Landkreis Straubing-Bogen

Ein Prosit auf den Sauftourismus! Alle Wege führen zum Bier


Auf dem "langen" Fußmarsch vom Bahnhof zum Hagen darf's zur Volksfestzeit auch gerne mal ein "Kurzer" sein. (Foto: mj)

Auf dem "langen" Fußmarsch vom Bahnhof zum Hagen darf's zur Volksfestzeit auch gerne mal ein "Kurzer" sein. (Foto: mj)

Von Matthias Jell und Redaktion idowa

Straubing. Über 30 Grad, die Sonne brennt. Wer mit dem Zug in die Gäubodenstadt kommt, hat in puncto "schnelle Erfrischung" allerdings eher schlechte Karten. "In den Kühlregalen müssen wir Platz für das Bier halten", sagt eine Kiosk-Mitarbeiterin auf die Frage einer Leserin nach der gähnenden Leere im Regal. So geschehen wenige Tage vor dem Gäubodenvolksfest.

Was sonst ein Tabu wäre, kann in diesen Tagen eher in der Rubrik "der ganz normale Wahnsinn" verbucht werden. Beispiel gefällig? Mittwochnachmittag, 22. Juli: Gegen 14 Uhr sitzt eine Vierergruppe gemütlich bei ein paar Bier in der Grünanlage am Kinseherberg zusammen. Das ist in Straubing freilich verboten. Schließlich heißt es in der Satzung der Stadt über die Benutzung der öffentlichen Grünanlagen unter §2 3.11. "Insbesondere ist den Benützern untersagt: der Aufenthalt zum Alkoholgenuss, soweit dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt werden kann". Die folgerichtige Quittung für unsere vier Freunde vom Kinseherberg also: Ein Verwarnungsgeld von je 25 Euro und obendrauf eine Anzeige.

So weit, so gut. Wer gegen Verordnungen verstößt, muss schließlich auch die Konsequenzen für sein Handeln tragen. Einen faden Beigeschmack hat die ganze Sache allerdings dann, wenn mit zweierlei Maß gemessen wird. Wenn auch notgedrungen. Gäubodenvolksfest - Ausnahmezustand. Da werden schon mal beide Augen zugedrückt. Denn plötzlich pilgern ganze Schwärme gröhlend mit Alkohol eingedeckt vom Bahnhof aus durch die Stadt in Richtung Hagen. Die Marschrichtung ist dabei schon vor der Ankunft klar. Schon im Zug fließt der Alkohol in Strömen. "Momentan lassen die Leute so viele leere Bierflaschen im Zug zurück, das sind locker sechs Müllsäcke voll - pro Fahrt", berichtet ein Kontrolleur der Gäubodenbahn.

Kaum am Bahnhof angekommen, winkt schon die nächste Versuchung: ein Bierstand. Den Pegel also nochmal kurz nach oben geschraubt und weiter geht's in Richtung Hagen - mit dem Bier in der Hand als Wegration. Verwarnungsgelder und Anzeigen sind hier aber so selten wie eine Liebesbekundung von Straubing an Deggendorf. Zu groß ist der Ansturm. Das gibt auch Albert Meier, Pressesprecher der Straubinger Polizei, unumwunden zu: "Wir haben in der Zeit so viele andere Einsätze, da muss man Prioritäten setzen." Alkoholverstöße im öffentlichen Raum seien da noch das geringste Problem. "Bei der Menge an Leuten drückt man da zwangsläufig ein Auge zu", so Meier weiter.

Die Karawane zieht also fröhlich weiter, trinkt, singt, schreit und lacht. Die Nebenwirkungen: Müll in Form von Bierflaschen, Scherben in den Grünanlagen und alkoholgeschwängerte Provokationen sind an der Tagesordnung. Den Sauftourismus und seine Begleiterscheinungen in den Griff zu kriegen, scheint angesichts von rund 1,4 Millionen Besuchern ein Ding der Unmöglichkeit. Dessen ist sich auch Johannes Burgmayer, Pressesprecher der Stadt Straubing, bewusst: "Die überwiegende Mehrheit der Besucher feiert dieses Fest im vernünftigen Rahmen. Natürlich stellt diese Veranstaltung aber eine besondere Situation dar, die die Infrastruktur sowie die organisatorischen und personellen Möglichkeiten aller an der Veranstaltung Beteiligten an ihre Grenzen bringt."

Muss man aber diese negativen Auswirkungen noch mehr befeuern, indem schon am Bahnhof praktisch kein Weg am Bier vorbeiführt? Burgmayer hierzu: "Für zwei Gaststätten im Bahnhof, eine davon mit angeschlossenem Einzelhandelsgeschäft, bestehen unbefristete Erlaubnisse für die Ausgabe von Speisen und Getränken. Das beinhaltet auch die Ausgabe von alkoholischen Getränken." Ein unbefristeter Freifahrtschein also.

Auch Burgmayer ist sich freilich dessen bewusst, dass der Stadt bei diesem Massenansturm so einige schwarze Schafe durch die Lappen gehen. Verständlich. Bitter allerdings für die Vierergruppe vom Kinseherberg: Hätten sie ihr Bier mal lieber zur Volksfestzeit getrunken...

sized

Alkoholverbot in Grünanlagen? Das Gäubodenvolksfest hat eben seine eigenen Gesetze. (Foto: mj)

sized

Hereinspaziert am Straubinger Bahnhof: Wer im Zug noch nicht genug "vorgeglüht" hat, kann hier gleich weitermachen. (Foto: pb)

sized

Kein Bild mit Seltenheitswert zur Volksfestzeit: Die Abfallbehälter in den Zügen quillen vor Bierflaschen und -dosen über. (Foto: pb)

sized

Kaum im Bahnhof angekommen, hat man schon wieder die Qual der Wahl: Bier, Wein oder doch gleich Schnaps? (Foto: mj)

sized

Kaum im Bahnhof angekommen, hat man schon wieder die Qual der Wahl: Bier, Wein oder doch gleich Schnaps? (Foto: mj)

sized

Die leeren Bierflaschen werden nicht selten einfach da "entsorgt", wo man gerade steht. (Foto: mj)