Landkreis Landshut
Hürde beim Projekt Ortsmitte überwunden
7. September 2017, 12:59 Uhr aktualisiert am 7. September 2017, 12:59 Uhr
"Wir machen den Weg frei", diesen Werbeslogan schreibt sich die Raiffeisenbank auf die Fahne. Für die Gemeinde Tiefenbach trifft das Werbeversprechen im wahrsten Sinne des Wortes zu, denn mit der Raiffeisenbank Buch-Eching (RBE) hat die Gemeinde nun einen Gestaltungspartner an der Seite, mit dem das "integrierte Ortsentwicklungskonzept" umgesetzt werden soll. Dies beschlossen am Dienstag die Gemeinderäte einstimmig und stellten so die Weichen, um im Einklang mit einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht das Konzept in die notwendigen Verträge gießen zu können.
Bereits in der Gemeinderatssitzung am 11. Juli bekundete die Raiffeisenbank Interesse, als Gestaltungspartner für die Wiederbelebung der Tiefenbacher Ortsmitte einzutreten. Die Raiffeisenbank wäre somit Vorhabensträger, das bedeutet, dass die Gemeinde die Bauausführungen plant und der Vorhabensträger diese auf Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes umsetzt. Das Konzept überzeugte im Gemeinderat schon deshalb, weil man mit der Raiffeisenbank einen ortsansässigen "Investor" mit ins Boot nehme und nicht auf "anonyme" Investoren, wie beispielsweise aus München oder anderen Regionen, zurückgreifen müsse. Vorteile biete auch die Tatsache, dass mit der RBE der Gemeindehaushalt geschont werden würde, da andere Investoren die Wünsche der Gemeinde nicht in Gänze umzusetzen bereit gewesen wären und zur Realisierung des Gemeindekonzeptes der eigene Haushalt mit den restlichen Investitionen erheblich belastet worden wäre. Die Raiffeisenbank zeigte sich bereit, den Wünschen der Gemeinde bei der Umsetzung des Projektes in vollem Umfang zu entsprechen. Dorfplatz, Bürgersaal, Hotelerie und Gastronomie sowie ein Ärztehaus sind die markanten Vorhaben des Dauerbrenners "Projekt Ortsmitte", das den Tiefenbachern vor allem die Lebensqualität erheblich aufwertet.
Keine adäquaten Investoren gefunden
Trotz des bereits ansprechenden Konzeptes erkundigte sich Bürgermeisterin Birgit Gatz (Neues Bürgerforum) bei den entsprechenden Rechtsaufsichtsbehörden, um vergaberechtlich die Auftragserteilung in "trockene Tücher" zu bringen. Daraufhin wurde im Zeitraum vom 12. bis 22. August ein "Bieterwettbewerb" einberufen, der weiteren Interessenten die Möglichkeit eröffnete, sich als Projektpartner anzubieten. "In diesem Zeitraum gingen bei der Verwaltung einige Bewerbungen ein, insbesondere aus dem Raum München und Deggendorf, von denen allerdings keine adäquat mit dem Konzept der Raiffeisenbank konkurrieren konnte", erläuterte Gatz.
Mit den Bewerbungen der Mitbewerber ging einher, dass der Umfang des Leistungskataloges der Gemeinde nur mit Abstrichen - vor allem im Bereich der gewünschten Hotelerie und Gastronomie - zu bedienen wäre. "Wenn wir mit dem Projekt Ortsmitte im Frühjahr 2018 beginnen wollen, müssen wir jetzt in Stellung gehen", konstatierte Gatz.
Der Gemeinderat stimmte dem Beschluss einstimmig zu, die Raiffeisenbank als Gestaltungspartner und Vorhabensträger mit dem Projekt zu beauftragen. Im nächsten Schritt soll in einem Bauleitverfahren die Grundlage geschaffen werden, um die nötigen städtebaulichen Verträge in Stein zu meißeln, auch dem stimmten die Gemeinderäte einstimmig zu.
Damit beide Vertragsparteien "unfallfrei" das Projekt auf die Zielgerade bringen, beriet der Gemeinderat über die Einschaltung eines Fachanwaltes für Verwaltungsrecht mit städtebaulicher Spezialisierung. Bereits im Vorfeld suchte Gatz mit dem Amtsleiter Rudolf Radlmeier und Thomas Dax, dem Leiter der Vermögensabteilung der RBE, den Fachanwalt in München auf, um die "Causa" vorab zu eruieren. Dass dies notwendig sei, so Gatz, zeigt das Leistungsspektrum der Verträge, die neben faktischen Inhalten auch gestalterische Aspekte regeln sollen. Unter anderem müssten auch Vorkaufsrechte eingeräumt werden, wenn beispielsweise eine Arztpraxis im Ärztehaus wieder verkauft werden soll.
Fachanwalt sorgt für "unfallfreie" Realisierung
Gemeinderat Oliver Kapser (Neues Bürgerforum) begleitete ein "unangenehmes Ziehen" im Bauch, wenn er an die anfallenden Anwaltskosten denkt: " Die rechtliche und anwaltliche Vertretung eines solchen Projektes kann schnell zu einem Ewigkeitswerk werden", mahnte Kapser. Um hohe Anwaltskosten zu vermeiden, brachte Kapser den Denkanstoß, ob nicht seitens staatlicher Seite eine Rechtsberatung erfolgen könne, "schließlich handelt es sich bei unserem Vorhaben ja nicht um ein Pilotprojekt", so Kapser.
Gatz erwiderte, dass eine individuelle Beratung durch Fachstellen in der notwendigen Tiefe nicht gewährleistet werden könne. Auch Gemeinderat Dr. Joachim Westphal (FDP) gibt der fachanwaltlichen Lösung den Vorzug: "Es wäre mir sehr recht, mit dem Projekt im Frühjahr 2018 starten zu können, mit der fachanwaltlichen Lösung ist eine zügige Umsetzung realistischer". Die Argumente waren nicht ausreichend, um Kapsers "Bauchziehen" zu lindern, so regte er eine mögliche Deckelung der drohenden Anwaltskosten an. Im Rahmen der Anwaltskosten, die sich laut Gatz auf einen Stundensatz von etwa 230 Euro einpendeln, sei grundsätzlich eine Deckelung möglich. Es sei allerdings gerade zu Beginn nach ihrem Dafürhalten ein falsch gesetztes Signal. "Ich werde den Gemeinderat jederzeit über die Entwicklung der Anwaltskosten informieren, dann können wir immer noch die Reißleine ziehen", beschwichtigte die Bürgermeisterin.
Der Gemeinderat stimmte daraufhin einstimmig dem Beschluss zu, die Kanzlei Hoffmann & Greß aus München mit dem Mandat zu beauftragen.