Kommentar
Zeit für frischen Wind beim DFB
28. Juni 2018, 14:27 Uhr aktualisiert am 28. Juni 2018, 14:27 Uhr
Das WM-Debakel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft beschäftigt ganz Fußball-Deutschland. Das Ausscheiden ist eine Warnung, auf die Konsequenzen folgen müssen. Ein Kommentar.
Ausgeschieden nach der Vorrunde. Das gab's noch nie für die deutsche Nationalmannschaft. Historisch schlecht! Doch mit diesen Leistungen hätte sich die DFB-Auswahl ein Weiterkommen auch nicht verdient. Es fehlte das Feuer, die Leidenschaft und vor allem eins: der Mut. Trotz bester Voraussetzungen, denkt man nur an den Confed-Cup-Sieg und den EM-Triumph der U21 im vergangenen Jahr. Nach dem Ausscheiden drängen sich zahlreiche Fragen auf. Auch die nach dem Bundestrainer muss und wird gestellt werden. Fest steht: Fußball-Deutschland muss reagieren.
Vor der WM gab sich die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes als geschlossene Mannschaft, was auch der zu Marketing-Zwecken entworfene Hashtag #zsmmn verdeutlichen sollte. Doch zusammen, als Einheit präsentierte sich die Elf in keinem der Spiele auf dem Platz. Kaum einer kämpfte für den anderen, ein Leader und Kämpfer, der die Mannschaft wie Bastian Schweinsteiger bei der WM 2014 mitreißen konnte, fehlte komplett.
Es schien, als würde die Mannschaft aus zwei Teilen bestehen, den Weltmeistern und der Confed-Cup-Mannschaft. Bei den schwachen WM-Auftritten hatte man das Gefühl, dass vor allem altgediente Spieler wie Thomas Müller, Mario Gomez, Sami Khedira und Jérôme Boateng, allesamt Weltmeister, am Zenit ihrer Kräfte angekommen waren und die "jungen Wilden" wie Timo Werner oder auch Leon Goretzka für ein solch großes Turnier noch über zu wenig Erfahrung verfügten.
"Best never rest" war der Leitspruch der deutschen Auswahl. Zu den "Besten" der WM fehlte jedoch einiges. Doch was muss jetzt passieren? Joachim Löw sagte, er brauche Bedenkzeit, der DFB steht voll hinter dem Trainer. Wer will es der Führung des Fußballbundes auch verdenken. Löw ist seit Juli 2006 im Amt, Weltmeistertrainer, Confed-Cup-Sieger, bei einem großen Turnier nie schlechter als das Halbfinale - bis jetzt!
Reinhard Grindel, der Präsident des DFB, sagte, er könne sich keinen besseren Trainer für den Umbruch vorstellen. Doch nach 14 Jahren beim DFB sollte Schluss sein für Löw. Man hatte das Gefühl, er erreicht die Mannschaft kaum mehr. Das Ausscheiden muss er verantworten, denn auch seine Fehler sorgten dafür. Hätte ein Leroy Sané mit seiner Schnelligkeit und seinem Zug zum Tor für mehr Gefahr und Abwechslung im Offensivspiel gesorgt? Hätte Löw auch im ersten Gruppenspiel gegen Mexico schon auf Marco Reus setzen müssen? Hätte er aus der Erdogan-Affäre um Mesut Özil und Ilkay Gündogan Konsequenzen ziehen müssen?
Dass nach dieser Weltmeisterschaft in Russland etwas passieren muss, ist klar. Eine Entscheidung beim Bundestrainer wird erst in den nächsten Tagen fallen. Löw kann die Mannschaft nach zwölf Jahren im Amt nicht mehr so erreichen wie zu Beginn. In zwei Jahren findet die nächste Europameisterschaft statt, 2022 dann die WM in Katar. Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt muss die deutsche Mannschaft wieder konkurrenzfähig sein. Klar ist: "Die Mannschaft" braucht jetzt eine ordnende Hand, die den Wiederaufbau und den Umbruch schafft. Sie braucht neuen, frischen Wind, braucht neue Leader. Viele Weltmeister-Spieler haben ihre Nationalmannschafts-Karrieren bereits beendet. Vielleicht wäre das auch für den Weltmeister-Trainer der beste Schritt.