Wahlfälschung
Schadensersatzklage: Landrat will in Berufung gehen
8. Oktober 2019, 12:14 Uhr aktualisiert am 8. Oktober 2019, 9:39 Uhr
Nach der Entscheidung des Landgerichts Regensburg, die Schadensersatzklage des Landkreises Straubing-Bogen und der Stadt Bogen abzuweisen, will der Straubing-Bogener Landrat Josef Laumer in Berufung gehen. "Wir sind des den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises schuldig", wird Laumer in einer Pressemitteilung des Landratsamts zitiert. Landwirt Karl B. zeigt sich indes erleichtert über das Urteil.
Rund 124.000 Euro hat die Nachwahl im Zuge des Skandals um die Geiselhöringer Wahlfälschung die Stadt Bogen und den Landkreis Straubing-Bogen gekostet. Das Geld wollten Stadt und Landkreis sich jetzt vom mutmaßlichen Drahtzieher der gefälschten Wahl zurückholen. Das Landgericht Regensburg sagte dazu allerdings Nein und wies die Klage ab.
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"Unsere Rechtsauffassung war und ist eine andere. Wäre der Wahlfälschungsprozess nicht wieder auf die lange Bank geschoben worden, hätten wir Klarheit darüber, was an dem strafrechtlichen Vorwurf dran ist und könnten im Falle einer Verurteilung den erforderlichen Nachweis führen", erklärte Landrat Josef Laumer die Gerichtsentscheidung.
"In keinster Weise teilen wir die rechtlichen Beurteilungen, wie wir sie aufgrund der Pressemitteilung des Landgerichts erfahren haben", heißt es weiter in der schriftlichen Stellungnahme des Landrats. "Diese Begründungen überzeugen uns wie auch unsere Anwälte nicht. Wir werden mit der Hoffnung in die Berufung gehen, dass uns das Oberlandesgericht recht gibt."
Die zweite Kommunalwahl war notwendig geworden, nachdem Ermittlungen von LKA und Staatsanwaltschaft ergeben hatten, dass bei der Kommunalwahl 2014 Stimmen gefälscht und Stimmberechtigte beeinflusst worden waren. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen steht ein Agrarunternehmer aus Geiselhöring in Verdacht, der Drahtzieher hinter den gefälschten Stimmen zu sein.
Erleichtert über das Urteil des Landgerichts zeigte sich dagegen Landwirt Karl B. aus Geiselhöring. Sein Anwalt Gunnar Mittag teilte am Dienstagvormittag mit, dass sich sein Mandant freue, dass sich der Rechtsstaat durchgesetzt habe. Für Mittag selbst sei das Urteil ein "Meilenstein" auf dem Weg zur Einstellung des Verfahrens.
Klage laut Gericht "unschlüssig"
Die sechste und siebte Zivilkammer des Landgerichts sprach in seiner Begründung von "unzureichenden Darlegungen zum Schädigungsvorsatz". Der Beklagte soll bei der Geiselhöringer Kommunalwahl 2014 unter Mithilfe anderer Beteiligter Stimmzettel von über 400 vornehmlich rumänischen Erntehelfern selbst ausgefüllt, beziehungsweise Erntehelfer bei der Stimmabgabe beeinflusst haben. Die Wahl war damals für ungültig erklärt worden. Ende 2018 hatten Vertreter der betroffenen Kommunen gerichtliche Mahnverfahren zur Titulierung behaupteter Erstattungsansprüche für die Kosten der Neuwahl eingeleitet. Das waren rund 114.000 Euro beim Landkreis Straubing-Bogen und rund 10.000 Euro bei der Stadt Bogen. Die beiden als Streitgerichte zuständigen Zivilkammern kamen allerdings zu der Einschätzung, dass die Forderungen nicht begründet seien.
Nach Auffassung der Gerichtsvertreter hatte der Agrarunternehmer bei seiner Tat weder beabsichtigt, noch billigend in Kauf genommen, dass die Kommunalwahl wiederholt werden müsste und damit Schaden für die Kommunen entstehen würde. Nach den Bestimmungen des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes führt eine Verletzung von Wahlvorschriften nicht zwangsläufig zur Ungültigerklärung und Wiederholung der gesamten Wahl. Je nach Art und Umfang etwaiger Verstöße kann auch eine Berichtigung des Wahlergebnisses oder eine teilweise Nachwahl in Betracht kommen. Aus Sicht der Richter hätten die Kläger den Schädigungsvorsatz des Beklagten schlüssig darlegen müssen.
Nachwahl auch Verschulden der Geiselhöringer Stadtverwaltung
Außerdem hätten die gefälschten Stimmen nicht allein den Ausschlag gegeben. Selbst ohne gefälschte Stimmen in den Urnen hätte die Wahl wiederholt werden müssen, weil die Stadt Geiselhöring laut Aktenvermerk erkennbar nicht wahlberechtigte Personen zur Wahl zugelassen habe. Aufgrund der Zahl an Briefwählern, die am Stichtag ihren Lebensmittelpunkt nicht in Geiselhöring gehabt hätten, wäre ohnehin nur eine Ungültigerklärung der Wahl möglich gewesen.
Zudem sei ein Schadensersatzanspruch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durchsetzbar - die zivilrechtliche Verjährungsfrist in der Causa Geiselhöring sei Ende 2017 abgelaufen.
Das Landgericht macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass die aktuellen Entscheidungen unabhängig vom Strafprozess gegen den Agrarunternehmer zu sehen sind. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Stadt Bogen und der Landkreis haben laut der offiziellen Pressemitteilung des Landgerichts die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Zuständig wäre dann das Oberlandesgericht Nürnberg.