Treffen mit Putin und Biden
Kreml dämpft Hoffnungen auf Ukraine-Gipfel
21. Februar 2022, 5:54 Uhr aktualisiert am 21. Februar 2022, 13:07 Uhr
Der Kreml hat Hoffnungen auf ein baldiges Treffen von Präsident Wladimir Putin mit seinem US-Kollegen Joe Biden zur Entspannung des Ukraine-Konflikts gedämpft.
"Es gibt soweit keine konkreten Pläne dazu", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Grundsätzlich seien Gespräche aber möglich - sowohl am Telefon als auch persönlich. Laut Weißem Haus in Washington hat Biden einem Treffen "im Prinzip" zugestimmt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Wochenende versucht, ein solches Treffen zu vermitteln. Unterdessen berief Putin den nationalen Sicherheitsrat ein.
Nach Tagen neuer Gefechte im Konfliktgebiet in der Ostukraine bezeichnete Peskow die Lage als "extrem angespannt". "Wir sehen bisher keine Zeichen für eine Entspannung." Peskow ging laut Interfax nicht auf eine Journalistenfrage ein, ob Russland militärisch eingreife, sollten die von Moskau unterstützten Separatisten in den Gebieten Donezk und Luhansk um Hilfe bitten. Im Westen wird befürchtet, dass Moskau eine solche Bitte als Vorwand nehmen könnte.
Neue Gefechte am Wochenende
Internationale Beobachter hatten zuletzt von einer massiven Zunahme an Verstößen gegen einen geltenden Waffenstillstand gesprochen. Die Aufständischen sprachen am Montag von mindestens zwei Toten und neuen Gefechten. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Bereits am Wochenende sollen auf beiden Seiten mindestens vier Menschen getötet worden sein, darunter zwei ukrainische Soldaten.
Die Separatisten hatten die Bevölkerung angesichts des Konflikts zwischen Moskau und Kiew zur Flucht nach Russland aufgerufen. Nach russischen Angaben sind inzwischen mehr als 61.000 Menschen dorthin ausgereist, teilte das Zivilschutzministerium mit.
In den Gebieten Donezk und Luhansk unweit der russischen Grenze kämpfen seit 2014 vom Westen ausgerüstete Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. UN-Schätzungen zufolge sind bereits mehr als 14 000 Menschen getötet worden, zumeist im Separatistengebiet. Ein Friedensplan von 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung wird nicht umgesetzt.
Macron versucht sich als Vermittler
Wegen der zugespitzten Lage gab es zuletzt neue Anläufe, die Krise diplomatisch zu lösen. Frankreichs Präsident Macron telefonierte am Sonntag gleich zweimal mit Kremlchef Putin und einmal mit Biden. Macron habe den beiden Staatschefs ein Treffen und anschließend ein weiteres mit allen Beteiligten vorgeschlagen, hieß es in der Nacht aus dem Élyséepalast in Paris. Biden hat laut Weißem Haus ein Gespräch an die Bedingung geknüpft, dass Russland vorher nicht in die Ukraine einmarschiert.
Der Inhalt eines möglichen Gipfels solle am Donnerstag von US-Außenminister Antony Blinken und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow bei einem Treffen bestimmt werden, hieß es weiter. Die US-Regierung drohte Moskau im Falle eines Einmarsches erneut mit Sanktionen. Man sei bereit, schnelle und schwerwiegende Schritte zu unternehmen, sollte Russland den Krieg wählen.
Moskau widerspricht seit Wochen hartnäckig entsprechenden Befürchtungen des Westens. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150 000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland Ukraine zusammengezogen. Sorgen lösen auch russische Truppen in Belarus aus, die nun doch länger als geplant ein Manöver abhalten sollen.
Außenministerin Annalena Baerbock sagte am Montag zur Lage in der Ostukraine: "Was wir in den letzten 72 Stunden erlebt haben an Anschlägen, an gewaltsamen Auseinandersetzungen vor Ort, ist wirklich besorgniserregend." Zugleich begrüßte die Grünen-Politikerin Frankreichs Initiative für weitere Spitzengespräche. "Wir können diese Krise nur am Verhandlungstisch lösen", sagte sie bei einem EU-Ministertreffen in Brüssel. Das Engagement des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für ein Treffen auf Spitzenebene sei gut.
Ukraine fordert mehr Hilfe von EU
Die Ukraine forderte von der Europäischen Union mehr Druck auf Russland. Dazu zählte Außenminister Dmytro Kuleba auch sofortige Sanktionen. Man erwarte nicht nur politische Botschaften, sondern konkrete Maßnahmen. "Wir sind der Auffassung, dass es gute und legitime Gründe gibt, zumindest einige Sanktionen zu verhängen", sagte Kuleba. Damit könne demonstriert werden, dass die EU nicht nur über Sanktionen spreche, sondern auch handele.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte einmal mehr, dass Russland im Fall eines Angriffs auf die Ukraine "massive Konsequenzen" zu erwarten hat. Zum angedachten Sanktionspaket sagte sie am Sonntag in einem Interview der ARD-Sendung "Anne Will": "Die Finanzsanktionen bedeuten für den Kreml, dass wenn sie militärische Aggressionen gegen die Ukraine fahren, Russland im Prinzip abgeschnitten wird von den internationalen Finanzmärkten."
Die Wirtschaftssanktionen würden ihr zufolge "alle Güter betreffen, die Russland dringend braucht, um seine Wirtschaft zu modernisieren und zu diversifizieren, die aber von uns hergestellt werden, wo wir globale Dominanz haben und die Russland nicht ersetzen kann".
Angesichts des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine setzte der Lufthansa-Konzern am Montag seine Flüge in die ukrainischen Städte Kiew und Odessa aus. Die Maßnahme gilt nach Angaben einer Konzernsprecherin zunächst bis Ende des Monats. Die Stadt Lwiw (Lemberg) im Westen des Landes werde weiterhin angeflogen. Zur Lufthansa-Gruppe gehören auch die Fluggesellschaften Austrian Airlines, Swiss, Brussels Airlines sowie Eurowings. Am Wochenende hatte die Bundesregierung die Deutschen in der Ukraine zur Ausreise aufgerufen - ebenso wie zuvor einige westliche Länder.