Politik

Neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius. Er soll's richten

Nichts mit Parität: Niedersachsens Innenminister Pistorius wird Nachfolger von Christine Lambrecht. Die Bundeswehr findet's gut.


Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen und künftiger Bundesverteidigungsminister, gestern an seinem bisherigen Amtssitz. Seine Ernennung zum Nachfolger von Christine Lambrecht (SPD) hat viele überrascht

Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen und künftiger Bundesverteidigungsminister, gestern an seinem bisherigen Amtssitz. Seine Ernennung zum Nachfolger von Christine Lambrecht (SPD) hat viele überrascht

Von Stefan Lange

Die Nachricht überraschte viele Akteure im politischen Berlin: Boris Pistorius wird Verteidigungsminister. Doch nicht nur die Politik staunte, auch der neue Chef im Bendlerblock hatte nur wenig Zeit, sich an den Posten zu gewöhnen. Der Anruf von Kanzler Olaf Scholz sei "sehr überraschend" erfolgt, sagte Pistorius gestern in Hannover.

Dort war der SPD-Politiker bisher als Innenminister tätig, morgen soll er im Bundestag auf sein neues Amt vereidigt werden. Pistorius ergänzte, er habe am Montag von seiner neuen Aufgabe erfahren und sorgte mit diesen Äußerungen für Verwirrung. Denn Scholz hatte zuletzt den Eindruck erweckt, er habe schon länger eine Idee für die Nachfolge von Christine Lambrecht.

Unions-Fraktionschef Friedrich Merz sprach von einer "beispiellosen Hängepartie" beim "vielleicht wichtigsten Amt, das in der Bundesregierung nach dem Bundeskanzler ausgeübt wird". Üblicherweise gilt für neue Ministerinnen und Minister eine 100-Tage-Schonfrist, doch Pistorius hat diese Zeit nicht.

Wenn er am Donnerstagvormittag nach der Vereidigung im Plenarsaal auf der Regierungsbank Platz nimmt, wird er mit einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Lieferung von Kampfpanzern an die ukrainische Armee konfrontiert. Tags drauf treffen sich in Ramstein die westlichen Verbündeten, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Pistorius soll teilnehmen und steht auch hier im Fokus: Nachdem Großbritannien die Lieferung von Kampfpanzern versprochen hat, erhöht das den Druck auf die deutsche Regierung, Panzer der Leopard-Klasse bereitzustellen.

Pistorius sagte, es sei ihm eine "wirklich außerordentlich große Ehre", das Verteidigungsministerium zu leiten. "Die Truppe kann sich darauf verlassen, dass ich mich, wann immer es nötig ist, vor sie stellen werde", ergänzte der SPD-Politiker und wird da einiges zu tun haben.

Die Truppe fiel in der Vergangenheit beispielsweise durch rechtsextremistische Vorfälle im Kommando Spezialkräfte (KSK) auf. Nach dem Debakel in Afghanistan und dem angekündigten Rückzug aus Mali muss Pistorius die Frage beantworten, ob es in Zukunft noch Auslandseinsätze geben soll.

Durch den Ukraine-Krieg und das Engagement im Ausland ist die Bundeswehr in der Landes- und Bündnisverteidigung schwächer geworden. Es gibt beispielsweise nicht genügend Munition, auch hier muss der neue Minister ran. Das Beschaffungswesen der Truppe ist eine Dauerbaustelle, Pistorius muss im Rahmen der "Zeitenwende" sinnvoll 100 Milliarden Euro für neue Flugzeuge, Drohnen und anderes Gerät ausgeben.

Nach Einschätzung von Olaf Scholz hat sein neuer Minister das Zeug, anstehende Aufgaben zu bewältigen und sich dabei nicht unbeliebt zu machen. "Ich bin überzeugt, dass das jemand ist, der mit der Truppe kann, und den die Soldatinnen und Soldaten sehr mögen werden", sagte der Kanzler. Der Bundeswehrverband salutierte schon mal vor dem neuen Chef. "Wir gratulieren Boris Pistorius zu seinem neuen Amt", sagte der Vorsitzende André Wüstner. Mit der Entscheidung habe Scholz unterstrichen, welche Bedeutung er dem Amt beimesse. "Unabhängig von Quote und Proporz hat er die aus seiner Sicht am besten geeignete Persönlichkeit ausgewählt", so der Oberst.