Landshuter Zeitung
Student will aus alter JVA ein Schmuckstück machen
7. August 2011, 15:23 Uhr aktualisiert am 7. August 2011, 15:23 Uhr
Von Claudia Hagn
Seit 2008 weiß keiner so genau, was mit der alten JVA passieren soll. Momentan dient sie als Club, auch Filmkulisse war sie schon - doch was soll mit dem rund 6000 Quadratmeter großen markanten Gebäude mit Türmchen geschehen? Viel war schon im Gespräch: Studentenwohnheim, auch wurde das Areal kürzlich im Rennen um das Museum zur Bayerischen Geschichte als Standort genannt.
Wer es nicht kennt, könnte den Komplex von der Inneren Münchner Straße aus fast für ein kleines Schlösschen halten. Geht es nach Severin Oswald soll zwar nicht ein Schloss, aber zumindest ein Kongresshotel mit Stadthalle daraus werden. Ein gutes halbes Jahr lang hat sich der Absolvent des Studiengangs Architektur mit dem Gelände, dem Gebäude, seiner Beschaffenheit, den Sichtachsen und den Wünschen diverser Beteiligter auseinandergesetzt. Das Ergebnis gibt es jetzt: Eine mehrere hundert Seiten starke Sonder-Diplomarbeit, die zeigt, was werden könnte - wenn sich jemand daran machen würde, das Gelände mit einem Blick auf das Alte zu gestalten.
"Nicht alles über den Haufen werfen"
"Das ist eine Stelle in Landshut, wo etwas richtig Gutes passieren könnte und wo keine oberflächlichen Lösungen hinkommen sollten", sagt Oswald. Der Schnittpunkt zwischen Wittstraße, Grätzberg und Innerer Münchner Straße sei ein idealer Platz, um Position zu beziehen - Position dazu, wie die Stadt in Zukunft für neue Generationen aussehen könnte. Die Geschichte Landshuts könne dort weitergeschrieben werden, alles über den Haufen zu werfen, sei nicht gut. Oswald wünscht sich, dass sich Entscheider auf dem Gelände der alten JVA auf etwas einzulassen. Vor 1907 war dort eine Gärtnerei angesiedelt, dann folgte die Justizvollzugsanstalt, nun schließlich der Club "KN4ST". Die Räume wurden bis auf kleine Eingriffe laut Oswald fast nicht umgebaut. Wenige Landshuter kennen die alte JVA mit ihren die Bürger aussperrenden Mauern und dem dahinter liegenden Innenleben überhaupt: Es gibt alte charakteristische Gewölbe, das Volumen ist riesig. "Dieser Teil der Stadt ist fast unbekannt, als ob er gar nicht existieren würde." Die innenräumliche Struktur des Gebäudes ist laut Oswald auch intakt. Er würde die Struktur erhalten, nur den Ausbau mit Wänden, Putz, Installationen austauschen und modifizieren.
Oswald hat sich in seinem Entwurf für ein Kongresszentrum mit Stadtsaal und einem lebendigen Innenhof für alle Bürger entschieden. Seine Entwürfe zeigen lichte Fensterstrukturen, eine Sichtverbindung zur Martinskirche und eine Freifläche zur Wittstraße hin. Die jetzigen JVA-Bestandteile und der Turm sind eigentlich im Widerspruch zur Stadtplanung gebaut, sagt Oswald: Die Rückseite des Komplexes blickt auf die Wittstraße, über die viele Besucher Landshut erreichen. "Und genau so empfindet man das Gelände auch." Oswalds Entwurf sieht einen Gebäuderiegel parallel zur Wittstraße vor; so könnte die Schlüsselstelle geöffnet werden.
In vielen Städten sind alte Gefängnisse bereits zu Hotels umgebaut worden - die einen setzen eher auf karges Innenleben, die anderen haben Luxusdomizile aus den alten Zellen gemacht. "Von der Typologie und vom Aufbau her ist das ideal", sagt auch Oswald. 80 bis 85 Zimmer hat er vorgesehen. Zwei der rund acht Quadratmeter großen Zellen ergäben ein Hotelzimmer, die Fenster sind in Oswalds Entwurf vergrößert und nach unten gezogen. Die charakteristischen Steintüren in der JVA würde er belassen, "weil sie so prägend sind." Wohnbebauung hält der Student an der Wittstraße für nicht ideal, vor allem wegen des Lärms und der Möglichkeit der Durchquerung des Geländes für alle Bürger. Der Konferenzsaal im Entwurf hat 900 Plätze, er wäre multifunktional, für Politik, Sport und eventuell sogar Theateraufführungen geeignet. Auf seinem Dach läge der für jeden zugängliche Innenhof.
Wunsch nach mehr öffentlicher Diskussion
Oswald würde sich vor allem mehr öffentliche Diskussion rund um die JVA und die Stadtentwicklung im Bereich um das alte Gefängnis wünschen. "Es ist ein kulturelles Erbe, das großartig ist. Das muss man weiterentwickeln." Ein Abriss wäre seiner Meinung nach völlig ideenlos, eine Weiterentwicklung würde den Stadtraum allseitig attraktiver machen. Auch ist laut Oswald eines dringend nötig: die Verkrampfung in den Köpfen der Menschen zu lösen. "So schlimm ist ein altes Gefängnis gar nicht." Er wünscht sich eine Wertschätzung für das, was an Gebäuden vorhanden ist. Oft gebe es die Angst, dass Veränderung gleich mit Verschlechterung zu setzen sei. "Und das stimmt nicht."
Mehr dazu lesen Sie in der Landshuter Zeitung ovm 5. August 2011!