Wahlradar 2018: Jungpolitiker im Interview

Markenkern und "Wer mit wem?"


Nach den Wahlen ist vor den Koalitionsverhandlungen. Wer will mit wem?

Nach den Wahlen ist vor den Koalitionsverhandlungen. Wer will mit wem?

Von Redaktion idowa

Am Sonntag sind Landtagswahlen in Bayern. Die Parteien erläutern deshalb im idowa Wahlradar, warum man am Wahltag das Kreuz bei Ihnen machen sollte und nicht woanders. Sobald die Stimmen ausgezählt sind, stellt sich die nächste Frage. Wie wird koaliert?

Welche politischen Farbenspiele finden unsere Jungpolitiker interessant? Gibt es Traumbündnisse? Welchen Markenkern verfolgen die Parteien und wie passt er zu den Kernpositionen der anderen? idowa hat bei den Politikern nachgefragt.

Video zum Thema:

Die Stellungnahmen der Jungpolitiker im Wortlaut

Paul Linsmaier (Junge Union, CSU)

Stefan Karl: Was ist der Markenkern der CSU, was unterscheidet die CSU von allen anderen Parteien?

Paul Linsmaier: Die CSU ist die Bayernpartei, das ist völlig klar. Wir sind die Partei, die Bayern in Bayern vertritt, wir sind aber auch die einzige Partei, die wirklich nur bayerische Interessen außerhalb Bayerns vertreten kann, in Deutschland und auch in Europa. Wir sind in jedem Landkreis mit einem Abgeordneten vertreten. Wir sind bayernweit hervorragend vernetzt. Wir haben 60 Jahre Regierungserfahrung in Bayern und ich glaube, wir können mit Stolz sagen: Wir haben eine sehr positive Bilanz vorzulegen. Ich glaube, der Markenkern für die CSU ist sehr, sehr eindeutig.

Marlene Schönberger (Grüne Jugend, Bündnis '90 Die Grünen)

Isabel Klingseisen: In aller Kürze, Frau Schönberger: Was ist der Markenkern der Grünen in Bayern und der Grünen Jugend und aus welchem Grund sollte man nicht woanders sein Kreuz machen?

Marlene Schönberger: Ich finde, das Besondere an den Grünen und der Grünen Jugend ist, dass wir eine linke und ökologische Partei sind, die auch feministische Positionen vertritt und ich finde, das gibt es nur bei den Grünen.

Isabel Klingseisen: Wie stehen Sie zu politischen Farbenspielen? Und könnten sich die Grünen eine Koalition mit der CSU vorstellen?

Marlene Schönberger: Für uns ist natürlich wichtig, die Alleinregierung der CSU in Bayern endlich zu beenden. Wir wollen eine möglichst schwache CSU, wir möchten natürlich auch eine schwache AfD. Am schönsten wäre es, die CSU in die Opposition zu schicken. Und zur Frage schwarz-grün: Für die Grüne Jugend ist die CSU keine verlässliche Partnerin.

Isabel Klingseisen: Wer wäre dann ein verlässlicher Partner?

Marlene Schönberger: Seit den letzten Umfragen ist zum ersten Mal eine bunte Koalition ohne CSU möglich und das ist natürlich interessant.

Marvin Kliem (Jungsozialisten, SPD)

Stefan Karl: Was ist aus Ihrer Sicht der Markenkern der SPD und warum sollte man Ihre Partei im Oktober wählen?

Marvin Kliem: Ganz einfach. Wir Sozialdemokraten haben drei große Grundwerte, an denen wir uns ausrichten. Das sind Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität. Wir sind der Meinung, dass niemand in unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden soll und alle Menschen gut von ihrer Arbeit leben können. Wir sind dafür, dass es allen Menschen in Bayern und Deutschland gut geht und daran richten wir uns aus.

Stefan Karl: Speziell an die SPD: Wäre für den Freistaat Bayern schwarz-rot denkbar?

Marvin Kliem: Nein. [...] Wir als Jungsozialistinnen und Jungsozialisten sind absolut gegen eine Koalition mit der CSU, weil wir in der letzten Zeit gesehen haben, dass die CSU durch ihre rechte Sprecherei gerade Wasser in die Mühlen der AfD geschüttet hat. Generell, die bayerische SPD macht keine Koalitionsaussage dazu. Da sind wir Jusos etwas fortschrittlicher.

Marius J. Brey (linksjugend ['solid], Die Linke)

Isabel Klingseisen: Was ist denn der Markenkern der Partei Die Linke in Bayern? Und ist das vielleicht nicht wirklich der der Linksjugend? Es soll scheinbar der Fall sein, dass einige Mitglieder der Jugendorganisation vom Verfassungsschutz überwacht werden. Aus welchem Grund sollte man am Sonntag, den 14. Oktober, bei Ihnen das Kreuz machen und nicht woanders?

Marius J. Brey: Der Markenkern der Linken und damit im Grunde auch der Linksjugend ist immer noch die soziale Gerechtigkeit. Es geht uns um die Frage, wie wir in der Gesellschaft dafür sorgen können, dass niemand auf der Strecke bleibt, dass wir alle mitnehmen, dass es keine Armut mehr gibt. Aber auch die Fragen nach Bürgerrechten und Demokratie. Und gerade unter diesem Aspekt ist es doch absurd, dass die Linksjugend weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Das ist eigentlich ein Relikt aus den 70er Jahren, also vom Radikalen-Erlass. Und wenn man sich mal die bayerische Verfassung durchliest, wird man feststellen, dass es im Grunde fast eins zu eins das Programm der Linken und damit auch das des Jugendverbandes ist. Der Verfassungsschutz soll sich eher mal die Frage stellen, ob denn alles was die CSU macht mit unserer Verfassung konform ist. Warum man das Kreuz bei uns machen sollte? Ganz klar! Es gibt einen wahnsinnigen Unmut in der Gesellschaft, auch in Bayern. Die Menschen gehen wieder auf die Straße. Anti-PAG, #ausgehetzt, Mietenwahnsinnsdemo - und wir sind die einzige Partei, die diesen Unmut von der Straße Hand in Hand mit den sozialen Bewegungen auch ins Parlament tragen möchte.

