Sein erstes Jahr als Ministerpräsident

Wie ist Markus Söder wirklich?


Ministerpräsident Markus Söder

Ministerpräsident Markus Söder

Von Anne Hund / Stadtviertel

Ein Jahr Markus Söder: Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuther erklärt die Wandlung des CSU-Chefs im Amt des Ministerpräsidenten.

München - Am Samstag jährt sich die erste Wahl von Markus Söder (CSU) zum bayerischen Ministerpräsidenten. Schon ein Jahr sitzt der Nürnberger im Chefsessel der Staatskanzlei - man glaubt es kaum. Denn kurzweilig war die Landespolitik mit ihm auf jeden Fall, wofür schon sein Amtsvorgänger Horst Seehofer gesorgt hat. Und so wie es aussieht, wird es mit ihm auch nicht langweilig. Dafür werden Lufttaxis, Hyperloop und "Bavaria One" sorgen. Außerdem will sich der Landesvater im Fasching 2020 wieder verkleiden.

Söders Wandel: Einsicht oder Taktik?

Die Frage, die viele bewegt, ist: Wer ist Söder wirklich? Genialer Rollenspieler oder gereifter Verantwortungsträger? Als Vorgänger Seehofer Ende 2017 nach quälender Demontage den Stabwechsel für das "erste Quartal 2018" ankündigte, war Söder schon intensiv mit seinem Imagewandel unter dem Arbeitsbegriff "Profil mit Stil" beschäftigt. Im Sommer 2018 ließ er sich noch auf den - wie sich bei den späteren Landtagswahlen herausstellte - fatalen Anti-Merkel-Feldzug Seehofers ein, doch danach mutierte er konsequent vom populistischen "Lautsprecher" zum liberalkonservativen Landesvater.

CSU vom Wähler abgestraft

Aus echter Einsicht oder bloßer Taktik? Wer Söder nicht sonderlich gewogen ist, wie der Kabarettist Maxi Schafroth, spricht von "Pseudoreflektiertheit", wenn Söder ein ums andere Mal sagt, dass er ordentlich "dazu gelernt" habe. Söder sei einer, der auf dem Schulhof in die schönste Schlägerei verwickelt war und wenn der Lehrer kommt, beteuert: "Ich habe nicht angefangen. Ich bin auf Ihrer Seite."

Der "Lehrer", das wäre in diesem Fall der Souverän, der Wähler. Und der hat die CSU am 14. Oktober 2018 abgestraft wie noch nie in ihrer Geschichte. Von 47,7 Prozent im Jahr 2013 stürzte sie auf 37,2 Prozent ab. Ministerpräsident und damit CSU-Spitzenkandidat war Söder. Es gehört zu den kleinen Wundern der modernen Politik, dass die Verantwortung für die Niederlage weder von seiner Partei noch von den Wähler bei Söder abgeladen wurde.

Söder gibt sich grüner

"Die Taktik, Seehofer die Verantwortung zuzuschieben, ist aufgegangen", sagt Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter. "Angesichts des äußerst mäßigen Wahlergebnisses ist die Situation gekennzeichnet von erstaunlicher Unangreifbarkeit und Durchsetzungskraft Söders", stellt der Passauer CSU-Kenner fest.

Jedenfalls macht Söder nach Ansicht der meisten Beobachter wenig falsch. Anders zu Beginn seiner Amtszeit, als er den "Kreuzerlass" verkündete und sich dafür von den beiden großen christlichen Kirchen herbe Kritik einhandelte. Auf welchem Niveau sich sein Image zu diesem Zeitpunkt bewegte, zeigte die im Internet kursierende Behauptung, Söder habe nach dem medienwirksamen Anbringen eines Kreuzes im Eingangsbereich der Staatskanzlei wegen Brandverletzungen an den Händen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen.

Inzwischen ist der Söder Markus ein ganz Netter. Nicht einmal auf dem Politischen Aschermittwoch, der CSU-Fortsetzung des Faschings mit politischen Mitteln, ließ er sich in diesem Jahr zu Unkorrektheiten und herbem Draufhauen verleiten. Vor allem aber wird Söder grün, sehr grün sogar.

Um das erfolgreiche Volksbegehren "Rettet die Bienen" noch irgendwie für sich und die CSU zu retten, installierte er mit den Initiatoren einen Runden Tisch mit dem Auftrag, möglichst noch über die Forderungen des Plebiszits hinauszugehen (AZ berichtete). Eine Wende im Schnellzugstempo legte Söder im Verhältnis mit der Schwesterpartei hin. Nach dem drohenden Bruch der Union im vergangenen Sommer demonstriert Söder sich und CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer als ein Herz und eine Seele.

Friedenspfeife mit AKK

Die Friedenspfeife mit AKK, so Oberreuter, "ist Ausdruck historischer Einsicht und abklingenden Größenwahns". Ob das alles etwas nutzt, um vom Platz des "unbeliebtesten Ministerpräsidenten Deutschlands" wegzukommen, den die Demoskopen im Sommer 2018 für Söder ermittelten, wird sich schon bald zeigen. Seit dem 19. Januar ist Söder auch CSU-Vorsitzender und damit verantwortlich für das Abschneiden der Partei bei der Europawahl am 26. Mai. Eine neuerliche Wahlschlappe wird er schwerlich auf den Amtsvorgänger abschieben können.

Bis auf Weiteres sitzt Söder ohnehin fest im Sattel, prognostiziert Oberreuter. Seine Stärke liege darin, dass seine Partei in dieser herausfordernden Situation keine interne Auseinandersetzung brauchen könne. In der Generation der 40- bis 55-Jährigen gebe es auch keinen Konkurrenten.

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