Debakel der Nationalelf

Kommentar: Beim DFB braucht es Veränderungen - sofort!


Nationalspieler Toni Kroos lässt den Kopf bei der 0:6-Klatsche gegen Spanien hängen.

Nationalspieler Toni Kroos lässt den Kopf bei der 0:6-Klatsche gegen Spanien hängen.

Von Magnus Rötzer

Das 0:6 vom Dienstag gegen die zuletzt nicht gerade furchteinflößend starken Spanier ist ein Debakel von historischem Ausmaß - die höchste Niederlage für eine deutsche Auswahl seit über 89 Jahren. Was aber viel wichtiger ist: In nur sieben Monaten soll die EM-Endrunde gespielt werden. Wenn man da konkurrenzfähig sein will - und das muss der Anspruch einer deutschen Mannschaft sein, müssen Veränderungen her - und zwar sofort. Ein Kommentar.

Ein Wort war von Joachim Löw im ARD-Interview nach dem Spiel erschreckend oft zu hören: "Irgendwie". Irgendwie habe man keinen Zugriff auf das Spiel bekommen. Irgendwie habe man das Konzept verloren. Und überhaupt: Es sei schwierig, bei Rückstand wieder ins Spiel zurückzufinden - irgendwie. Die heftige Klatsche sei für ihn schwierig zu erklären. Doch dabei ist die Erklärung für die Niederlage simpel. Es fehlte schlichtweg an allem, um den Spaniern auch nur im Ansatz gefährlich zu werden. Keine Körpersprache, keine Kommunikation, kein Konzept, keine Ideen, kein Aufbäumen. Dass der 1,75 Meter große Serge Gnabry bei der Ecke, die zum 1:0 führte, für den vierzehn Zentimeter größeren Alvaro Morata eingeteilt war, lässt erahnen, dass selbst grundlegende Sachen im DFB-Team momentan nicht funktionieren.

Gegen Spanien kann man verlieren - keine Frage. Es kommt aber auf das Wie an! 2 zu 23 Torschüsse, 352 zu 812 gespielte Pässe, 30 zu 70 Prozent Ballbesitz. Diese Daten sprechen Bände und unterstreichen den blutleeren Auftritt der deutschen Mannschaft. Wer hoffte, dass eigentliche Führungsspieler wie Toni Kroos oder Ilkay Gündogan sich ein Herz nehmen und vorangehen würden, wurde bitter enttäuscht. Das muss sich ändern - und zwar schnellstmöglich! Kroos, Gündogan und Co. müssen sich ihrer Leaderrolle bewusst sein, vorangehen und auf dem Platz entsprechend auftreten. "Es gibt gewisse Werte, die eine Nationalmannschaft vertreten muss", stellte ARD-Experte und Weltmeister Bastian Schweinsteiger klar. "Gerade in solchen Spielen ist es wichtig, solche Spieler auf dem Platz zu haben, die vorangehen, die Erfahrung haben, die Qualität haben. Man hat gesehen, dass wir noch nicht die Qualität haben", schlussfolgerte Schweinsteiger.

Das führt unweigerlich zu Thomas Müller, Mats Hummels und - mit Abstrichen - Jerome Boateng, die in der Vergangenheit in der DFB-Auswahl und aktuell bei ihren Vereinen bewiesen haben und beweisen, dass sie die Leaderrolle annehmen können. Es kann nicht sein, dass Leistungsträger aus falschem Stolz des Bundestrainers kategorisch nicht berücksichtigt werden.

Ein Grund mehr - aber beileibe nicht der einzige, einen Trainerwechsel beim DFB einzuleiten. Im Grunde hätte das schon nach dem blamablen Vorrunden-K.O. bei der WM 2018 passieren können. Den versprochenen Umbruch, den Löw danach einleiten wollte, hat er auch nicht hingekriegt, wie die unkonstanten Auftritte in den vergangenen beiden Jahren zeigen. Mit dem Debakel gegen Spanien ist der Tiefpunkt der Löw-Ära erreicht. Ein deutlicheres Signal für einen Trainerwechsel dürfte es nicht geben. Auch wenn die Suche nach einem geeigneten Nachfolger kein Leichtes ist. Der DFB könnte die Trainersuche wie der FC Bayern im vergangenen Jahr angehen und den Trainerposten interimsweise intern besetzen. Bekanntermaßen hat das ja ganz gut funktioniert - und zu internationalen Erfolgen geführt.