Lage im Überblick

Vermittler fordern Gaza-Abkommen - USA warnen Iran


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Die Verhandlungen sollen in Kairo oder in Doha wieder aufgenommen und zum Abschluss gebracht werden. (Archivbild)

Von dpa

Angesichts wachsender Sorgen vor einem Flächenbrand im Nahen Osten haben die Vermittler bei den schwierigen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg Israel und die islamistische Hamas mit energischen Worten zu einem Abkommen gedrängt. Beide Seiten seien aufgefordert worden, die Gespräche am 15. August in Doha oder in Kairo wieder aufzunehmen, "um alle verbleibenden Lücken zu schließen und ohne weitere Verzögerung mit der Umsetzung des Abkommens zu beginnen", heißt es in einer vom katarischen Emir Tamim bin Hamad al-Thani, dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und US-Präsident Joe Biden unterzeichneten gemeinsamen Erklärung.

Sie erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt, da der Iran und seine Verbündeten wie die Hamas Vergeltungsschläge gegen Israel wegen der Tötung zweier führender Köpfe der Hamas und der libanesischen Hisbollah-Miliz angekündigt haben. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter haben den Iran nach Informationen des "Wall Street Journal" gewarnt, dass seine neu gewählte Regierung und seine Wirtschaft einen verheerenden Schlag erleiden könnten, sollte ein Großangriff gegen Israel erfolgen. Die Warnung sei Teheran sowohl direkt als auch über Mittelsmänner übermittelt worden, zitierte die Zeitung einen US-Beamten.

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Die USA haben weiteres Militär, darunter F-22-Kampfflugzeuge in den Nahen Osten verlegt. (Archivbild)

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US-Verteidigungsminister Austin sichert seinem israelischen Amtskollegen Galant am Telefon erneut Beistand zu. (Archivbild)

"Die Vereinigten Staaten haben dem Iran deutlich zu verstehen gegeben, dass das Risiko einer größeren Eskalation im Falle eines bedeutenden Vergeltungsangriffs gegen Israel extrem hoch ist", hieß es ohne Nennung von Details. Das israelische Sicherheitskabinett kam am Donnerstagabend in Tel Aviv zusammen, um über die angespannte Situation zu beraten. "Es gibt absolut keine legitime Grundlage für den Iran, einen militärischen Angriff gegen Israel zu starten, mit dem er weiterhin droht", sagte unterdessen ein ranghoher Beamter der US-Regierung in Washington. Die Vereinigten Staaten seien auf jede Eventualität vorbereitet.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sicherte seinem israelischen Kollegen Joav Galant am Telefon den Beistand der USA zu und verwies auf die Verlegung zusätzlicher militärischer Kräfte in die Region, darunter Kampfflugzeuge vom Typ F-22 Raptor. Sie seien eine von vielen Maßnahmen zur Abschreckung, zur Verteidigung Israels und zum Schutz der amerikanischen Streitkräfte in der Region, schrieb Austin nach dem Telefonat auf der Plattform X. Zugleich habe er betont, wie wichtig es sei, eine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gazastreifen zu schließen, die zur Freilassung der Geiseln führe, so Austin.

Die von den Vermittlern abgegebene Erklärung habe zwar nicht direkt mit dem Iran und seinen Drohungen zu tun, sagte der US-Beamte. Aber sollte der Iran angreifen, gebe es keine Aussicht auf eine Waffenruhe in Gaza, weil man dann mit anderem beschäftigt wäre. Es sei nicht so, dass das Abkommen am kommenden Donnerstag unterschriftsreif sein werde. "Es gibt noch viel zu tun. Aber wir glauben, dass das, was hier noch übrig ist, wirklich überbrückt werden kann, und wir haben wirklich keine Zeit zu verlieren", sagte der Regierungsbeamte.

