Wahlradar 2018: Jungpolitiker im Interview

Gesundheit: Von fehlenden Landärzten und Profit-Praxen


Am 14. Oktober sind Bezirkstags- und Landtagswahlen in Bayern.

Am 14. Oktober sind Bezirkstags- und Landtagswahlen in Bayern.

Von Redaktion idowa

Der Wahlsonntag steht vor der Tür. Viele Menschen im Freistaat erhoffen sich von den Wahlen positive Veränderungen. Doch welche Partei, welches Bündnis könnte die bringen? idowa verschafft Klarheit - denn bei uns müssen die Jungpolitiker aus allen Gruppierungen Klartext sprechen - kurz, knapp, auf den Punkt.

Wahl-Radar 2018: Gesundheit - Von fehlenden Landärzten und Profit-Praxen

Der Wahlsonntag steht vor der Tür. Viele Menschen im Freistaat erhoffen sich von den Wahlen positive Veränderungen. Doch welche Partei, welches Bündnis könnte die bringen? idowa verschafft Klarheit - denn bei uns müssen die Jungpolitiker aus allen Gruppierungen Klartext sprechen - kurz, knapp, auf den Punkt.

Marina Triebswetter

Am 14. Oktober finden die Bezirkstags- und Landtagswahlen in Bayern statt. In unserer Videoserie "Wahlradar 2018: Jungpolitiker im Gespräch" beantworten Politiker der Jugendorganisationen der Parteien, die Chancen auf einen Einzug ins Maximilianeum haben, Fragen zu den Themen Gesundheit, Bildung, Rente, Arbeit, Wirtschaft und Asylpolitik.

Bis zur Wahl versorgen wir im regelmäßigen Rhythmus die Wählerinnen und Wähler mit neuen Videos. Jeder unserer Interviewpartner musste sich zu den identischen Themenkomplexen äußern. So können sich Nutzer schnell einen Überblick über die Haltungen der Parteien zu zentralen Themenfeldern verschaffen.

Los geht es in der ersten Folge mit dem Thema Gesundheit. Folgende Jungpolitiker haben wir getroffen: Paul Linsmaier (CSU), Marlene Schönberger (Grüne), Marvin Kliem (SPD), David Berends (FDP), Felix Locke (Freie Wähler) und Marius Brey (Die Linke). Die AfD wurde ebenfall angefragt, konnte aber zunächst keinen Gesprächspartner stellen. Möglicherweise ist in einer der kommenden Ausgaben ein AfD-Vertreter dazu bereit, auf die Fragestellungen einzugehen.

Die Statements der Jungpolitiker im Wortlaut zum Nachlesen

Thema Gesundheit - jeder will eine wohnortnahe gesundheitliche Versorgung mit Ärzten und Krankenhäusern. In der Realität machen Arztpraxen und Krankenhäuser reihenweise zu. Wie wollen die Parteien hier Abhilfe schaffen?

Paul Linsmaier (Junge Union, CSU)

"Wir haben jetzt in unser Wahlprogramm aufgenommen, dass wir eine Landarztquote einführen wollen und eine Landarztprämie, damit wir wirklich junge Medizinstudenten dazu begeistern und sie fördern können. Der Bezirk Niederbayern hat jetzt ein Stipendium aufgelegt für junge Medizinstudenten, die sich dann bereit erklären, für ihre Heimat tätig zu sein. Für mich persönlich ist einfach ein Punkt, dass der Freistaat jetzt wieder die Studienplätze für Medizin ausbaut, um auch mehr Ärzte zu bekommen. Wenn wir drei Studienplätze im Freistaat Bayern schaffen, ist einer davon für den bayerischen Studenten und zwei davon werden über die Verteilung für Studenten aus anderen Bundesländern gestellt. Da muss man wirklich ansetzen und sagen - in dem Fall ausnahmsweise "Bayern First" -, dass die Studienplätze für die bayerischen Studenten da sind, die vielleicht sogar das schwerere Abitur haben, und nicht so eine gute Note haben im Vergleich zu einem aus einem anderen Bundesland. Sodass man diese dann wirklich auch bei uns halten kann und es für sie attraktiv ist, eine Praxis im ländlichen Raum aufzumachen."

David Berends (Junge Liberale, FDP)

"Man muss wirklich darauf schauen, dass man junge Ärzte motiviert, Landärzte zu werden. Das macht man, indem man die Gegenden, in denen sie Ärzte werden sollen, eben attraktiv vernetzt. Es kann nicht sein, dass man von seinem Wohnort noch einmal eine Stunde in die Praxis fahren muss - über Stock und über Stein. Und da müssen wir ansetzen. Wir müssen eben jungen Leuten das Ganze schmackhaft machen. Es gibt momentan ein Stipendium vom Bezirk Niederbayern, das vorsieht, dass junge Medizinstudenten in Österreich studieren sollen und dann eben für ein paar Jahre in Niederbayern bleiben sollen. Das ist natürlich eine Idee, aber eine langfristige Lösung sehe ich darin nicht. Denn so wird nur mehr und mehr Geld ausgegeben. Stattdessen können wir das Geld da rein stecken, sodass die Leute auch freiwillig da bleiben."

