglichkeiten war schon im Trainingslager hingewiesen worden. Stabilität als Fundament sollte zu einem Löwen-Leitmotiv für die Rückrunde werden. "Das ist die Basis", hatte Köllner gesagt, "dann muss man uns erstmal schlagen."

Auch Sportchef Günther Gorenzel hatte nach den Belek-Testspielen explizite Mängel erkannt. "Wir haben uns mit wenigen Momenten um den Lohn der Arbeit gebracht und zu einfache Gegentore bekommen", analysierte der Österreicher und empfahl, sich auf eine Binsenweisheit zu besinnen: "Eine Meisterschaft gewinnst du über die Defensive."

Diese benötigt auch ein Duo Verlaat/Morgalla, das verkörpert, was das Fachmagazin "Kicker" in seiner Halbjahresrangliste festhielt: das beste Innenverteidiger-Duo der Liga zu sein.

Trainer Köllner muss nun ohnehin schleunigst überzeugende Lösungen präsentieren und vielleicht hat ja sein Assistent Stefan Reisinger die entscheidende Idee. Seit Montag absolviert der frühere Bundesligaprofi seine Ausbildung zum DFB-Fußball-Lehrer. Sollte ihm in den ersten Tagen schon etwas Innovatives aufgefallen sein, sein Löwen-Chef ist sicher für jeden sachdienlichen Hinweis dankbar.