Es sei an der Zeit, sowohl der leidenden Bevölkerung in Gaza als auch den Geiseln und ihren Familien "unverzüglich Erleichterung zu verschaffen", heißt es in der Erklärung der Vermittler. Man habe über viele Monate hinweg "unermüdlich daran gearbeitet, ein Rahmenabkommen zu schmieden, das nun auf dem Tisch liegt und bei dem nur noch die Einzelheiten der Umsetzung geklärt werden müssen", heißt es in der Erklärung weiter. "Es gibt keine Zeit mehr zu verlieren und keine Ausreden für weitere Verzögerungen." Man sei bereit, falls nötig einen letzten überbrückenden Vorschlag vorzulegen, der die verbleibenden Fragen der Umsetzung in einer Weise löst, "die den Erwartungen aller Parteien entspricht".

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte nach der Veröffentlichung der Erklärung mit, Israel werde "gemäß dem Vorschlag der USA und der Vermittler" am 15. August eine Delegation an einen noch zu bestimmenden Ort entsenden, "um die Einzelheiten der Umsetzung des Rahmenabkommens festzulegen". Das Forum der Angehörigen der Geiseln dankte den drei Vermittlern und appellierte laut der "Times of Israel" an Netanjahu und seine Regierung, "Führungsstärke zu zeigen" und ein Abkommen "für die Rückkehr aller Geiseln" zu schließen. Die Hamas hat nach israelischer Zählung noch 115 Geiseln in Gaza in ihrer Gewalt, von denen aber viele nicht mehr am Leben sein dürften.

Der israelische Verteidigungsminister Galant wandte sich zuvor angesichts des Konflikts mit der mit dem Iran verbündeten Hisbollah im Libanon in einer ungewöhnlichen Botschaft direkt an die Bevölkerung des nördlichen Nachbarlandes. "Wenn die Hisbollah ihre Aggression fortsetzt, wird Israel sie mit aller Macht bekämpfen", warnte Galant in arabischer Sprache auf der Plattform X. Israel strebe "nach Frieden, Wohlstand und Stabilität auf beiden Seiten der Nordgrenze. Deshalb werden wir nicht zulassen, dass die Hisbollah-Miliz die Grenze und die Region destabilisiert", erklärte der Minister und zitierte nach Angaben seines Büros ein arabisches Sprichwort: "Wer mit dem Feuer spielt, muss mit Zerstörung rechnen".

Nach der Tötung eines Militärkommandeurs der Hisbollah-Miliz im Libanon sowie eines Anführers der verbündeten Hamas im Iran ist die Gefahr eines großen Kriegs im Nahen Osten stark gestiegen. Der Iran, die Hisbollah und die islamistische Hamas haben Vergeltung gegen Israel angekündigt. Die Hisbollah und Israel liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs täglich Gefechte. Vor allem im Libanon, aber auch in Israel kamen dabei zahlreiche Zivilisten ums Leben. Zudem wurden mehr als 350 Hisbollah-Mitglieder wie auch israelische Soldaten getötet. Zehntausende Anwohner verließen auf beiden Seiten der Grenze ihre Heimatorte.

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, übte unterdessen scharfe Kritik an Israels Vorgehen gegen acht entsandte Vertreter Norwegens. Dass die israelische Regierung den Personen den Diplomatenstatus entzogen habe, widerspreche in Oslo vereinbarten Abkommen zur Lösung des Nahost-Konflikts und störe die Beziehungen und die Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, ließ Borrell in Brüssel mitteilen. Er verurteile diese unbegründete Entscheidung aufs Schärfste. Diese Position sei über den Leiter der EU-Delegation in Tel Aviv der israelischen Regierung übermittelt worden.

"Dies ist keine bilaterale Frage zwischen Israel und Norwegen, sondern eine von Interesse für alle, die sich für Frieden und Stabilität im Nahen Osten einsetzen", erklärte er. Das israelische Außenministerium hatte zuvor mitgeteilt, Außenminister Israel Katz habe Norwegen informiert, dass er den diplomatischen Status norwegischer Vertreter in Israel aufhebe, die für die palästinensischen Gebiete zuständig seien. Zur Begründung war von "einer Reihe antiisraelischer und einseitiger Schritte der norwegischen Regierung" die Rede. Im Mai hatte Norwegen wie Spanien und Irland beschlossen, einen palästinensischen Staat anzuerkennen.


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