Ist Pep gescheitert?

Die Fragen und Antworten zum Bayern-Aus


Pep Guardiola verlässt den FC Bayern im Sommer und wird neuer Trainer bei Manchester City.

Pep Guardiola verlässt den FC Bayern im Sommer und wird neuer Trainer bei Manchester City.

Wird das erneute Aus kurz vor der Ziellinie den FC Bayern in der kommenden Champions-League-Saison zusätzlich beflügeln? Aus bitteren Pleiten haben die Münchner wiederholt Extra-Motivation gezogen. Zunächst aber geht es um die Benotung dieser Saison.

Desaster gegen Real Madrid, bitterer K.o. gegen den FC Barcelona - doch das dritte Halbfinal-Aus in der Champions League gegen Atlético Madrid war für den FC Bayern besonders schmerzhaft. Anders als beim chancenlosen Ausscheiden gegen die "Königlichen" im Jahr 2014 und dem auch durch viele Verletzte begünstigten Scheitern gegen Barça 2015 konnte sich diesmal keiner beim deutschen Fußball-Rekordchampion so richtig erklären, warum es wieder nicht fürs Finale gereicht hat. Pep Guardiolas Mission in München bleibt unvollendet. Der nach dem Saisonende zu Manchester City wechselnde Katalane prophezeit dem FC Bayern allerdings eine große Zukunft.

Warum hat es auch gegen Atlético Madrid wieder nicht gereicht?

Wie in den Vorjahren gegen Real Madrid und den FC Barcelona mussten die Münchner wieder ohne ein im Europapokal so wichtiges Auswärtstor aus der ersten Partie ins Rückspiel gehen. Diesmal rächte es sich besonders. "Wir können uns nicht viel vorwerfen, außer dass wir zwei Fehler gemacht haben", sagte Thomas Müller. Er meinte seinen Strafstoß-Fehlschuss und die Defensivleistung beim Tor zum 1:1. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge haderte mit dem Schiedsrichter, aber das wollte Philipp Lahm nicht gelten lassen. "Man muss immer vor seiner eigenen Haustüre kehren", sagte der stark spielende Kapitän.

Ist Pep Guardiola ohne internationalen Titel in München gescheitert?

Nein. Aber die Ära Guardiola bleibt unvollendet. Club-Weltmeister und UEFA-Supercup-Sieger 2013, deutscher Meister 2014 und 2015, dazu DFB-Pokalsieger 2014, das ist die bisherige Titelsammlung in München. In dieser Saison ist noch das Double möglich. "Danach kann man ein Resümee ziehen", sagte Rummenigge. Als stilprägend wird die Amtszeit des Katalanen allemal in die Bayern-Historie eingehen. In seiner Münchner Vita sticht aber das dreimalige Halbfinal-Aus in Europa gegen Vereine aus seiner Heimat hervor. "Titel sind Nummern", sagte Guardiola. Aber die Zahl der Trophäen überstrahlt im Fußball alles.

Was heißt das Aus jetzt für die Bayern-Stars?

Sie werden unter ihrem künftigen Trainer Carlo Ancelotti vermutlich noch gieriger und noch zielstrebiger sein. Nach dem Triple 2013 wollen sie unbedingt noch einmal in Europa triumphieren. Wie aus den dramatischen Finalniederlagen 1999 und 2012, als kurz darauf jeweils die Champions League gewonnen wurde, kann auch dieses Alptraum-Triple mit drei Halbfinal-Pleiten ein ganz besonderer Antrieb sein. "Ich hoffe, Carlo kann das Finale erreichen", sagte Guardiola.

Müssen sich die Bayern für Europas Thronbesteigung weiter verstärken?

Optimieren wollen die Verantwortlichen den Kader. Weltmeister Mats Hummels will aus Dortmund kommen. Dazu werden die Bayern an der einen oder anderen Stellschraube drehen. Das Gerüst steht. Leistungsträger wie Neuer, Müller, Boateng, Martínez oder Alaba stehen bis 2021 unter Vertrag. Der FC Bayern wird trotz der Finanzkraft in England in den kommenden Jahren konkurrenzfähig bleiben. Kapitän Lahm (32) hört 2018 allerdings auf. Arjen Robben (32) und Franck Ribéry (33) werden nicht jünger.

Wie sehr hat der verletzte Robben im Halbfinale gefehlt?

Ein Weltklassemann wie Robben macht den Unterschied. Er erzielte 2013 das Siegtor im Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund. Verletzungsbedingt konnten die Münchner in den letzten zwei Jahren weder auf ihn noch auf Ribéry dauerhaft zählen. Douglas Costa (25) und Kingsley Coman (19) sollen ihre Rollen künftig besetzen, aber noch haben sie nicht die Extraklasse von "Rib und Rob".

Wie ist die Saison der Bayern zu bewerten?

Eine schlechte Note wäre unfair. Die Münchner werden - wenn kein Wunder geschieht - erstmals im deutschen Fußball vier Meistertitel nacheinander feiern. Obendrein winkt das Double. Auch das fünfte Halbfinale nacheinander in der Champions League, über die sich ein Global Player wie der FC Bayern definiert, ist top. "Jetzt wollen wir am Samstag (in Ingolstadt) den Sack zumachen", sagte Thomas Müller mit Blick auf die 26. Meisterschaft. Diese Trophäe und besonders der Ausgang des Pokalendspiels am 21. Mai gegen Borussia Dortmund werden die Gesamtbewertung der Saison maßgeblich beeinflussen.

Hat der Bayern-K.o. Auswirkungen auf das EM-Projekt der Nationalelf?

Ja. Das verpasste Finale erleichtert Joachim Löw die Vorbereitung. Der Bundestrainer kann für das Trainingslager in der Schweiz nun in vollem Umfang auch mit den Bayern-Profis planen. Nur Toni Kroos, der mit Real Madrid im Endspiel steht, kommt viel später. Der vorläufige EM-Kader bezieht am 23. Mai das Trainingslager in Ascona. Und wer die Bayern-Spieler kennt, weiß, dass sie jetzt erst recht nach einem großen internationalen Titel in diesem Jahr lechzen.