Landkreis Straubing-Bogen
Verena Ullmann: Gedichte auf Niederbairisch
16. Juli 2019, 18:03 Uhr aktualisiert am 16. Juli 2019, 18:03 Uhr
Verena Ullmann schreibt - Gedichte, Kurzgeschichten und neuerdings sogar einen Roman. Sie wurde 1989 in Straubing geboren und wuchs in Oberpiebing auf. Nach einem Studium in Regensburg und Clermond-Ferrand in Frankreich, arbeitete sie als Werbetexterin und derzeit als Verlagsmitarbeiterin in München. 2018 erhielt sie den Straubinger Kulturförderpreis. Jetzt hat sie ihren ersten Gedichtband herausgegeben. Das Besondere: Er ist auf Niederbairisch verfasst. Gäuboden aktuell hat sich mit der Autorin unterhalten.
Gäuboden aktuell: Wedafest heißt Ihr Gedichtband. Ihr erstes Buch?
Verena Ullmann: Ja. Wir haben zwar in unserer Autorengruppe schon einmal etwas im Selbstverlag veröffentlicht, aber das ist der erste Band von mir in einem professionellen Verlag.
Sind Sie stolz auf Ihr Werk?
Ullmann: Natürlich freut man sich, wenn man die Arbeit, die man hinein gesteckt hat, in Händen halten kann. Auf jeden Fall bin ich ein bisschen Stolz, ja.
Sie sprechen von einer Autorengruppe, der Sie angehören. Was passiert da?
Ullmann: Das sind hauptsächlich Kurzgeschichten, die wir in der Gruppe als Anthologie herausbringen. Wir betreiben gemeinsam den Blog Prosathek - alle Beteiligten haben sich 2015 bei einem Creative-Writing-Workshop an der Universität kennengelernt. Das hat total Spaß gemacht und wir haben uns entschlossen, das fortzuführen. Wir treffen uns regelmäßig, machen Workshops und arbeiten gemeinsam an unseren Texten. Aber wir sind nicht auf eine Gattung festgelegt, mal Lyrik, mal Prosa - es gibt keine Einschränkungen. Unser Ziel ist es, jeden Freitag einen neuen Text zu liefern, egal, wer ihn geschrieben hat. Dadurch zwingen wir uns zum Schreiben.
Gedichtbände sind eher selten Bestseller. Warum ausgerechnet Lyrik?
Ullmann: Stimmt, Lyrik ist schon so etwas wie ein Nischenprodukt. Ich liebe aber Gedichte und schreibe sie total gerne. An den "Wedafest"-Gedichten habe ich seit Jahren gearbeitet und dafür auch schon 2017 den Leonhard-und-Ida-Wolf-Gedächtnispreis der Stadt München erhalten. Ich dachte mir einfach: Ich schicke sie an einen Verlag und schaue, was passiert - aber natürlich nicht mit der Erwartung, man wird reich und berühmt. Ich wollte meine Texte einfach teilen.
Kam gleich eine Zusage oder mussten Sie die Texte an mehrere Verlage schicken?
Ullmann: Ich habe es schon bei mehreren Verlagen versucht und oft gehört: "Lyrik ist gerade schwierig, die Programme sind schon voll" und Ähnliches. Es war nicht einfach, einen Verlag zu finden, aber es hat dann doch geklappt.
In welchen Situationen entstehen Ihre Gedichte?
Ullmann: Das ist ganz unterschiedlich. Meine Ideen kommen mir nachts im Bett, in der S-Bahn oder am Wochenende, wo ich mal ein paar Stunden an den Gedichten sitze. Ich schreibe die Ideen auf und arbeite sie danach aus. Da muss ich mir die Zeit dafür nehmen.
So wie Sie es schildern, klingt das nach harter Arbeit.
