Innenministerium lehnt Gesetzentwurf ab
Volksbegehren Pflege vor dem Verfassungsgericht
18. Juni 2019, 17:51 Uhr aktualisiert am 18. Juni 2019, 17:51 Uhr
Das Innenministerium hat den Gesetzentwurf zur Pflege abgelehnt, weil er in die Kompetenz des Bundes eingreife. Nun müssen die Richter entscheiden.
München - Scherzen, Plaudern, freundliches Geplänkel: Nach einer harten Auseinandersetzung zwischen den Initiatoren des Volksbegehrens zum Pflegenotstand und der Staatsregierung sieht es vor der Verhandlung eigentlich nicht aus. Am Dienstag hat sich das Bayerische Verfassungsgericht in München mit der Gesetzesinitiative des Begehrens befasst - denn das Innenministerium hatte sein Veto eingelegt.
Das bayerische Volksbegehren "Stoppt den Pflegenotstand", das mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt und diese an das Ministerium übergeben hatte, fordert unter anderem mehr Personal an den bayerischen Kliniken. Realisiert werden soll das durch einen festen Schlüssel für Personal und Patienten. Konkret soll der auf Intensivstationen bei 1:1 beziehungsweise 1:3 liegen, bei anderen Stationen soll der Bedarf anhand des Bewertungs-Bemessungs-Systems (PPR) ermittelt werden.
Streitigkeit um Personalbemessung: Sind Bund oder Länder zuständig?
Im April lehnte das Innenministerium das Begehren ab. Die Begründung: Die Gesetzgebungs-Kompetenz liege beim Bund, nicht bei den Ländern. Vor allem um diesen Punkt ging es auch in der mündlichen Verhandlung. Denn auch, wenn die Vertreter des Innenministeriums durchaus ihre Sympathie für das Ziel des Volksbegehrens durchblicken ließen - was wohl den lockeren Umgang der einzelnen Parteien erklärt - blieben sie in der Sache hart.
Die Initiatoren des Begehrens sind davon überzeugt, dass es keineswegs einen Kompetenz-Konflikt zwischen Bund und Land gibt. Laut Anwältin Adelheid Rupp (SPD) - eine der stellvertretenden Beauftragten des Volksbegehrens und zuständig für Rechtsfragen - basiert die vorgeschlagene Personalbemessung auf dem Bayerischen Krankenhausgesetz und damit auf einer Landesgesetzgebung. "Natürlich hat auch der Bund im Bereich der Krankenhäuser Zuständigkeiten", sagt sie. "Aber die betreffen laut Bundesverfassungsgericht nur die Finanzierung der Krankenhäuser und die Festlegung von deutschlandweiten Personalmindeststandards."
Vor Gericht führt Rupp aus, die Personaluntergrenzen des Bundes seien lediglich die "Notbremse", um zu verhindern, dass Patienten im Krankenhaus Schaden nähmen. "Wir wollen aber etwas ganz anderes", so die Juristin. Es gehe um eine gute Versorgung der Patienten, die zur Genesung beitrage.
Ablehnung des Volksbegehrens zum Pflegenotstand
Die Vertreter des Innenministeriums und der Staatsregierung argumentierten dagegen damit, dass der Bund die Personalbemessung bereits abschließend geregelt und Bayern keinen gesetzlichen Spielraum habe, eigene Personalbemessungsgrundlagen zu beschließen. Der Beauftragte des Volksbegehrens, Linken-Bundestagsabgeordneter Harald Weinberg, rief dem Gericht zudem die "katastrophalen Zustände" in der Pflege ins Gedächtnis. Allein in Bayern fehlen demnach rund 12.000 Fachkräfte.
Zudem stellte Weinberg klar: "Krankenhausplanung ist Ländersache".
Die Vertreter des Volksbegehrens wittern in der Ablehnung auch politisches Kalkül: "Nach dem überwältigenden Erfolg des Bienen-Volksbegehrens haben CSU und Freie Wähler Angst davor, erneut von den Bürgerinnen und Bürgern politisch in die Schranken gewiesen zu werden", so Weinberg.
Entscheidung vor dem bayerischen Verfassungsgericht
Unterstützung erhielten die Volksbegehrens-Vertreter von der Gewerkschaft Verdi Bayern. Robert Hinke, Leiter des Fachbereichs Gesundheit und Soziales, erklärte am Dienstag, die Bayerische Staatsregierung habe selbst schon Personalbemessungsregelungen in den Krankenhausplan aufgenommen - nämlich 2006 für den Bereich der Palliativstationen.
Das Bündnis gegen den Pflegenotstand zeigte sich nach der Verhandlung optimistisch. Doch wie es weitergeht, entscheidet sich erst am 16. Juli. Dann wollen die neun bayerischen Verfassungsrichter ihr Urteil fällen.
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