Stürzt der FIFA-König?
Ethikkammer will 90-Tage-Sperre für Blatter
7. Oktober 2015, 21:37 Uhr aktualisiert am 7. Oktober 2015, 21:37 Uhr
Der Sturz von Joseph Blatter vom FIFA-Thron könnte ganz schnell Realität sein. Die erste Ethikkammer will den skandalumwitterten Dauerregenten für 90 Tage aus der Fußball-Welt verbannen. Diese provisorische Sperre muss die nächste Instanz noch bestätigen.
Das bittere Ende von Joseph Blatter als Chef des Fußball-Weltverbands scheint endgültig besiegelt. Die Untersuchungskammer der FIFA-Ethikkommission forderte am Mittwoch nach Aussage von Blatter-Berater Klaus Stöhlker eine provisorische Sperre von 90 Tagen für den 79 Jahre alten Schweizer. Folgt die rechtssprechende Kammer unter dem Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert diesem Vorschlag, müsste Blatter nach 40 Jahren Funktionärstätigkeit für die FIFA sofort alle Fußball-Aktivitäten einstellen. Laut Stöhlker reagierte Blatter "ruhig" auf die Nachricht. "Er wird morgen im Büro sein", sagte der Berater der Deutschen Presse-Agentur.
Urteil der zweiten Ethikkammer könnte bald folgen
Wann die zweite Ethikkammer ihr Urteil fällt, war noch unklar. Nach dpa-Informationen kann dies allerdings schnell geschehen. Dann könnte auch über das Schicksal von UEFA-Präsident Michel Platini befunden werden, dem wegen der umstrittenen Millionen-Zahlung der FIFA aus dem Jahr 2011 ebenfalls Ungemach droht.
Dass die FIFA-Ethik-Gremien derzeit in Zürich tagen war nur durch eine ungewöhnliche Indiskretion publik geworden. Das Kommissionsmitglied Abdoulaye Makhtar Diop ließ dies am Mittwoch in der senegalesischen Hauptstadt Dakar veröffentlichen. Die Ethikkammer dürfe satzungsgemäß keine konkret laufenden Verfahren kommentieren, betonte Marc Tenbücken, Sprecher der rechtsprechenden Kammer. "Die Ethikkommission führt ihre Verfahren immer sorgfältig, unabhängig und ohne Ansehen der Person oder ihrer Funktion durch", erklärte er allgemein.
Im Fall der Suspendierung übernimmt Vize Issa Hayatou
Gegen Blatter hatte die Schweizer Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren unter anderem wegen des Verdachts der "ungetreuen Geschäftsbesorgung" eingeleitet. Im Kern geht es um die Zwei-Millionen-Franken-Zahlung an Platini und TV-Geschäfte mit dem früheren FIFA-Vize Jack Warner, der WM-Rechte für die Karibik für 600.000 Dollar und damit deutlich unter dem Marktwert erhalten haben soll. Sollte der seit 1998 die FIFA führende Blatter tatsächlich suspendiert werden, würde sein ebenfalls skandalumwitterter Vize Issa Hayatou aus Kamerun satzungsgemäß vorerst das Amt übernehmen.
Auch UEFA-Chef und FIFA-Vize Platini droht Ärger. Im Korruptionsskandal war der Franzose von den Schweizer Behörden als Auskunftsperson vernommen worden. Der Chef der Europäischen Fußball-Union muss nun den FIFA-Ethikern erklären, warum er für Dienste zwischen Januar 1999 und Juni 2002 erst knapp neun Jahre später von Blatter bezahlt wurde. 2011 unterstützten die UEFA-Verbände unter der Führung von Platini den Schweizer im Wahlkampf gegen den Katarer Mohamed bin Hammam. Platini verteidigte die empfangene Zahlung mehrfach öffentlich. Bei einer Suspendierung wären seine Ambitionen auf das FIFA-Amt hinfällig.