Ullmann: Ja! Es ist nicht so, dass die Gedichte aus einem herausfließen und man sofort zufrieden ist. Man lässt die Sachen liegen und schreibt viel um. Es kann sein, dass einem manches nach zwei Tagen überhaupt nicht mehr gefällt. Es ist vieles Inspiration, trotzdem bin ich selbstkritisch und überarbeite die Texte mehrere Male.
Der Band heißt Wedafest (Hochdeutsch: wetterfest) aber eigentlich drehen sich die Texte um Mitmenschen und Beziehungen. Wie hängt das zusammen?
Ullmann: Ich bezeichne das Buch immer als einen "inneren Wetterbericht" - ein Wetterstadium entspricht einer Phase einer Beziehung. Darin spiegelt sich das Wechselhafte wider. Das Wetter ist eine gute Metapher für menschliche Beziehungen: unberechenbar, unkontrollierbar. Und man kann sich dem Wetter wie auch Menschen gegenüber isolieren, sich aber auch ausliefern, mit allen Konsequenzen.
Im Buch sind auch Illustrationen der Künstlerin Julia Stolba. Wie kam's dazu?
Ullmann: Julia hat schon den Roman eines Mitautors in der Prosathek illustriert. Ich fand die Zeichnungen sehr schön und habe sie einfach gefragt. Julia hatte auch gleich Lust auf ein Lyrikprojekt. Ich finde ihre Auseinandersetzung mit einzelnen Textstellen super, das entstand ganz ohne mein Zutun.
Der Untertitel Ihres Buchs ist: "Niederbairsche Gedichte". Warum ausgerechnet Niederbairisch?
Ullmann: Ich komme aus Oberpiebing bei Salching und die Sprache gehört zu mir. Ich drücke mich gerne auf Niederbairisch aus und für mich spricht nichts dagegen, im Dialekt zu schreiben. Außerdem hat man ganz andere Möglichkeiten als im Hochdeutschen. Niederbairisch ist nicht so sperrig, viel kürzer. Ich habe es einfach ausprobiert und für mich funktioniert es besser. Ich kann damit eine eigene Sprache finden und habe nicht das Gefühl, jemand anderen zu imitieren.
Sie haben Ihren Lebensmittelpunkt in München. Kommen Sie denn noch öfter in Ihre Heimat?
Ullmann: Recht oft sogar. Meine Familie lebt hier und auch viele Freunde. Mir gefällt auch die Abwechslung. In München hört man Niederbairisch weniger häufig. (lacht)
Sie arbeiten in einem Verlag. Haben Sie Ihr Hobby zum Beruf gemacht?
Ullmann: Nein, eigentlich gar nicht. Im Verlag arbeite ich nicht im Lektorat und beschäftige mich nicht direkt mit Texten. Ich bin im Produktmanagement und kümmere mich um Organisatorisches. Zwischen Arbeit und Schreiben gibt es eine klare Abgrenzung. Das ist auch ganz gut so. (lacht) Ich habe eine zeitlang als Werbetexterin gearbeitet, da muss man tagsüber kreativ sein. Das war für mein Schreiben nicht gut.
Sie haben Französisch studiert. Haben Sie schon einmal daran gedacht, in einer anderen Sprache zu schreiben?
Ullmann: Ich habe alles Mögliche probiert, aber Bairisch liegt mir schon mehr. Ich bewundere zum Beispiel Marcel Proust, aber der schreibt lange Romane, genau das Gegenteil meiner Gedichte.
Der Straubinger Kulturförderpreis steht in Ihrer Vita. Das sieht nicht danach aus, als wäre schon das Ende ihrer Karriere erreicht?
Ullmann: Also es ist nicht geplant, dass ich aufhöre (lacht). Ich arbeite gerade an einem Roman, der Ende September erscheinen soll.
Gibt es da schon einen Titel?
Ullmann: "Die Papageieninsel oder Von der Kunst, sich selbst zu finden" wird der Roman heißen. Von mir aus kann es schon noch so weitergehen!
Vielen Dank für das Gespräch!