Dingolfinger AfD-Politiker äußert sich zu Vorwürfen

Wird dieser Stein für Protschka zum Problem?


So sah der Gedenkstein aus, nachdem der Schriftzug der Jungen Nationalisten zugespachtelt wurde.

So sah der Gedenkstein aus, nachdem der Schriftzug der Jungen Nationalisten zugespachtelt wurde.

Von Redaktion idowa

Stürmische Zeiten für den Dingolfinger AfD-Abgeordneten Stephan Protschka. Der Stein des Anstoßes ist dabei ein eben solcher: ein Gedenkstein. Aufgestellt vor wenigen Tagen auf einem Friedhof im polnischen Beuthen/Bytom. Als Spender wird darauf nicht nur Protschka erwähnt, sondern ursprünglich auch die Jungen Nationalisten. Vor allem die Grünen schlagen Alarm, sehen in dem Kriegerdenkmal ein Gemeinschaftsprojekt der Rechten. Doch wie kam es nun zu diesem Gedenkstein? Und welche Rolle spielten darin Stephan Protschka und die AfD?

Der Grünen-Kreisverband Dingolfing-Landau in Person von Franz Anneser hatte den Stein vor wenigen Tagen ins Rollen gebracht. Er war zuvor auf der Facebook-Seite von Stephan Protschka fündig geworden und hatte dort Bilder von dem gerade erst errichteten Gedenkstein entdeckt. Für Anneser in vierlerlei Hinsicht ein Affront: "Man muss sich das vorstellen: ein Gedenkstein für die Wehrmacht in Polen!" Als Spender werden zunächst auf dem Kriegerdenkmal nicht nur AfD-Mann Protschka, sondern auch die Jungen Nationalisten (JN) genannt - eine offizielle Jugendorganisation der rechtsextremen NPD. Mit im Boot außerdem: die vom Verfassungsschutz beobachtete Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf.

Was war mit den Bildern?

Doch in einem Punkt unterscheiden sich die von Protschka auf Facebook hochgeladenen Bilder: hier sucht man den Namen der Jungen Nationalisten (JN) auf dem Denkmal vergeblich. In Reihen des Kreisverbandes der Grünen ist man sich deshalb schnell sicher, dass hier von Protschka entsprechend nachgeholfen wurde. "Letztere [Anm. d. Red.: die Jungen Nationalisten] hat er auf seinen Seiten notdürftig unkenntlich gemacht", so der konkrete Vorwurf. Wurden hier also von Protschka via Photoshop noch nachträglich Korrekturen vorgenommen, um nicht in einer Reihe mit einem Ableger der NPD genannt zu werden? Laut Aussagen von Protschka wurde nicht getrickst. Der Name der Jungen Nationalisten sei tatsächlich noch vor Ort zugespachtelt worden.

Auch von Seiten der ebenfalls involvierten Jungen Alternative (JA) Berlin will man nichts von einer JN-Beteiligung an diesem Projekt gewusst haben. In einer JA-Stellungnahme heißt es hierzu: "Es besteht seit über einem Jahr ein loser Kontakt zwischen der JA Berlin und dem Bund der Jugend der deutschen Minderheit (BJDM). Dieser wird auch vom Deutschen Innenministerium anerkannt und gefördert. Daher bestanden von unserer Seite aus keine Bedenken bezüglich einer Zusammenarbeit."

Protschka: "Habe mir weiter keine Gedanken gemacht"

Man sei von dem Jugendverband um "Mithilfe bei der Förderung der Erstellung eines Gedenksteins für die Toten der Weltkriege" gebeten worden. "Auf Nachfrage hin bestätigte man uns, dass die einzigen aufgeführten Sponsoren die JA Berlin und MdB Stephan Protschka sein würden", berichtet JA-Vorsitzender Vadim Derksen. Seiner Darstellung nach sorgten die ersten Bilder von dem Gedenkstein bei der Jungen Alternative dann aber für Erstaunen. "Da stellten wir fest, dass wir nicht die einzigen Sponsoren des Steins waren und man diesbezüglich unehrlich uns gegenüber war", so Derksen weiter.

Protschka selbst will laut eigenem Bekunden davon nichts geahnt haben. "Ich habe nur gespendet! Genauso wie ich dem Roten Kreuz, den Johannitern, der Krebshilfe und anderen jedes Jahr spende. Ich bin weder Initiator, noch war ich an der Planung beteiligt", beteuert der Dingolfinger AfD-Politiker. Da der BJDM vom Innenministerium anerkannt und gefördert werde, habe er sich "weiter keine Gedanken gemacht". Aus diesem Grund habe man sofort reagiert und den BJDM zum unverzüglichen Handeln aufgefordert. Derksen: "Wir haben unsere Unterstützung vollumfänglich zurückgezogen und unsere geplante Reise zur Einweihung abgesagt. Wir haben uns aus dem Projekt zurückgezogen und rechtliche Schritte angekündigt, sollte der Stein nicht unverzüglich geändert werden." Eine eventuelle weitere Beteiligung habe man gezielt davon abhängig gemacht, dass "der Schriftzug der JN entfernt wird". Dies sei nun erfolgt. Dennoch sei das Vertauensverhältnis zwischen Junger Alternative und BJDM "natürlich nachträglich beschädigt" und die JA Berlin werde von einer weiteren Zusammenarbeit absehen.

