Klaus Stögbauer über die Auswirkungen der Schneebruchschäden im Landkreis
"Der Wald ist heute anspruchsvoller"
13. Februar 2019, 17:00 Uhr aktualisiert am 13. Februar 2019, 18:37 Uhr
Bereits mehrere Wochen ist es her, dass in den höheren Lagen des Landkreises der Schneefall zahlreiche Bäume umknicken ließ und den Feuerwehren Dauereinsätze bescherte. Klaus Stögbauer, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Straubing, spricht im Interview über die Folgen, mit denen Waldbesitzer im Landkreis derzeit zu kämpfen haben, und erklärt, wie für die Zukunft präventiv gehandelt werden kann.
Wann ist das Schneebruchrisiko am höchsten?
Klaus Stögbauer : Wenn nasser Schnee in hoher Intensität fällt, kein Wind dazu geht und gegebenenfalls auch noch Regen auf die bereits mit Schnee bedeckten Bäume und Äste fällt und gefriert. Dann wird das Gewicht, das einzelne Äste oder Teile der Baumkrone tragen müssen, schnell um das Vielfache erhöht. Ergebnis sind Abbrüche einzelner Äste, teilweise der oberen Baumkrone oder sogar ganzer Bäume.
Mit welchen Folgeschäden kann nach Schneebrüchen in einem Wald gerechnet werden?
Stögbauer:
Wenn es sich bei den gebrochenen Bäumen um Fichten handelt, ist die Gefahr von Insektenschäden ab dem Frühjahr besonders groß. Das Problem ist, dass die Aufarbeitung einzelner gebrochener Bäume oder Stammteile einen hohen zeitlichen Aufwand für den Waldbesitzer bedeutet. Beispielsweise müssen genauestens alle Waldflächen abgesucht werden. Die Borkenkäfer haben eine besondere
Vorliebe für einzelne "Happen", die verteilt im Wald liegen. Fichtenteile, die im Frühjahr noch frisch sind, können sie somit problemlos besiedeln. Von hier aus können dann schnell ganze Waldflächen befallen werden, da die ausfliegenden Käfer sich sofort in die direkt danebenstehenden Fichten einbohren. Die Gefahr ist heuer besonders hoch, da wir aufgrund des letzten heißen Jahres ein hohes Käferpotenzial bereits draußen in unseren Wäldern haben.
Wie erfolgt am besten die Aufarbeitung des gebrochenen Holzes?
Stögbauer: Die Aufarbeitung erfolgt eigentlich nur händisch mit der Motorsäge, da sich eine Maschine bei einzelnen Gipfeln, Hölzern nicht rentiert. Schwierig ist es, genau zu sagen, wann ein Baum erhalten werden kann und wann eine vollständige Beseitigung unumgänglich ist. In der Tendenz finde ich, dass es Sinn macht, einen ganzen Baum zu entnehmen, wenn ein Großteil der grünen Krone abgebrochen ist, da dieser stark geschwächt und anfällig ist. Außerdem besitzt er dann nur noch wenig grüne Nadelmasse, die er für das Wachstum benötigt.
Mit der Motorsäge sollte nur gearbeitet werden, wenn zumindest ein zweitägiger Lehrgang absolviert wurde
Welche Risiken birgt die Beseitigung von Schneebruchholz?
Stögbauer: Grundsätzlich gilt, dass mit der Motorsäge nur gearbeitet werden sollte, wenn zumindest ein zweitägiger Lehrgang absolviert wurde. Das reine Aufarbeiten der am Boden liegenden Holzteile ist fachlich eher unkritisch, da in der Regel keine Spannungen im Holz vorhanden sind. Blicke nach oben sind aber unumgänglich, um zu prüfen, ob nicht noch Astteile und Ähnliches herabfallen können. Das Fällen der stehenden Teile des Baumes ist eher gefährlich, da die Krone als Richtungsgeber bei der Einhaltung der Fällordnung fehlt oder kaum vorhanden ist.
Wann ist der beste Aufarbeitungszeitpunkt?
Stögbauer: Mit der Aufarbeitung des Holzes sollte am besten begonnen werden, wenn kein Schnee mehr auf den Bäumen ist und der Wald aufgrund der Schneelage gefahrlos betreten werden kann. Gleichzeitig sollte dies noch vor Beginn des Frühjahrs erledigt werden. Vor allem die Fichtenteile sollten noch vor dem ersten Ausschwärmen der Borkenkäfer aufgearbeitet werden.
Ziel muss es immer sein, für den Wald von morgen einen fichtenärmeren und gemischteren Wald zu begründen
Welche Aufarbeitungsreihenfolge ist zu beachten?
Stögbauer: Am leichtesten kann man es sich mit folgendem Dreisatz merken: Fichte vor Kiefer, Einzel- vor Flächenbruch sowie Schwach- vor Starkholz.
Zum Stichpunkt "Mit den Risiken des Klimawandels leben lernen": Was bedeutet das für den Wald und die Forstwirtschaft?
Stögbauer: Grundsätzlich muss ein Waldbesitzer wegen des Klimawandels häufiger mit Witterungs- und Schädlingseinflüssen im Jahr rechnen. Das macht den Waldbau aufwendiger und anspruchsvoller. Ziel muss es immer sein, für den Wald von morgen einen stabileren, fichtenärmeren und vor allem gemischteren Wald zu begründen und seine Wälder regelmäßig zu pflegen und Holz zu ernten.