Bayern zum Siegen verdammt
Triple-Traum oder Alptraum-Triple
2. Mai 2016, 15:30 Uhr aktualisiert am 2. Mai 2016, 15:30 Uhr
In ihrer Heimfestung müssen die Bayern Atléticos Abwehrbollwerk knacken. Kapitän Lahm führt ein Team an, das "zu hundert Prozent ins Finale will". Pep Guardiola muss die richtigen Mittel wählen, um gegen Madrids Defensivkünstler eine Saisonpremiere zu schaffen.
Jetzt brauchen die Bayern mal wieder eine magische Fußballnacht. Triple-Traum oder Alptraum-Triple lautet die extreme Gratwanderung für Trainer Pep Guardiola und die Münchner Stars beim großen Kampf ums Champions-League-Finale gegen Atlético Madrid. Nach dem 0:1 in Spanien müssen die seit Wochen nicht mehr beschwingt auftretenden Münchner am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF/Sky) in der Festung Allianz Arena läuferisch und gerade auch spielerisch ans Limit gehen.
Der drohende dritte Halbfinal-K.o. in drei Pep-Jahren soll abgewendet werden. "Wir werden einen FC Bayern sehen, der zu hundert Prozent ins Finale will, der alles gibt, um das Ergebnis zu drehen", versprach Kapitän Philipp Lahm. Das ausverkaufte Stadion soll beben. 70.000 Zuschauer werden den wankenden deutschen Rekordchampion antreiben. Egal wie, aber nach 90 Minuten, womöglich auch erst nach Verlängerung und einem nervenaufreibenden Elfmeterschießen soll gejubelt werden.
"Wir sind sehr, sehr heimstark. Darauf bauen wir", verkündete Weltmeister Jérôme Boateng. Elf Königsklassen-Partien in Serie haben die Bayern daheim gewonnen. Das macht Mut. "Wir wissen, was für eine Stimmung in der Allianz Arena sein kann, wenn die Fans mitgehen", sagte Lahm und warb damit um lautstarke Unterstützung der Zuschauer.
Spieler und Trainer werden die passenden Mittel sowie die richtige Mischung aus Leidenschaft und klugem Spiel finden müssen. "Wir haben 90 Minuten", mahnte der Katalane vor seinem letzten Heimspiel als Bayern-Coach in der Königsklasse Geduld an. Er will nicht wie vor zwei Jahren beim 0:4 gegen Real Madrid, als das Hinspiel in Spanien ebenfalls 0:1 ausgegangen war, noch einmal ins Verderben rennen.
"Wir müssen zielstrebig nach vorne spielen, dürfen aber nicht blind nach vorne rennen wie kleine Kinder", erklärte Thomas Müller. Der bedeutendste Titel der Saison steht auf dem Spiel, für Guardiola ist es in seiner Münchner Zeit gar "die letzte Patrone", wie er sagte.
Triple noch in Aussicht
Triple-Traum oder Alptraum-Triple - darum geht es gegen Atlético. Noch winken Guardiola zum Abschied Meistertitel, DFB-Pokalsieg und Champions-League-Triumph. Ein Ausscheiden dagegen würde für Pep den dreimaligen Halbfinal-K.o. mit dem FC Bayern in der Königsklasse gegen Vereine aus seinem Heimatland bedeuten: 2014 Real Madrid, 2015 FC Barcelona, 2016 Atlético. "Peps Traum war es, hier das Triple zu gewinnen. Dafür muss er gewinnen", sagte Ex-Präsident Uli Hoeneß.
Die Bayern müssen Lösungen finden, um Atléticos Abwehrbollwerk zu knacken. Die Defensivkünstler können in München wohl wieder mit ihrem Abwehrchef Diego Godín antreten, der im Hinspiel verletzt fehlte. Von 53 Pflichtspielen in dieser Saison hat die kampfstarke Truppe von Trainer Diego Simeone acht verloren - aber keines mit mehr als einem Tor Unterschied. Genau das aber müssen die Bayern schaffen. "Wir müssen die Torchancen nutzen", sagte Lahm zum Faktor Effektivität.
In Madrid brachte Guardiola nur einen seinen beiden Topstürmer. Im Rückspiel aber wird erwartet, dass er Robert Lewandowski und Müller von Anfang an bringt. 16 der 28 Bayern-Tore im laufenden Wettbewerb hat dieses Duo erzielt, jeder traf achtmal. "Ich bin nicht einer, der sich in großen Spielen versteckt", warb Müller für sich.
Mutige Spieler sind gefragt. Akteure, die auch in besonderen Drucksituationen funktionieren. Abwehrchef Boateng nach seinem 68-Minuten-Comeback gegen Gladbach in ein derartiges Endspiel zu schicken, könnte jedoch ein zu großes Wagnis sein. Franck Ribéry will trotz Rückenproblemen unbedingt auflaufen - ein Risiko. Alle Bayern wollen mit aller Macht ins Endspiel nach Mailand. "Der Wille, das Herz, die Leidenschaft muss immer dabei sein", formulierte Lahm.
Kontrollierte Offensive könnte die Lösung sein. Nicht auskontern lassen, lautet die oberste Marschroute, auch wenn Atlético keine "spezielle Kontermannschaft" sei, wie Müller meinte: "Sie haben nicht diese Hochgeschwindigkeitsspieler wie Real Madrid, wenn ich an Cristiano Ronaldo und Gareth Bale denke." Über gefährliche Angreifer verfügt Atlético mit Fernando Torres und Antoine Griezmann aber allemal. Optimist Müller ist das egal: "Zuversicht gibt mir, dass wir immer in der Lage sind, Fußballspiele mit mehr als einem Tor Unterschied zu gewinnen." Bei der aktuellen Serie von elf Heimsiegen am Stück in der Königsklasse war das gleich achtmal der Fall.