Was der BJDM zu dem Fall sagt, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Das sagt der BJDM zu dem Fall

Und jetzt wird es kurios: denn auch in Reihen des BJDM ist man sich uneins, wie es überhaupt zu diesem Gedenkstein gekommen ist. Tatsächlich soll es sich hier um einen Alleingang des Vorsitzenden Markus Tylikowski gehandelt haben. "Herr Tylikowski hat niemandem aus dem BJDM-Landesvorstand seinen Plan vorgestellt, ihn im Vorstand nicht zur Aussprache gestellt oder überhaupt nur erwähnt. Erst durch die sozialen Medien haben Vorstand und Mitarbeiter davon erfahren, dass am Volkstrauertag ein solcher Stein errichtet wurde", äußert ein BJDM-Sprecher gegenüber idowa. Ein reines Kommunikationsproblem also? "Die Kommunikation im Vorstand ist gegeben und normalerweise wäre solch eine Idee wie die von Herrn Tylikowski (…) klar und deutlich abgelehnt worden. Niemals würde solch eine Aktion mit Kontakt zu diesen politischen Organisationen unterstützt werden", heißt es von Seiten des BJDM weiter.

BJDM zieht personelle Konsequenzen

Personelle Konsequenzen aus diesem jüngsten Fall hat der Jugendverband offenbar bereits eingeleitet. "Der Vorstand hat das Verfahren zum Ausschluss von Markus Tylikowski aus dem Vorstand des BJDM und aus der Organisation auf den Weg gebracht", lässt ein Sprecher durchblicken. Darüber hinaus sei auch der Vorsitzende des Deutschen Freundschaftskreises (DFK) Beuthen in Zusammenhang mit diesem Vorfall bereits zurückgetreten. Idowa konnte Markus Tylikowski via sozialer Medien für eine Stellungnahme nicht erreichen.

"Diesen Stein dürfte es gar nicht erst geben!"

Doch wird dieser Fall auch Konsequenzen für Stephan Protschka haben? Von einer JN-Beteiligung scheint er nichts gewusst zu haben. Das räumt mittlerweile auch Franz Anneser von den Grünen ein: "In der Hinsicht waren wir vielleicht etwas vorschnell, aber es zeigt trotzdem, wie leichtfertig er sich in solchen Kreisen bewegt. Stephan Protschka ist unbedarft und geschichtsverloren. Außerdem dürfte es diesen Stein gar nicht erst geben!" Wenig überraschend sieht der AfD-Politiker dies völlig anders: "Dass die Grünen, die auch auf Demos rumlaufen, bei denen auch der gewaltbereite schwarze Block dabei ist und auf denen ‚Deutschland verrecke!" skandiert wird, ein Problem damit haben, glaube ich. Ich werde als Nachkomme von Vertriebenen immer unserer Vorfahren gedenken."

Wie es nun weitergeht, ist fraglich. Wie die taz berichtet, will der Leiter der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Protschka erstatten. Begründet hat er dies laut Bericht mit der Widmung auf dem Stein. Mit "Selbstschutz- und Freikorpskämpfer" sei entweder der "Volksdeutsche Selbstschutz" gemeint, der im Zweiten Weltkrieg zehntausende Polen und Juden ermordet habe. Oder aber der "Selbstschutz Oberschlesien", ein Zusammenschluss rechtsextremer Korps in den 1920er Jahren.

"War nie die Rede davon, dass es nur um deutsche Soldaten gehen soll"

Von der geplanten Anzeige hat Stephan Proschka laut eigener Aussage bereits gehört. Er sehe ihr jedoch gelassen entgegen. Allerdings räumt er ein: "Ich war blauäugig und werde in Zukunft vorsichtiger sein." Denn auch von den detaillierten Inschriften auf dem Gedenkstein will er nichts gewusst haben. Protschka: "Ich wurde Ende letzten Jahres lediglich gefragt, ob ich für eine Gedenktafel für die in Polen gefallenen Soldaten im 2. Weltkrieg spenden möchte. Es war nicht mal die Rede davon, dass es dabei nur um deutsche Soldaten gehen soll. Und auch nicht, dass ich als Spender auf dem Stein genannt werde." Vor allem an der expliziten Nennung des "Freikorps" störe er sich. Protschka hat nun in dieser Angelegenheit Kontakt zum polnischen Botschafter aufgenommen und ist auf Wiedergutmachung aus. "Mich stört das selbst, was hier gemacht wurde und ich werde das wieder richten.", gibt sich der Dingolfinger AfD-Politiker geläutert.

Schon jetzt zeichnet sich ab: der Gedenkstein sorgt in Deutschland und in Polen für Entsetzen und Auseinandersetzungen. Mittlerweile ist er mit Schmierereien überzogen. Neben einigen polnischen Ausdrücken ist darauf auch eine unmissverständliche Botschaft auf Deutsch klar und deutlich zu lesen: "Raus!"