Marius Brey (Linksjugend'solid, Die Linke)

"Im Endeffekt haben wir nicht zu wenige Ärzte, die Ärzte sind falsch verteilt. Wenn man sich einmal die Zahlen von 1991 bis 2015 anschaut, hat sich die Zahl der praktizierenden Ärzte in Deutschland, auch in Bayern, um ein Drittel vergrößert. Nur die Ärzte sind nicht im Bayerischen Wald, sondern sitzen in Starnberg und am Tegernsee. Und der einzige Grund dafür ist, weil es dort viele Privatpatienten gibt und weil man da gut Profit machen kann. Wenn man das Problem lösen will, dann muss man weg von der Zweiklassen-Medizin. Und dann die Privatisierung von Krankenhäusern: Das ist ja irgendwie absurd, dass man sagt, Krankenhäuser müssen Gewinn machen. Kein Mensch würde sagen, die Feuerwehr muss Gewinn machen. Die Feuerwehr ist dazu da, dass sie Menschen hilft. Und genauso ist es mit Alten, Kranken und Pflegeeinrichtungen. Wir haben noch zusätzlich ein ganz anderes Problem: In Bayern fehlen 12.000 Pflegekräfte. Deshalb haben wir jetzt ein Volksbegehren initiiert, zusammen mit Verdi, mit dem Marburger Bund, SPD und Grünen. Wir brauchen 25.000 Unterschriften im ersten Schritt und ich möchte sie alle einladen, auch bei unserem Volksbegehren zu unterschreiben. Wir wollen einen verbindlichen Personal-Patientinnenschlüssel in bayerischen Krankenhäusern."

Marvin Kliem (Jungsozialisten, SPD)

"Wir sehen, dass der Freistaat Bayern in den letzten Jahren viel zu wenig für den ländlichen Raum gemacht hat. Wir müssen schauen, dass der ländliche Raum wieder vorankommt. Wir als bayerische SPD wollen gerade was das Thema Gesundheit angeht, kräftig investieren - in die Kliniken, die auch durch die Kommunen finanziert werden. Die Kommunen haben oft zu große Probleme vor der Haustür, haben zusätzlich Schulden und eine Schuldenbremse, die es kaum möglich macht, dass man weiter irgendetwas finanziert. Deswegen müssen wir schauen, dass wir diese Schuldenbremse wieder abschaffen und vernünftig Geld in die Kommunen stecken. Denn die Kommunen müssen selbst für den Freistaat Bayern und für den Bund so viel erledigen, da können wir ihnen auch einmal mehr zugutekommen lassen."

Marlene Schönberger (Grüne Jugend, Bündnis '90 - Die Grünen)

"Dafür ist es wichtig, dass wir die Lebensqualität auf dem Land verbessern. Ärztinnen und Ärzte müssen gerne auf dem Land leben wollen, dann denke ich mal, ist die Daseinsvorsorge gesichert. Krankenhäuser müssen in kommunaler Hand bleiben, sie müssen in 20 Minuten erreichbar sein, egal ob man in der Stadt wohnt oder auf dem Land. Und was wir natürlich auch brauchen ist eine Abkehr von der Zweiklassen-Medizin, sprich eine Bürgerversicherung für alle Menschen. Dann ist es auch nicht mehr besonders rentabel, seine Praxis in der Stadt aufzumachen, wo sehr viele Menschen privatversichert sind."

Felix Locke (Junge Freie Wähler, Freie Wähler)

"Es kann nicht sein, dass wir die eh schon sehr finanziell angespannte Lage der Kommunen, Städte und Gemeinden dafür ausnutzen, auch noch finanzschwache Krankenhäuser quer zu subventionieren. Das muss der Freistaat übernehmen. Auf der anderen Seite müssen wir aber natürlich auch mit den Krankenkassen reden, die hier auch maßgeblich daran beteiligt sind, einfach über Beiträge und Zahlungen auch diese Krankenhäuser zu bewahren. Wenn ich eine Sportverletzung habe und mich beim Fußball verletze, dann möchte ich nicht erst 40 Minuten ins nächste Krankenhaus fahren, sondern ich bin froh, wenn ich nur fünf Minuten fahren muss, direkt röntgen kann und mir der Arzt dann sagt, was ich habe. Das ist eigentlich traurig, dass wir überhaupt darüber diskutieren müssen. Wir wollen den Status Quo aufrechterhalten. Wir wissen, die Krankenhäuser, die schon abgeschrieben worden sind, die werden wir nicht mehr retten können - so realistisch sind wir. Aber wir kämpfen, dass dieses Phänomen, das Krankenhaus- und Landarzt-Aussterben, mit uns keine Zukunft mehr hat. Wir wollen uns für den ländlichen Raum weiterhin einsetzen."