Isabel Klingseisen: Welches wäre denn das Traumbündnis der Linken und könnten Sie sich eine Koalition mit der CSU vorstellen?

Marius J. Brey: Das Traumbündnis wäre rot-rot-grün. Das wird vermutlich schwierig werden. Unser ehemaliger Parteivorsitzender Klaus Ernst hat mal einen Satz gesagt, der für uns Linke immer noch gilt, nämlich: "Bevor wir mit der CSU koalieren, ertränken wir uns in der Isar". Und wir sind auch froh, dass die CSU auch nicht mit uns koalieren möchte. Wenn sie das denn mal wollte, haben wir ordentlich was falsch gemacht. Ich glaube, es läuft auf schwarz-grün hinaus. Und dann ist klar, es braucht eine starke linke Oppositionskraft. Es braucht Die Linke im bayerischen Landtag.

Felix Locke (Junge Freie Wähler, Freie Wähler)

Stefan Karl: In wenigen Sätzen: Was ist der Markenkern der Freien Wähler?

Felix Locke: Wir stehen für eine solide Politik, die wir schon seit Jahrzehnten durch unsere Bürgermeister und unsere Landräte in jeder Gemeinde und in jeder Stadt, in der wir dran waren, bewiesen haben. Und das macht unseren Charme aus. Wir haben keine Ideologie. Wir müssen nicht alles, was mit Tierschutz und Unweltschutz zu tun hat, nur weil wir einer bestimmten Farbe angehören, gut heißen. Wir können sachlich orientiert jedes Problem und jede Thematik in Bayern analysieren und können diese wertfrei und ideologiefrei diskutieren und dann für den jetzigen Ist-Zustand die beste Lösung für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern finden. So wie es in den Gemeinde- und Stadträten sowieso passiert. Da ist man auch in gewisser Weise ideologiefrei und entscheidet, was das Beste für die Gemeinde und Bürger im Ort ist. Das vermisse ich gerade auf Landesebene. Und da sind wir freien Wähler eigentlich die perfekte Alternative.

Stefan Karl: Ist schwarz-orange eine Option, die man sich offen hält?

Felix Locke: Je mehr orange in Bayern, umso besser. Wenn die schwarze Farbe eine andere Farbe braucht, dann braucht Bayern uns Freie Wähler. Wir sind bereit zu regieren. Jede Partei, die in den Wahlkampf tritt, will mitregieren. Ich bin realistisch genug, zu sagen, es wird nicht ohne die CSU gehen, aber wenn die CSU koaliert, dann mit uns und nach unseren Spielregeln. Wir wollen klar unseren Stempel die nächsten fünf Jahre miteinbringen. Wenn man bei Verhandlungen so weit kommt, dass wir eine Politik für Bayern vorfinden, mit der wir auch werben, dann werden wir auch Koalitionspapiere unterschreiben. Aber jetzt zu sagen, wir regieren einfach des Regierens willen, das wird nicht passieren.

Benjamin Nolte (Junge Alternative, AfD)

Stefan Karl: Was ist der Markenkern der AfD?

Benjamin Nolte: Ich sehe die AfD als Partei der Bürgerrechte, als Partei der bürgerlichen Freiheitsrechte, als Partei der direkten Demokratie und der bürgerlichen Mitbestimmung. Wir sorgen dafür, dass der Bürger der Herr im eigenen Haus, sprich im eigenen Land, bleibt. Als Politiker ist man nur Verwalter des Landes. Regieren sollte das Land immer noch der Bürger.

Stefan Karl: Würde die AfD für eine Regierungsbeteiligung im Freistaat zur Verfügung stehen?

Benjamin Nolte: Ich bin gerne bereit, mich mit den Stimmen der CSU zum bayerischen Ministerpräsidenten wählen zu lassen.

Stefan Karl: Welche Alternativen gäbe es aus Ihrer Sicht für die Alternative für Deutschland? Welche Bündnispartner kämen infrage?

Benjamin Nolte: Meinetwegen lasse ich mich auch mit den Freien Wählern zum bayerischen Ministerpräsidenten wählen.

David Berends (Junge Liberale, FDP)

Stefan Karl: Aus Ihrer Sicht, was ist der Markenkern der FDP und der Jungen Liberalen im Speziellen?

David Berends: Der Markenkern der Liberalen ist grundsätzlich, dass wir uns für mehr Freiheit einsetzen. Die Jungen Liberalen ganz im Speziellen sind, wie jede Jugendorganisation, die "Jungen Wilden", die das noch viel mehr ausleben. Wir hören die jungen Leute und möchten die größtmögliche Freiheit innerhalb der Partei bieten.

Stefan Karl: Aus Sicht der Julis, wäre schwarz-gelb ein attraktives Angebot?

David Berends: Das müsste erstmal zahlentechnisch funktionieren. Grundsätzlich ist alles ein attraktives Angebot, bei dem wir unsere Inhalte durchsetzen können. Und das wird in einer Koalition nicht zu 100 Prozent passieren. Das ist uns Jungen Liberalen klar, aber wir wollen unsere wichtigsten Positionen durchbringen. Das heißt, dass die CSU unter anderem an Ihrem Kurs zum PAG ganz kräftig rütteln muss.