Exklusives AZ-Interview
EHC-Kapitän Michael Wolf zum Abschied: "Eine goldrichtige Entscheidung"
30. April 2019, 10:44 Uhr aktualisiert am 30. April 2019, 10:44 Uhr
Mit Michael Wolf tritt einer der größten deutschen Eishockeyspieler aller Zeiten ab. In der AZ verabschiedet er sich - und schaut nach vorne. "Ich freue mich, dass ich wieder öfter den Mund halten kann".
München - Mit Michael Wolf verabschiedete sich am Samstag einer der besten deutschen Eishockeyspieler aller Zeiten - mit einer Niederlage in der Finalserie um die Deutsche Meisterschaft. Im AZ-Interview spricht der nun ehemalige Kapitän des EHC über den verpassten Titel und wirft einen Blick zurück.
AZ: Herr Wolf, nach insgesamt 782 DEL-Spielen und 337 Toren beenden Sie jetzt mit 38 Jahren Ihre Karriere, wie sieht es denn momentan mit Ihrer Gefühlslage aus? Nie wieder Eis, nie wieder EHC München, nie wieder eine Meisterschaft.
MICHAEL WOLF: Ich bin gerade dabei, meinen Spind in der Kabine auszuräumen. Das ist natürlich schon sehr, sehr emotional. Normalerweise macht man das nach der Saison und weiß, in ein paar Monaten bin ich wieder da, dann geht die neue Saison wieder los und man macht wieder das, wovon man schon als Kind geträumt hat. Aber ich habe die Entscheidung ja sehr bewusst getroffen, dem Ganzen gingen ja sehr viele Gespräche voraus. Mit meiner Familie, mit meinen Eltern, mit Red-Bull-Manager Christian Winkler. Ich habe mir den Entschluss sicher nicht leicht gemacht, aber für mich ist jetzt einfach der richtige Zeitpunkt. Ich wollte immer abtreten, bevor die Leute sagen, "wäre er doch lieber früher gegangen". Ich denke, das ist mir gelungen. Ich freue mich auf das neue Leben, aber natürlich ist es schon so, dass ich die Sache mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachte.
Michael Wolf: Mannheim der verdiente Meister
Welches überwiegt?
(lacht) Das ändert sich andauernd.
Der ganz goldene Meister-Abschied blieb Ihnen jetzt aber verwehrt, Mannheim hat den vierten Titelgewinn in Serie verhindert.
Natürlich bin ich traurig darüber, aber Mannheim war einfach einen Tick besser und ist verdient Meister geworden. Ich möchte mich hier auch bei der gesamten Organisation der Adler bedanken. Es war eine wirklich große Geste, dass sie mich vor ihren Fans noch vor der Pokalübergabe verabschiedet haben. Das war mir fast unangenehm, derart im Rampenlicht zu stehen, aber zu schätzen weiß ich es natürlich sehr.
Jetzt können Sie wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden, denn das war Ihnen immer ein Graus.
Es entspricht einfach nicht meinem Charakter. Und daher freue ich mich, dass ich jetzt wieder öfter den Mund halten kann. Aber mir war immer bewusst, dass es dazu gehört und man wächst in diese Rolle auch rein. Zum Glück ist es ja bei uns Eishockeyspielern auch nicht derart extrem wie bei den Fußballern. Wir können ja doch meist noch in der Anonymität leben und einfach wir selbst sein. Aber ich bin ja nicht aus der Welt, ich werde mir weiter hier in München mal Spiele anschauen, werde mit einigen Leuten Kontakt halten. Also: Für mich ist es die goldrichtige Entscheidung.
Genauso wie Ihr Entschluss, 2014 doch zu den Red Bulls nach München zu wechseln.
Ich wollte in meiner Karriere unbedingt einmal den Meistertitel holen, dass es am Ende drei geworden sind, hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Und dieses Gefühl, wenn man das erste mal dann endlich den Meisterpokal in der Hand hält, ist mit nichts vergleichbar. Ich bin sehr dankbar, dass ich das erleben durfte.
Wolf: "Waren vielleicht ein bisschen vom Erfolg verwöhnt"
Wie sehr hat sich denn Eishockey in München in Ihrer Zeit hier entwickelt?
Schon gewaltig, wenn man daran denkt, wie sich die öffentliche Wahrnehmung verändert hat. Ich denke, wir Spieler, die Trainer, die Organisation haben alles dafür getan, dass Eishockey sich in München etabliert hat.
Trotzdem war die Halle in den Playoffs nicht immer ausverkauft, gerade im Halbfinale gegen Augsburg und im Endspiel gegen Mannheim haben sich die gegnerischen Fans die Karten viel schneller besorgt als die Münchner Anhänger.
Vielleicht waren auch die Fans hier - genau wie wir alle - ein bisschen vom Erfolg verwöhnt. Lassen Sie es mich so ausdrücken, es gibt eben doch noch Dinge, die wir hier verbessern können, aber wir sind auf einem sehr guten Weg.
Zeit für die berühmten letzten Worte, Herr Wolf.
Ach, die sind nicht so wichtig. Wichtiger wäre mir, wenn die Fans auf Ebay schauen, da versteigere ich einige Dinge aus meiner Karriere. Der Gewinn kommt vollständig der Kinderkrebshilfe Königswinkel zugute. Es wäre mir wirklich wichtig, dass wir alle zusammen denen helfen, denen es im Leben nicht so gut geht wie uns. Ansonsten will ich eigentlich nur Danke sagen. Danke für die tolle Zeit, die Zusammenarbeit, die unvergesslichen Momente.
Dank auch von unserer Seite, Herr Wolf.
Nicht dafür.
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